Benedict Cumberbatch eröffnet London Film Festival

06.10.2014 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
The Imitation Game
Square One Entertainment
The Imitation Game
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Hello Guv'nor. Zwölf Tage lang werden diesen Oktober wieder bewegte Bilder auf eine Leinwand in London projiziert. Der Anlass ist das fantastische BFI London Film Festival. Mit dabei sind Benedict Cumberbatch, Brad Pitt, Mike Leigh und Jean-Luc Godard im IMAX-Format.

Wer sich das Programm des Londoner Filmfestivals anschaut, kann durchaus den Überblick verlieren. Sage und schreibe 248 Spielfilme und unzählige Kurzfilme aus aller Welt werden während 12 Tagen über die Leinwände der britischen Hauptstadt flackern. 17 Kinos werden für dieses Großereignis übernommen. Glamour kommt in London nicht zu kurz, denn jeden Abend stolzieren Dutzende von Weltstars in hohen Schuhen und/oder schicken Anzügen in einem unaufhörlichen Blitzlichtgewitter über die verschiedenen roten Teppiche am zentralen Leicester Square. 

Das Programm des LFF ist in der Regel ein Best-of der großen Festivals und bietet einige der besten Filme aus Berlin, Cannes, Toronto und Venedig (auch wenn Ornithologen durch die Abwesenheit von Birdman oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit und A Pigeon Sat on a Branch Reflecting on Existence enttäuscht wurden). Die Filme sind grob nach Genre in verschiedene Kategorien eingeteilt (Love, Debate, Dare, Laugh, Thrill, Cult, Jorney, Sonic, Family, Experimenta, Treasures) oder treten in einem der drei separaten Wettbewerbe an (offizieller Wettbewerb, bester Erstlingsfilm und bester Dokumentarfilm). Nachdem ich letztes Jahr einige meiner Lieblingsfilme der jüngsten Vergangenheit hier entdeckte (Inside Llewyn DavisUnder the SkinWhy Don't You Play in Hell?12 Years a Slave), ist meine Vorfreude auf die diesjährige Edition kaum zu bremsen.

Zweiter Welkrieg ersetzt Tom Hanks

Letztes Jahr wurde das Festival von Tom Hanks umrahmt; der Schauspieler war sowohl im Eröffnungs- wie im Abschlussfilm zu sehen (Captain Phillips und Saving Mr. Banks). Auch dieses Jahr gibt es eine Verbindung zwischen den beiden Premieren: die zwei Filme beschäftigen sich mit dem Zweiten Weltkrieg. Die Nazis können sich also auf einiges gefasst machen. Los geht's am 8. Oktober 2014 mit Benedict Cumberbatch und Keira Knightley im vielversprechenden The Imitation Game. Der Film des norwegischen Regisseurs Morten Tyldum feierte vor kurzem in Toronto Premiere und wird bereits als Oscarkandidat gehandelt (wir berichteten ). Hoffentlich gelingt es dem Drama über den genialen Mathematiker Alan Turing, der im Krieg den Enigma-Code der Nazis knackte, sich aus der Masse an Biopics hervorzuheben. 

Deutlich kriegerischer (und amerikanischer) geht es zum Abschluss des Festivals zu. Brad Pitt und Regisseur David Ayer werden ihren Kriegsfilm Fury (oder für Freunde von unsäglichen, deutschen Titeln: Herz aus Stahl) nach London bringen. Hier verschlägt es Pitt und seine vierköpfige Panzer-Crew (Logan LermanMichael PeñaJon Bernthal und die ehemalige Berühmtheit Shia LaBeouf) jenseits der feindlichen Linien auf eine brandgefährliche Mission. Ob es sich um patriotische Kriegsverherrlichung oder um eine intelligente Aufbereitung des Konflikts handelt, wird sich am letzten Tag der Festlichkeiten herausstellen. 

Filme, Filme, Filme und ein deutscher Favorit

Zwischen den Zeremonien gibt es dann die restlichen Filme zu sehen, bei denen es vor Highlights nur so wimmelt. Eine Zusammenfassung des gigantischen Programms ist unmöglich, doch einige Filme stechen heraus. Unter den Filmen, die ich ich bereits gesehen habe (ungefähr 20 Stück), sind zwei besondere Juwelen dabei. Der großartige Mike Leigh stellt sein pittoreskes Werk Mr. Turner - Meister des Lichts in seiner Heimat vor und Winterschlaf, der Gewinner der Palme d'Or in Cannes, wird ebenfalls vorgestellt. Das dreistündige Epos über die Sinnlosigkeit der menschlichen Kommunikation des Türken Nuri Bilge Ceylan besticht durch messerscharfe Dialoge und fantastische Schauspieler. Adieu au langage war nicht mein Fall, doch eine IMAX-Vorführung von Godards ambitioniertem 3D-Projekt dürfte Fans des französischen Filmemachers durchaus begeistern. Auch das dreistündige Epos Hard to Be a God aus Russland wird die Meinungen teilen, doch die kompromisslose Hingabe des Regisseurs für die Darstellung von abscheulicher Dekadenz lässt mich nicht los.

Auf einen Film, den ihr in Deutschland vielleicht bereits gesehen habt, freue ich mich ganz besonders, nachdem ich aus der moviepilot-Redaktion mehrere enthusiastische Empfehlungen erhielt. Nachdem Phoenix aus unerklärlichen Gründen von Cannes und Venedig abgelehnt wurde, läuft er jetzt in London im Wettbewerb und gilt als einer der Favoriten. Ich bin gespannt, ob es dem Film von Christian Petzold (lest unsere faszinierendes Interview  mit dem Regisseur) gelingt, die Nachfolge von Vorjahressieger Ida anzutreten. Aus deutscher Sicht sind außerdem StereoThe Cut von Fatih Akin und ein Tribut an den kürzlich verstorbenen Filmemacher und Petzold-Kollaborateur Harun Farocki (wir berichteten ) zu sehen. Ulrich Seidl verschlägt es unter die Häuser der Österreicher in seiner neuen Dokumentation Im Keller

Abseits des deutschsprachigen Kinos bietet das Festival etwas für jeden Geschmack. Von Oscarkandidaten (FoxcatcherWhiplashDer große Trip - Wild) über experimentelles Kino bis zu einem spektakulären Konzertfilm von Björk. Als Animationsfan ist meine Vorfreude auf Song of the Sea von den Machern von Das Geheimnis von Kells sehr stark (die Tatsache, dass eine Produktionsfirma aus meinem Heimatland Luxemburg beteiligt ist, macht mich besonders neugierig). 

Ansonsten werde ich einfach versuchen, mir möglichst viele facettenreiche Filme anzusehen. Für die Vertreter der Presse und der Filmindustrie wird tagsüber ein ganzes Kino im Stadtzentrum reserviert und so stellt sich mehrmals täglich nach einem überteuerten Sandwich und einem energiespendenden Tee die Frage: "Welchen Film soll ich mir jetzt ansehen?" Da ich an akuter Filmsucht leide, kann ich mir kaum ein schöneres/schwierigeres Dilemma vorstellen. Hoffentlich werde ich London mit einer Fülle an Filmtipps verlassen.

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