Marvel ausgetrickst: Der Joker-Erfolg hebt DC auf eine ganz neue Ebene

27.10.2019 - 09:05 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
Joker und die Avengers
Warner Bros./Disney
Joker und die Avengers
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Für Warner Bros. ist Joker ein geglücktes Risiko. Der kontroverse Sensationserfolg führt das DC-Filmuniversum in eine ganz neue Richtung, die Marvel erzittern lassen könnte.

Wer hätte vor diesem Jahr gedacht, dass es ausgerechnet Hangover-Regisseur Todd Phillips gelingen würde, das DC-Filmuniversum von Warner Bros. in eine komplett neue Richtung zu führen? Mit Joker ist genau dieser Fall jetzt eingetroffen. Der von kontroversen Diskussionen begleitete Film knackte schon nach kurzer Zeit beachtliche Rekorde. Ein Ende dieser Erfolgssträhne ist aktuell nicht in Sicht.

Dabei ist Joker mit Joaquin Phoenix in der Hauptrolle nur die logische Konsequenz einer neuen Strategie, auf die bei DC in jüngerer Vergangenheit hingearbeitet wurde. Den langjährigen Marvel-Konkurrenten gilt es längst nicht mehr mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Stattdessen macht es sich DC jetzt in den Lücken bequem, die das MCU über rund 10 Jahre mittlerweile hinterlassen hat.

  • DC setzt auf künstlerische Handschriften und herausstechende Einzelfilme anstelle eines Cinematic Universe.
  • Joker ist ein Film, den sich Marvel mittlerweile nicht mehr leisten kann.
  • Die Zukunft von DC sieht momentan so vielversprechend aus wie nie.

Das chaotische DCEU weicht klaren Visionen

Als Außenstehender war es zuletzt kaum noch möglich, bei DC den Überblick zu behalten. Auf der einen Seite gab es das DC Extended Universe (DCEU). Als Avengers-Gegengewicht wurde es aus Einzelfilmen wie Man of Steel, Suicide Squad und Wonder Woman errichtet. Durch das künstlerische wie kommerzielle Fiasko Justice League stürzte das DCEU 2017 vorläufig jedoch krachend in sich zusammen.

Die Justice League im DCEU

Auf der anderen Seite erlebte Warner als Studio hinter dem DC-Filmuniversum zuletzt einen deutlichen Aufschwung. Die beiden Blockbuster Aquaman und Shazam! entwickelten sich an den Kinokassen zu Erfolgen und wurden von Kritikern und dem Publikum äußerst positiv aufgenommen. Mit einem Einspielergebnis von über 1 Milliarde US-Dollar  ist Aquaman außerdem der bis heute erfolgreichste DC-Film überhaupt.

Beide Filme stehen losgelöst von Cinematic Universe-Zwängen weitestgehend für sich, was der momentanen Strategie von DC entspricht. Im Gegensatz zu Marvel und dem MCU, das Kinofilme wie Episoden aus Serienstaffeln durch ständige Verbindungen und Überschneidungen miteinander verknüpft, schält sich DC mit markanten Visionen langsam aus dem Schatten des großen Konkurrenten heraus.

Trotz erfolgreicher DCEU-Filme wie Wonder Woman und Aquaman, an denen Warner mit angekündigten Fortsetzungen festhält, kreiert das Studio zurzeit eine Art neues DC-Universum. Dafür werden bisher verfolgte Handlungsstränge und vor allem etablierte Schauspieler wie Henry Cavill als Superman, Ben Affleck als Batman und Jared Leto als Joker kurzerhand über Bord geworfen.

Joker setzt neue Maßstäbe für die Zukunft von DC

Um den massiven und durchaus überraschenden Erfolg von Joker nachvollziehen zu können, eignet sich am besten ein Zitat von Regisseur Todd Phillips selbst, das dieser laut Cinema Blend  im Gespräch mit der New York Times äußerte:

[...] Du kannst Marvel nicht schlagen - es ist ein gigantisches Ungetüm. Lasst uns etwas machen, das sie nicht können. [...]
Joaquin Phoenix als Joker

Anstatt dem MCU weiterhin nachzueifern, erkannte Phillips die passende Nische, die Disney mit seinem Marvel-Studio längst nicht mehr bedienen kann. Im Vergleich zum familienfreundlichen Ansatz des Mäusekonzerns, der seine Filme wie Puzzleteile eines großen Ganzen lange im Voraus mit gigantischen Budgets plant, wirkt Joker daher umso mehr wie ein radikaler Gegenentwurf.

Ein nur rund 55 Millionen Dollar teurer Film mit einem R-Rating wäre von Marvel heute nicht mehr denkbar und widerspricht sämtlichen Grundsätzen des Multimilliarden-Unternehmens. Eine vulgäre, gewalttätige Figur wie Deadpool aus den Marvel-Comics wurde beispielsweise direkt außerhalb des MCU zu 20th Century Fox ausgelagert.

Im Vorfeld war der geplante Joker-Film aber selbst für Warner Bros. ein großes Wagnis. Während Todd Phillips rund ein Jahr Überzeugungsarbeit leisten musste, damit das Studio dem geplanten Projekt grünes Licht erteilte, hat sich Warner Bros. das Budget für Joker mit den beiden Studios Bron Studios und Village Roadshow  geteilt. Der Gewinn des Films wird somit auch zwischen allen drei Studios aufgeteilt.

Joaquin Phoenix als Joker

Am Ende ist das Risiko für Warner jedoch voll aufgegangen. Das Marketing des Films, das von Anfang an eine realistische, geerdete Charakterstudie ohne großes Comic-Spektakel versprach, erhielt durch die zahlreichen kontroversen Reaktionen und Kritiken nochmal einen ungeahnten Schub.

Schließlich verbreitete sich der Hype um Joker, der bis heute über 700 Millionen Dollar  nach wenigen Wochen einspielen konnte, rasend schnell. Plötzlich ist der DC-Film der Beweis dafür, dass es einem polarisierenden, düsteren Film selbst im MCU-Zeitalter noch gelingen kann, ein Millionenpublikum durch das Aufwerfen gesellschaftlich aktuell relevanter Themen und den Fokus auf menschlich aufrüttelnde Schicksale für sich zu gewinnen.

Die Zukunft von DC bleibt nach Joker weiterhin aufregend

Ein Blick auf die zukünftig geplanten DC-Veröffentlichungen zeigt, dass sich der risikofreudige Ansatz von Joker weiterhin durch die Strategie von Warner Bros. ziehen wird. Neben den Sequels Wonder Woman 1984 und Aquaman 2 setzt das Studio vor allem auf Filmprojekte von eigenwilligen Regie-Namen, die ihre persönlichen Handschriften in individuelle Projekte mit Comic-Wurzeln einbringen dürfen.

Aus der größtenteils unbeliebten Suicide Squad-Verfilmung von David Ayer springt Margot Robbie als Harley Quinn direkt in ihren eigenen Spin-off-Film Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn, wo sie ein ganzes Team an Antiheldinnen und Schurkinnen als Unterstützung bekommt. Inszeniert wurde der Film von der noch recht unbekannten Regisseurin Cathy Yan, die bisher lediglich mit der skurrilen Indie-Produktion Dead Pigs Aufmerksamkeit erregte.

Margot Robbie als Harley Quinn in Birds of Prey

Genauso aufregend klingt auch The Batman von Matt Reeves, der den Dunklen Ritter mit Robert Pattinson in der Hauptrolle einer jüngeren Neuinterpretation unterzieht. Für den DC-Film will der Cloverfield- und Planet der Affen-Regisseur eine ganz eigene Geschichte fernab von Comic-Vorlagen als düsteren Detektiv-Noir erzählen. Ein Ansatz, den auch Todd Phillips für seinen Joker verfolgte.

Eine überdeutliche Parallele zu Marvel wird DC aber auch in Zukunft nicht los. Das kommende Reboot/Sequel/Fragezeichen-Projekt The Suicide Squad wird von Guardians of the Galaxy-Regisseur James Gunn inszeniert. Warner Bros. verpflichtete Gunn, nachdem dieser von Disney von seinem Regieposten für Guardians of the Galaxy 3 gefeuert wurde.

Mittlerweile wurde Gunn wieder als MCU-Regisseur von Disney zurückgeholt, nachdem heftige Proteste gegen den Rauswurf des Regisseurs aufkamen. Besser aufgehoben ist der Filmemacher, der seine Karriere mit anstößigen Troma-B-Movies wie Tromeo & Julia begann, aber ohnehin bei der momentan ungemein aufregenden Zukunft von DC.

Wie steht ihr zur Zukunft von DC? Auf welche kommenden Projekte freut ihr euch?

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