Vor der Kamera reicht nicht - Regieschauspieler

24.02.2011 - 08:50 Uhr
Philip Seymour Hoffmann in seinem Regiedebüt Jack in Love
Alamode Filmverleih
Philip Seymour Hoffmann in seinem Regiedebüt Jack in Love
Sie begannen ihre Karriere meist vor der Kamera, doch das reichte ihnen nicht. Vielen Schauspielern war ihr darstellendes Spiel nicht genug, und somit machten sie sich auf, mit der gesammelten Erfahrung Filme zu inszenieren.

Das Filmgeschäft kennt keine für immer festgelegten Berufsbereiche für seine Schützlinge. Mit den richtigen Mitteln und Kontakten ist vieles möglich. So verwundert es auch nicht, dass viele erfolgreiche Schauspieler bald mehr wollten, als lediglich vor der Kamera eine Rolle zu spielen – und das ist auch gut so. Im umgekehrten Fall lockte auch den einen oder anderen Regisseur der warme Kameralichtschein, so auch Philip Seymour Hoffman. Jack in Love, das Regiedebüt Oscar-Preisträgers startet heute in deutschen Kinos. Wir beleuchten diese Spezies unter den Filmemachern.

Vom Starschauspieler zum Starregisseur
Das Schauspieler am Set weitaus mehr lernen als nur Grimassen-Schneiden vor einer Kamera, zeigen uns diejenigen unter ihnen, die als kreative Leiter eines Films eine glanzvolle zweite berufliche Laufbahn starteten. Als Schauspieler begonnen, wusste Clint Eastwood schon früh, dass noch weitaus mehr in ihm steckt. Schon 1971 gab er sein Regiedebüt mit Sadistico – Wunschkonzert für einen Toten. Erst 1988 inszenierte er mit Bird den ersten Film, für den er selbst nicht vor der Kamera stand. Der Rest ist bekannt: Zwei Oscar kann Clint Eastwood sein Eigen nennen. Regie führte er auch bei einem Film mit Kevin Costner. Der wiederum gewann mit seinem Regiedebüt Der mit dem Wolf tanzt direkt einen Goldjungen. Danach folgten nur noch drei Produktionen als Regisseur. Ähnlich verhält es sich mit Mel Gibson und seiner Affinität zur Selbstbestimmung der Inszenierung. Für sein Abenteuerepos Braveheart gewann er ebenfalls den Regie-Oscar. Vor allem mit Die Passion Christi, aber auch mit Apocalypto sorgte der Allrounder für Kontroversen. Seitdem ist der Australier leider eher nur noch privat in die Schlagzeilen geraten.

Auch Robert Redford bewies Regietalent. 1980 schnappte er David Lynch und seinem Film Der Elefantenmensch den Oscar für den Besten Film und die Beste Regie mit Eine ganz normale Familie weg. Es folgten bisher sieben Filme, bei denen er den Ton angab. Kenneth Branagh gehört zu den größten Filmallroundern aus Großbritannien. Bekannt vor allem durch seine Shakespeare-Verfilmungen, war er auch in Harry Potter und die Kammer des Schreckens und einer beachtlichen Anzahl weiterer Filme zu sehen. Eine Oscar-Nominierung als bester Regisseur und bester Schauspieler für Henry V zeugt von seinen Qualitäten in beiden Metiers.

Kurzausflug
Ebenfalls die Fühler ausgestreckt, sich bisher allerdings nicht dauerhafter im Regiestuhl niedergelassen, hat sich unter anderem Tom Hanks. Nachdem er 1993 und 1994 zwei Jahre hintereinander von der Academy zum Besten Hauptdarsteller gekürt wurde, versuchte er sich 1996 mit That Thing You Do! am Inszenieren. Scheinbar fand er darin keine zweite Berufung, es blieb seine einzige Regiearbeit. Filmlegende Robert De Niro versuchte sich auch lediglich zwei Mal als Regisseur, vor allem mit In den Straßen der Bronx bewies er, dass er das Zeug dafür hat. Frauenschwarm George Clooney hat sich mit Geständnisse – Confessions of a Dangerous Mind, Good Night, and Good Luck und Ein verlockendes Spiel als Macher hinter den Kulissen etabliert, blieb allerdings danach beim Schauspiel.

Frauen an die Macht!
Leider gibt es auffällig wenige weibliche Regisseure in der Filmwelt, demnach ist auch die Anzahl der Schauspiel-Regisseurinnen sehr überschaubar. Seitdem sie einen kleinen Auftritt in den Klassikern Der Pate und der Der Pate 2 ihres Vaters Francis Ford Coppola bekam, war Sofia Coppola in einigen Filmen zu sehen. Erst 1999 gab sie mit The Virgin Suicides – Verlorene Jugend ihr Regiedebüt. Zum Glück tat sie es. Dank Lost in Translation, Marie Antoinette und Somewhere gehört sie zu den größten weiblichen Regisseurinnen der Gegenwart. Ins Regie-Metier wagte sich auch Jodie Foster. Schon 1984 inszenierte sie eine Folge der Horror-Serie Geschichten aus der Gruft. Später schuf sie Das Wunderkind Tate und Familienfest und andere Schwierigkeiten. Angelina Jolie dreht mit vielen Stolpersteinen ihren ersten eigenen Spielfilm in Bosnien. Drew Barrymore kommt im Mai mit ihrem Regiedebüt Roller Girl – Manchmal ist die schiefe Bahn der richtige Weg ins Kino.

Deutschlands Allrounder
Die größten deutschen Vertreter dieser Gattung sind definitiv Til Schweiger und Michael Herbig. In der durchgeknallten Komödie Traumschiff Surprise – Periode 1 arbeiteten beide zusammen. Nachdem Til Schweiger als Schauspieler durchstartete, leckte er mit seinem Regiedebüt Der Eisbär scheinbar eine Menge Blut. Gegenwärtig ist er der erfolgreichste deutsche Filmemacher. Seine Werke Keinohrhasen und Zweiohrküken gehören zusammen mit dem kürzlich erschienenen Kokowääh zu den erfolgreichsten deutschen Kinofilmen überhaupt. Dennoch ist sein Talent sehr umstritten.

Bully alias Michael Herbig brachte 2001 mit der Der Schuh des Manitu einen absoluten Megaerfolg zustande. Erfolgreicher war nur Otto Waalkes! Ja, richtig gehört. Otto – Der Film wurde mit insgesamt 14,5 Mio deutschen Zuschauern (in der BRD und DDR) bis heute nicht übertroffen. An den darauf folgenden drei Filmen bis 1992 über seine Kunstfigur war der ostfriesische Komiker Otto Waalkes jeweils als Co-Regisseur mit tätig.

Der Regiestuhl war nicht genug
Weniger populär ist der Berufswechsel auf Seite der gelernten Regisseure, doch auch hier gibt es Ausnahmen. Natürlich darf Quentin Tarantino nicht vergessen werden. Seine schauspielerisch grottigen, doch kultigen, kleinen Nebenrollen waren einst sein Markenzeichen. Während der Filmfreak sich in Reservoir Dogs, Pulp Fiction und From Dusk Till Dawn noch selbst inszenierte, erkannte er sein mangelndes Schauspieltalent wohl irgendwann und blieb hinter der Kamera. Weitaus weniger bekannt sind die kleinen Auftritte von Regie-Paradiesvogel David Lynch. Unter anderem trat er in seinen eigenen Filmen Dune – Der Wüstenplanet und Twin Peaks auf.

An welche Filmemacher, die sowohl vor der Kamera als auch im Regiestuhl Platz nahmen, könnt ihr euch sonst noch erinnern?

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