Roland Emmerich & die besten Shakespeare-Kenner

09.11.2011 - 08:59 Uhr
Für manche Regisseure ist Shakespeare das Größte
Columbia Pictures
Für manche Regisseure ist Shakespeare das Größte
Roland Emmerich entzaubert in Anonymus einen Mann, dessen Stücke zu den bedeutendsten der kulturellen Weltgeschichte gehört. Welche Regisseure haben sich eigentlich so richtig mit Shakespeare und seinen Stücken beschäftigt?

An William Shakespeare orientiert sich im Grunde jeder Theater- oder Filmmensch, der ein effektives Drama entwickeln will. Seit neuestem auch Roland Emmerich. Wir haben uns einmal umgesehen, welche Regisseure eigentlich am fleißigsten ihre Hausaufgaben gemacht haben. Welche Filmemacher sind echte Shakespeare-Geeks? Hierbei meinen wir keine Eintagsfliegen-Exoten wie Baz Luhrmann oder John Madden, die intensive Ausflüge ins Universum des rätselhaften Dramatikers feierten, sondern wirkliche Fanboys, deren Karriere fest mit Shakespeare-Stücken verwoben ist.

Kenneth Branagh
Kenneth ist in unserer kleinen Liste der hartnäckigste Shakespeare-Fan. Henry V, Viel Lärm um nichts, Hamlet, Verlorene Liebesmüh’ und As You Like It – 5 Shakespeare-Filme hat der Thor -Regisseur bislang gedreht und somit ein gutes Drittel seiner Regie-Arbeitszeit dem Dramatiker aus Stratford gewidmet. Das beweist schon einmal fleißige Hingabe und außerdem kamen auch noch werkgetreue und doch zeitgemäße Versionen der klassischen Stücke heraus.

Gerade seine ersten drei Filme konnten Theater- und Filmfans überzeugen. Mit Verlorene Liebesmüh und As you Like it hat er sich ein wenig von seinem Stil entfernt und versuchte neue Formen. Das kam zu geteilten Meinungen. Z.B. ließ er As You Like It im Japan des späten 19. Jahrhunderts spielen. Ninjas und Shakespeare in einem gemeinsamen Film sind nicht jedermanns Sache.

Laurence Olivier
‘If it’s Shakespeare, it must be you who directs the film’. Das sagte William Wyler zum Schauspieler Laurence Olivier, als dieser ihn für seine erste Regie-Arbeit an Heinrich V. zu Hilfe holte. Olivier wollte die Regie schon an Wyler abtreten, weil er in ihm den fähigeren Regisseur sah. Aber Wyler wusste, dass Shakespeare genau das Gebiet des Laurence Olivier war und er den Film unbedingt machen musste.

Heinrich V. vom Regie-Debütanten Laurence Olivier wurde zur ersten wirklich erfolgreichen Shakespeare-Verfilmung, bekam massig Nominierungen und wurde mit einem Ehrenoscar gewürdigt. Emmerich zollt diesem ersten ganz großen Shakespeare-Film übrigens (gewollt oder ungewollt) ordentlich Tribut. Genau wie Anonymous startet Heinrich V. als Bühnenstück und driftet dann langsam in einen epischen Kinostil.

Mit Hamlet und Richard III. konnte Laurence Olvier seinen Erfolg als Shakespeare-Regisseur festigen und räumte zahlreiche Oscars ein. Das British Film Institute sieht in Laurence Olivier den Mann, der Shakespeare wirklich populär machte. Seine Filme erreichten mehr Publikum (allein 25-40 Mio. Amerikaner) als die Theaterstücke in den 358 Jahren vorher zusammen

Franco Zeffirelli
Franco Zeffirelli hat sich mit seiner Romeo und Julia -Verfilmung 1968 unsterblich gemacht. Er inszenierte zwei unbekannte, jugendliche Schauspieler, Leonard Whiting und Olivia Hussey, und schenkte dem Summer of Love zwei wirklich schöne Ikonen. Franco Zeffirelli sorgte am Set höchstpersönlich dafür, dass Olivia Hussey nicht zu viel Pasta aß, damit sie in den umstrittenen freizügigen Szenen auch wirklich bestechen konnte.

Eigentlich wollte Zeffirelli den jungen Paul McCartney für die Rolle des Romeos. Doch dann wäre der Film wohl einfach zu viel geworden. Die beiden unbekannten Gesichter waren genau das Richtige. Auch an dieser Stelle sei noch einmal an den Shakespeare-Filmförderer Laurence Olivier erinnert. Er sprach den namentlich nicht erwähnten Erzähler des Films, sowie andere ananonyme Charaktere und das alles unentgeltlich.

Es ist bezeichnend, dass Zeffirelli auch heute v.a. noch für seinen Romeo und Julia bekannt ist, obwohl er mit Der Widerspenstigen Zähmung und Hamlet zwei hochkarätig besetzte Shakespeare-Verfilmungen in die Kinos brachte. Doch weder Elizabeth Taylor und Richard Burton noch Mel Gibson und Glenn Close konnten so begeistern wie Romeo und Julia.

Orson Welles
Orson Welles nahm Shakespeare mit der Muttermilch auf. Der Citizen Kane -Regisseur hatte schon mit zwanzig Jahren das Theater revolutioniert. Seine legendäre Voodoo-Inszenierung von Macbeth ging in die Geschichte ein und er versuchte das mit einer Verfilmung des Stücks zu wiederholen. Mit dem löblichen Vorsatz aus B-Movie-Mitteln ein episches Meisterwerk zu kredenzen, machte er sich an eine Low-Budget Inszenierung.

Die Dialoge waren vorweg aufgenommen, sodass die Schauspieler nur mimen mussten. Den Stücktext hatte Welles radikal verändert und in einer Collage wieder zusammengesetzt. Kostüme und Set-Design waren hoch stilisiert. Wie in Citizen Kane nutze Welles lange Plansequenzen und kleine Linsen, um die ihm eigene dramatische Tiefenwirkung zu erzielen. Der Film wurde in Amerika und England zunächst als Shakespeare-Vergewaltigung ignoriert, doch in Europa hochgeschätzt, v.a. vom Avantgardist Jean Cocteau. Heute ist der Film auch von Muttersprachlern hoch geschätzt.

Mit Orson Welles’ Othello und Falstaff setzte das Wunderkind seinem geistigen Mentor Shakespeare dann noch zwei Denkmäler. Beide Filme kamen zunächst mittelmäßig an, doch besonders Fallstaff wurde von Orson Welles immer hochgeschätzt: ‘If I wanted to get into heaven on the basis of one movie, that’s the one I’d offer up.

Akira Kurosawa
Akira Kurosawa war nicht nur einer der bedeutendsten Filmemacher aller Zeiten, sondern auch einer der originellsten Shakespeare-Regisseure. Für europäische Filmfans ist es, ganz banal gesehen, einfach ein Genuss, die elizabethanisch-universellen Dramen im stabilen Gewand des feudalen Japans zu sehen. In Ran und Das Schloss im Spinnwebwald hat der japanische Großmeister die Stücke King Lear und Macbeth in fernöstlich cineastisches Gewand gehüllt.

Das Schloss im Spinnwebwald wurde schnell zu einer der meist gefeiertsten Shakespeare-Adaptionen. Auch wenn Ran nur zu Teilen auf King Lear basiert, so wird der Film doch gerade noch interessanter, weil er den shakespearschen Helden mit dem japanischen Mythos des Herrschers Mōri Motonari vermischt. Erst mitten in den Vorbereitungen zu Ran realisierte Kurosawa, dass der Film zu großen Teilen auf King Lear basiert. Bis zum Schluss konnte er den Zusammenhang von King Lear und Mōri Motonari nicht ganz erklären und so wird Ran zu einer der rätselhaftesten und persönlichsten Shakespeare-Verfilmungen.

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