Endlich echte Konkurrenz für Marvel: Das neue DC ist so stark wie nie

16.02.2019 - 08:50 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Harley QuinnWarner Bros.
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Das Filmgestrüpp von DC wirkt immer noch chaotisch. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Bei Warner und DC wächst gerade eine klare Gegenbewegung zum Marvel-Ansatz heran.

Es gab einen gruseligen Moment im vorletzten Jahr, da hatte ich wirklich Angst. Die Welt wankte, alles drehte sich. Plötzlich schienen zwei verschiedene DCEUs zu existieren. Oder ein DCEU, dem zwei Köpfe gewachsen waren, die sich, wie bei einer Hydra, unabhängig voneinander bewegten, aber trotzdem irgendwie zusammengehörten. Wie ein herrenloser, zu stark aufgedrehter Gartenschlauch schwangen diese DC-Köpfe durch die Luft, und keiner von beiden wusste so recht, wie ihm geschah.

  • DC trennte sich in den letzten 18 Monaten von vielen lange gehandelten Filmen
  • Im selben Zeitraum baute sich DC ein neues Erfolgskonzept auf
  • DC löste sich zudem vom Vergleich mit dem MCU
  • Die neuen Säulen Joker, Harley Quinn, Wonder Woman und Aquaman können nun befreit wachsen

Wie kann es sein, dass ein und dasselbe Studio zwei Joker-Filme plant, fragte ich mich?Einen mit Jared Leto und einen mit Joaquin Phoenix. Das ist doch verrückt. Welches profitorientierte Unternehmen würde so etwas Dummes tun? Es half auch nicht, dass einer der beiden Joker-Filme noch immer wie ein aufwändig aufgezogener Streich wirkt.

DCs Joker-Filme verbogen die Superhelden-Realität

Immerhin spielt darin Joaquin Phoenix die Titelrolle, der mal, nur für einen Film (die Mockumentary I'm Still Here) der Filmbranche sein Karriere-Ende vorgaukelte. Vielleicht ist der Joaquin Phoenix-Joker am Ende sogar eine Doku über den Dreh eines Joker-Films, der nie gedreht werden sollte und nur dafür da war, arme Filmnerds zu verwirren. Im dem DC des Jahres 2017, das große Unfälle und fantastische, eigenwillige Blockbuster hervorbrachte, erschien das wie eine plausible Möglichkeit.

Jared Letos Joker

Heute ist einigermaßen klar: Alles ist ganz anders. DC wollte nie zwei Joker-Filme drehen. Filmstudios denken durchaus logisch, aber sie erzählen der Öffentlichkeit eben nicht alles, was hinter den Kulissen so vor sich geht, vor allem, wenn es das Publikum verunsichern könnte.

Nun, da der Nebel sich lichtet, fügen sich die wahnwitzigen Ereignisse der letzten Monate zusammen zu einer im Verborgenen vollzogenen Verwandlung von DC.

Eine (kurze) Chronik der seltsamsten DC-Ereignisse der letzten 18 Monate

Phase 1: Das pure DC-Chaos nach dem Erfolg von Wonder Woman

Phase 2: Die Umorientierung nach dem Misserfolg von Justice League

Phase 3: Der endgültige Neustart nach dem Erfolg von Aquaman

Warner entgiftet sein DC - und lässt die Fans im Unklaren

Aufeinandergestapelt erzählen diese versiegenden Lebenszeichen eine Geschichte der Entschlackung: DC trennte sich nach und nach von Projekten und Persönlichkeiten der alten, verbrannten Ära. Und holte gleichzeitig und genauso langsam neue, frische Leute dazu. Zu uns drangen diese Pläne als dünne Ahnungen durch, Gerüchte eben. Das führte zu wilden Spekulationen. In den stürmischsten Zeiten des DCEU wurden mehr als doppelt so viele DC-Filme gehandelt (15) als in dem Universum überhaupt existierten (6).

Harley Quinn

DC hat sich vor den Fans verborgen neu aufgestellt. Das verwirrende Gemurmel um den Leto-Joker ist darin ein eigener Film - nur eben wie von David Lynch inszeniert. Der Suicid Squad-Joker Jared Leto hat womöglich schon seit Jahren kein DC-Büro mehr von innen gesehen oder mit einem DC-Mitarbeiter gesprochen. Sein Joker-Film ist eine Legende.

Wie lange Warner weiß, dass der Leto-Joker nie gedreht wird, ist unklar. Aber schon als Ende 2017 eine Liste neuer DC-Projekte auftauchte, fehlte von den angekündigten Joker-Filmen mit Leto jede Spur.

DC trennt sich von Altlasten, um besser zu werden

Einen Bericht von Forbes  goss der Filmblog Slash Film  diese Woche in die wunderschöne und irgendwie reinigende Überschrift:

Fast jedes DC-Film-Gerücht, das wir zuletzt gehört haben, ist falsch.

So ganz stimmt das natürlich nicht. Nur ein großer Teil der DC-Gerüchte, die wirklich vagen, sind heiße Luft. Der Bericht von Forbes trennt die zwei DC-Welten auf, die in den letzten Monaten entstanden sind. Das alte und das neue DC. Zur Unterscheidung vielleicht nochmal: Das alte DC wird verkörpert von Jared Leto, Ben Affleck und Henry Cavill, die allesamt mit ziemlicher Sicherheit nie wieder in einem DC-Film mitspielen werden. Dieser DC-Kopf wurde abgeschlagen.

Der andere darf weiterleben. Im neuen DC wohnen Harley Quinn, Wonder Woman und der Joa-Joker - es ist eine neue Generation, die aus beliebten Figuren der frühen DC-Ära besteht sowie einigen neuen Persönlichkeiten, die DC einen frischen künstlerischen Atem verleihen sollen.

Das DCEU ist bereit zum Angriff auf das MCU - Aber warum erst jetzt?

Mit dem Phoenix-Joker entstieg das DC seiner Asche. Der Phoenix-Joker und der Birds of Prey-Film haben alles, was das neue DCEU ausmacht: Eigenwillige Regisseure, starke Hauptdarsteller, sie sind verwurzelt im Genre-Kino. DC legt viel Wert darauf, die Eigenständigkeit der einzelnen Film hervorzuheben. Und, sorry, bei der Vorstellung eines Birds of Prey-Films mit Spring Breakers-Geist könnte ich heulen vor Glück.

Wonder Woman

Schon die ja durchaus erfolgreichen DC-Filme der letzten Jahre waren Regisseur-Filme mit klaren Kanten. Dieses Merkmal erhebt DC nun zur DC-Identität. Teil dieser ist auch die trotzige Überzeugung, nicht wie das MCU sein zu müssen. Gerade die Abgrenzung von Marvel prägt die neue DC-Rhetorik. Warner-Boss Toby Emmerich bekannte zuletzt, dass das MCU kein Vorbild (mehr) ist:

  • "Wir spielen nach dem DC-Spielbuch, das sich sehr von dem Marvel-Spielbuch unterscheidet."
  • "Jeder Film ist eine eigene Gleichung und eine eigene kreative Einheit. Wenn ihr etwas über uns sagen müsstet, dann, dass es bei uns immer um die Regisseure geht."

Als das DCEU, das nie offiziell so hieß, 2013 mit Man of Steel gegründet wurde, war wohl niemandem bei DC so richtig klar, welche selbstauferlegten Zwänge nötig sind, um etwas so Großes und gleichzeitig Simples wie das MCU über Jahre hinweg aufzubauen.

DC war nie zu dem Aufwand in der Lage und auch nie bereit, die Ästhetik seiner einzelnen Filme einer verbindlichen Linie unterzuordnen. Das erfordert harte Disziplin, Geduld und Hingabe für das große Ganze. DC aber konnte seine Regisseure nie zähmen. Zack Snyder bleibt Zack Snyder mit seinem eigenen, wilden, unverkennbaren und gleichzeitig unverlässlichen und deshalb auch unkalkulierbaren Stil, der dem MCU-Boss Kevin Feige die Haare zu Berge stehen lassen würde.

Bloß kein zweites Justice League: DC macht keine halben Sachen mehr

Wo das MCU vollständige Hingabe an "das Universum" verlangte, ließ DC Kompromisse zu. Und zerbrach daran. Wer einen MCU-Konkurrenten aufbauen will, darf keine halben Sachen machen. Die auf halbem Weg korrigierten, die umerzogenen Filme Suicide Squad und Justice League sind zwei der scheußlichsten der letzten 10 Jahre, mit denen am Ende niemand zufrieden war, DC selber nicht, die Regisseure nicht und nur wenige Fans.

DC verriet seine Seele, zu der es heute endlich steht. Ungefragte Ratschläge vom MCU braucht DC jetzt nicht mehr. Das DC wird Chaos weiterhin zulassen, weil Kunst, auch Blockbuster-Kunst, Chaos bedeutet. Und das macht DC so stark wie nie zuvor.

Was haltet ihr von dem neuen DC?

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