Shakespeare ist nicht gleich Shakespeare

10.11.2011 - 08:50 Uhr
Rafe Spall als William Shakespeare in Anonymus
Columbia Pictures
Rafe Spall als William Shakespeare in Anonymus
21
2
Kein Autor wurde öfter verfilmt als Dramatiker William Shakespeare, dessen Legende nun in Anonymus infrage gestellt wird. Wir betrachten im Zuge dessen, welche Arten von Shakespeare-Verfilmungen es noch gibt.

Wer sich für Dramatik und Film interessiert, der kommt um William Shakespeare einfach nicht herum. Seine 38 Dramen gehören zu den am häufigsten verfilmten Werken der Weltliteratur. Über 420 visuelle Adaptionen gibt es im Filmbereich alleine. Gestern haben wir uns bereits mit den Shakespeare-Experten unter den Regisseuren beschäftigt, heute wollen wir einmal etwas Licht in das Dickicht der Verfilmungen des berühmten Autors aus Stratford-upon-Avon scheinen. Denn Shakespeare-Verfilmung ist nicht gleich Shakespeare-Verfilmung.

Klassischer Schakespeare Adaptionen
Die vielleicht altbewährteste Methode die Werke des Dramatikers für die Leinwand umzusetzen, ist eine tatsächliche 1-zu-1 Umsetzung. Diese Adaptionen kommen ohne große Abänderungen des Stoffes aus und behalten Dialoge und Setting bei. Was früher üblich war, ist heute eher selten geworden. Zuletzt kam The Tempest – Der Sturm von der Shakespeare-affinen Regisseurin Julie Taymor in die Kinos. Mit einem Staraufgebot, zu dem unter anderem Helen Mirren, Alfred Molina und Djimon Hounsou bestand, versuchte sie Shakespeare ganz traditionell, wenn auch optisch opulent, einem neuen Publikum näher zu bringen. Besonders bekannt für klassische Verfilmungen ist Laurence Olivier, der bei mehreren Stücken Regie führte und auch gerne selbst die Hauptrolle übernahm, wie beispielsweise in seiner gefeiertsten Inszinierung Heinrich V.. Auch Orson Welles verschrieb sich der klassischen Umsetzung, wie er mit Orson Welles’ Othello und Macbeth bewies. Michael Radford inszinierte einen sehr klassichen Der Kaufmann von Venedig und versucht sich 2012 mit King Lear erneut an Shakespeare.

Modern mit Originaldialogen
Sehr beliebt ist auch die Verwendung moderner Settings mit klassischen Shakespeare-Dialogen. Einer der bekanntesten Vertreter ist die 1996 entstandene Version von William Shakespeares Romeo + Julia durch Baz Luhrmann, der die Geschichte als Bandenkrieg in den USA darstellte. Die poppige Inszinierung und die Wahl von Jungdarstellern Claire Danes und Leonardo DiCaprio trugen zum Erfolg dieser Verfilmung bei und dazu, dass das Interesse an klassischen Texten wiedererweckt wurde. Vier Jahre später brachte Michael Almereyda einen Hamlet in Form von Ethan Hawke. Die BBC machte sich ebenfalls daran, den dänischen Prinzen in Hamlet mit David Tennant in Szene zu setzen. Das opulent-minimalistisches Setting erinnert dabei an ein Bühnenstück, was eine Interessante Mischung aus modernem und traditionellem Shakespeare gibt. Titus von Julie Taymor funktioniert ebenfalls auf dem Mischprinzip, wie auch Ralph Fiennes Regiedebüt Coriolanus, indem er gemeinsam mit Gerard Butler spielt.

Shakespearsche Ideen als Basis
Natürlich gibt es genug Adaptionen, die wir auf den ersten Moment vielleicht gar nicht als ein auf Shakespeare basierendes Werk erkennen. Manchmal müssen wir erst zweimal hinsehen, bevor uns die Zusammenhänge bewusst werden. Beispiele hierfür sind der auf Hamlet basierende Disneyfilm Der König der Löwen und der Science Fiction Steifen Alarm im Weltall, welcher die Grundzüge von Der Sturm trägt. Deutlicher erkennen wir die Inspirationsbasis in 10 Dinge, die ich an Dir hasse und O – Vertrauen, Verführung, Verrat, welches beide moderne, jugendliche Adaptionen mit Julia Stiles sind. Selbst die Kleinsten durften sich dieses Jahr erneut über eine eigene, wenn auch weit weniger bedrückende, Shakespeare-Adaption freuen. Gnomeo und Julia hieß das Stück, welches das berühmteste Liebespaar der Literatur in ein neues Gewand verpackte: computeranimierte Gartenzwerge zweier verfeindeter Garten-Clans. 1921 gab es eine Verfilmung mit Asta Nielsen in der Rolle des dänischen Prinzen Hamlet. Der Stummfilm hat einen relativ klassischen Aufbau, jedoch wurde die Hauptrolle so verändert, dass der Prinz eigentlich eine verkleidete Prinzessin ist, was zu einem völlig neuem Twist führt. Akira Kurosawa übertrug Macbeth 1957 in Das Schloss im Spinnwebwald ins historische Japan und schuf mit dem blutigen Drama einen besonderen cineastischen Leckerbissen. Scotland, PA. greift das Stück auf eine ganz andere Art auf: Der Film macht aus der tragischen Figur Macbeths einen Burgerbudenbesitzer in Pennsylvania, um 1970 herum, der von seiner ehrgeizigen Frau zum Erfolg gezwungen wird.

Das Leben des William Shakespeare
Nicht nur die Stücke, sondern auch das Leben William Shakespeares locken Filmemacher. Während seine Dramen eine klare Linie vorgeben, ist sein Leben eine große Unbekannte, die viel Raum für kreative Interpretationen lässt. Unter anderem Shakespeare in Love von John Madden greift den Autor als einen Charakter auf. In A Waste of Shame: The Mystery of Shakespeare and His Sonnets beschäftigt sich John McKay alleine mit dem Zeitraum, in dem Shakespeares berühmten Sonnette entstanden und versucht aufzuschlüsseln, wie es zu diesen Gedichten kam. Heute läuft Anonymus von Katastrophenfilmfreund Roland Emmerich an, der die wissenschaftlich äußerst umstrittene Theorie aufgreift, dass William Shakespeare keine eigenen Werke erschaffen hätte, sondern nur ein Scharlatan war.

Das Stück im Stück
Sehr beliebt ist auch die Aufführung von Shakespeare-Stücken als Subplot zur eigentlichen Handlung. Das können wir unter anderem in Der Club der toten Dichter, Rosenkranz und Güldenstern, der Teenie-Komödie Ran an die Braut oder der Dokumentation Al Pacino’s Looking for Richard sehen. Auch TV-Serien bedienen sich gerne dieser Idee, wie zum Beispiel Die Simpsons in der Episode Die Queen ist nicht erfreut!, in der Gaststar Ian McKellen von seiner Darstellung als MacBeth berichtet.

William Shakespeare und seine Werke fanden sich schon im Mittelpunkt der unterschiedlichsten Adaptionen wieder und auch ein Blick in die Zukunft verrät, dass dieser Trend nicht abbrechen wird. 2013 findet Hailee Steinfeld als und in Rosaline ihren Weg auf die Große Leinwand, ein Jahr zuvor als Romeos Julia in einer neuen Verfilmung von Carlo Carlei. Joss Whedon verfilmte heimlich Much Ado About Nothing und ein Haufen weiterer Projekte sind ebenfalls in Planung. Cineastische Shakespeare-Fans dürften weiterhin auf ihre Kosten kommen.

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare

Aktuelle News