Nachdem mein 1. Buddy-Month im Januar 2022 sehr zufriedenstellend verlaufen ist (leider ging mir der dazu gehörige Buddy kurze Zeit später verloren), konnte ich erfreulicherweise einen weiteren Kollegen für diese schöne Aktion gewinnen: YGDRASOUL und ich schickten uns gegenseitig 30 Filme, sahen sie an und werden in den folgenden 30 Tagen täglich einen Kommentar dazu posten.
Zusammen gefunden hatten wir über die großartige Milieustudie Serbis (2008) von Brillante Mendoza.
Ich kann erneut nur sagen, dass sich die Aktion für mich gelohnt hat! Selten kommt man in die Verlegenheit so viele gute Film hintereinander zu sehen! Auch wenn ich nicht alle supertoll fand, so waren sie auf jeden Fall alle aus unterschiedlichen Gründen sehenswert. Ein paar davon hatte ich schon länger auf meiner Watchlist, die meisten kannte ich aber nicht.
Bei meiner Auswahl für YGDRASOUL habe ich mich an seinen Reaktionen auf einige Empfehlungen orientiert. Da er nicht viele Filme bewertet hat, konnte ich nur von dem ausgehen, was ich in den letzten Monaten über ihn erfahren habe. Er ist sehr neugierig und interessiert an kleinen fremdländischen Produktionen und hat ein großes Herz für Authentizität und Lokalkolorit. Außerdem scheinen wir einen ziemlich ähnlichen Blick für die Ästhetik gewisser Bilder zu haben. O Beautiful Night hat ihn ähnlich begeistert wie mich. Leider mag er keine UT lesen und ist immer auf der Suche nach der Synchro - die es aber bei vielen Filmen nicht gibt. So haben wir beide bei den jeweils getauschten Filmen oft nach einer anderen Version gesucht, er nach der Deutschen und ich nach der OV ?...
Schon aufgrund des großartigen Bilder war ich davon überzeugt, dass ihm die folgenden Werke gefallen würden (von einem weiß ich inzwischen bereits, dass der gar nicht gut bei ihm ankam):
Uzak - Weit (2002) aus der Türkei: Was macht man mit einem lästigen Hausgast?
Chungking Express (1994) aus Hong Kong: Zwei Liebesgeschichten, deren Gemeinsamkeit ein Imbissstand ist.
Ewige Jugend (2015) aus Italien: Ein humorvoller Blick auf das Altwerden.
Mittwoch 04:45* (2015) aus Griechenland: Neo Noir Thriller, der an einem Tag bzw. in einer Nacht spielt.
Weil er Schnee im Film so liebt wie ich, habe ich ihm folgende Werke eingepackt:
The Great White Silence (1922): Eine meditative Begleitung von Scotts Expedition zum Südpol! Die ersten Filmaufnahmen von dort.
Taro und Jiro in der Antarktis (1983): Verfilmung des Schicksals einiger Schlittenhunde, die von ihren japanischen Besitzern in einer Forschungsstation in der Antarktis zurück gelassen worden waren.
Durch die Heimat des Eises und der Stürme (1990): Reinhold Messner und Arved Fuchs durchquerten 1989 die Antarktis. Eine unvorstellbare Leistung! Irre Bilder und eigentlich kaum zu glauben, dass die beiden das überlebt haben.
Antarctic Mission: Islands at the Edge, Antarctic Mission: The Great Ocean of Ice, Antarctic Mission: A Window on a Changing Climate (2007): Eine wissenschaftliche Reise auf einem Segelboot durch die Antarktis mit den schönsten Naturbildern ever!
In der Kategorie eindringliche Sozialstudien darf natürlich Der Tod des Herrn Lazarescu* (2006) nicht fehlen. Erzählt wird die Geschichte eines älteren Mannes in prekären Verhältnissen, der ärztliche Hilfe benötigt.
Dazu passt Systemsprenger (2019) mit der großartigen Helena Zengel als verhaltensauffälligem Kind, mit dem keiner fertig wird. Ein Film der berührt - wenn man sich drauf einlässt.
Ich hätte noch viele andere Werke im Angebot gehabt, habe mich dann aber für den indischen Salaam Bombay (1989) entschieden, weil dieser ein sehr schönes Lokalkolorit von Mumbai und eine Milieustudie aus dem Rot-Licht-Bezirk bietet.
Am meisten freut mich, dass ich YGDRASOUL für das philippinische Kino interessieren konnte und so habe ich ihm eine kleine Auswahl recht unterschiedlicher von mir am besten bewerteten Werke beigefügt:
Lola (2009): Drama von Brillante Mendoza: Eine Omi kümmert sich um die Bestattung ihres ermordeten Enkels und setzt sich mit der Familie des Täters auseinander.
The Woman in the Septic Tank (2011): Witzige Film-im-Film-Komödie, eine Parodie auf das Genre des Armuts-Pornos und der tränenreichen Filipino-Mainstream-Dramen.
Turumba (1981): Frühwerk eines der wenigen auch in Europa bekannteren Indie-Regisseurs Kidlat Tahimik, der auch schon bei einem Werk von Werner Herzog mitgewirkt hat.
Kinatay (2009): Thriller von Brillante Mendoza: Ein Anfänger bei der Polizei gerät in eine problematische Situation und lernt, was Polizist sein auf den Philippinen bedeutet.
Bamboo dogs (2018): Assoziation zu Kinatay vom Guerilla-Regisseur Khavn.
Einen ersten Schritt auf den afrikanischen Kontinent stellen die Fundraising-Low-Budget-Produktion The Burial Of Kojo (2018) und dazu passend die Doku Welcome to Sodom* (2018) aus Ghana dar.
Auch wenn es sich bei God Loves the Fighter (2013), eine der wenigen (Low-Budget-) Produktionen aus Trinidad & Tobago nicht gerade um ein Meisterwerk handelt, so haben mir Bilder und Atmosphäre diese recht rohen Films doch gut gefallen.
Drei auf MP viel zu unbekannte argentinische Filme habe ich ihm beigefügt, die alle auf ihre Weise besonders sind:
Rantes - Der Mann, der nach Süden schaut (1987): Das Original zu K-Pax - Alles ist möglich.
Die Reise (1992): Surrealer Roadtrip von Süd-Argentinien nach Paraiso, Bolivien.
Die Liebhaberin* (2017): Der bessere Parasite (2019).
Was mir an den drei Werken gefällt ist, dass mit relativ einfachen Mitteln ungewöhnliche Geschichten unterhaltsam erzählt werden.
Einige meiner Lieblingsdokus habe ich eingepackt:
Land des Honigs (2019): Eine treffende Allegorie auf die Ausbreitung der Menschheit auf unserem Planeten;
Wim Wenders Das Salz der Erde (2014): Geschichte des großartigen Künstlers Juliano Ribeiro Salgado, die mich zum Weinen gebracht hat;
Werner Herzogs Im Todestrakt (2012): Herausragende Auseinandersetzung mit der Frage nach der Sinnhaftigkeit der Todesstrafe; Gehört zur Allgemeinbildung.
Les Blanks wunderbare Kulturdoku über die Cajuns in Louisiana Spend It All (1970). Bin mal gespannt, ob er dafür einen Sinn hat.
Die Last der Träume (1982), ebenfalls von Les Blank: Making of von Fitzcarraldo - für mich fast besser als der Film selbst!
Reise ins Herz der Finsternis (1991): Making of von Apocalypse Now.
Ich hoffe, dass die Überschneidung beim Humor ausreicht für Spun (2002) - Ich jedenfalls konnte mehrmals laut los lachen dabei. Vor allem die Figur von Mickey Rourke ist einfach nur großartig!
*(Empfehlung von FRAMOLF)
Von YGDRASOUL erhielt ich u.a. einige ältere Klassiker, die schon länger auf Sichtung warteten.
Wer hat Angst vor Virginia Woolf? (1969) mit dem großartigen Duo Elizabeth Taylor und Richard Burton, das auch im richtigen Leben ein Paar war.
Rat mal, wer zum Essen kommt (1967) mit Sidney Poitier als fast perfektem Schwiegersohn.
Picknick (1955) und
Meuterei auf der Bounty (1962) hatte ich nicht auf dem Schirm gehabt.
Dann einen Neo Noir-Klassiker, den man definitiv gesehen haben sollte, der mir aber ebenfalls unbekannt war: Driver (1978) - eine echte Offenbarung für mich!
Der Profi (1981) mit Jean-Paul Belmondo hingegen war nicht so mein Ding.
Der Maulwurf (1982), ein weiterer Vertreter des französischen Thrillers, mit dem ich nur begrenzt etwas anfangen kann.
Ein paar mehr oder weniger schwarze Komödien waren auch dabei:
Perdita Durango (1997) hatte mir vorher nichts gesagt. Überrascht stellte ich fest, dass es wohl ein sehr bekannter Film ist. Das liegt sicher daran, dass die 1990er filmisch so ziemlich an mir vorbei gegangen sind.
No Surrender - Schrei nach Gerechtigkeit (1992): Tiefschwarze boshafte Gesellschaftskritik.
Angel-A (2005): Hommage an Der Himmel über Berlin und Ist das Leben nicht schön?.
Very Bad Things (1998): das bessere Hangover (2009).
Drecksau (2013): Hatte ich vor einigen Jahren schon einmal gesehen und nicht gewusst, was ich davon halten sollte, deshalb auch nicht bewertet.
Die Liebe für Sozialstudien ist sicherlich eine Gemeinsamkeit zwischen uns, weshalb seine Auswahl hier eine sichere Sache war:
Die Faust im Nacken (1954): Hafenarbeiter und Korruption in New Jersey und New York der 1950er mit einem ganz jungen Marlon Brando.
F.I.S.T. - Ein Mann geht seinen Weg (1978): Sylvester Stallone in einem sozialkritischen Film um die Bildung von Gewerkschaften.
Einige Dramen:
Instinkt (1999): Anthony Hopkins überzeugt als gefährlicher Affenmann.
Nell (1994): Zweitsichtung eines der wenigen Filme, die ich in den 1990ern gesehen habe.
Nicht gesellschaftsfähig (1961): Der letzte Spielfilm Marilyn Monroes. Für mich leider nicht besonders interessant.
Ken Park (2002): Coming of age von einigen Jugendlichen in einer kalifornischen Kleinstadt.
Es gab noch ein paar Thriller und Kriminalfilme (im weiteren Sinne):
Der unsichtbare Dritte (1959), endlich im 2. Anlauf gesehen!
Auf Im Jahr des Drachen (1985) von Michael Cimino, der mit seinem berühmten Heaven's Gate - Das Tor zum Himmel (1980) United Artists in den Ruin getrieben hatte, war ich sehr neugierig!
Die Katze (1988), ein Bankraub mit Geiselnahme und einem Super-Cast!
Mörderischer Vorsprung (1988), meine 2. Begegnung mit Sidney Poitier, dieses Mal als Ermittler.
Blue Steel (1990) spannender Psychothriller mit der wunderbaren Jamie Lee Curtis in der Hauptrolle als Polizistin.
Crimson Tide - In tiefster Gefahr (1995): U-Boot-Thriller mit tollen Bildern.
Thursday - Ein mörderischer Tag (1998): Low-Budget Debutfilm und Hommage an PULP FICITON und FROM DUSK TILL DOWN.
Harsh Times - Leben am Limit (2005): Zwei traumatisierte Soldaten versuchen wieder im normalen Leben Fuß zu fassen.
Kreutzer kommt (2010): Die stylishe Idee eines Films.
Zwei Western habe ich auch bekommen: Warlock (1959) und 100 Gewehre (1969).
Am meisten gefreut hatte ich mich auf Phase IV (1974), weshalb ich mir den bis zum Schluss aufgehoben hatte!
Natürlich gab´s auch ein paar Filme, die ich eher mittelprächtig fand, diese sind aber keinesfalls schlecht. Ein, zwei Ausreißer waren dabei.
Es war mir ein großes Vergnügen, die Auswahl eines Filmliebhaber-Kollegen anzusehen und zu kommentieren. Nun bin ich schon sehr gespannt darauf, was YGDRASOUL wohl über die nächsten 30 Tage zu meiner Auswahl zu sagen hat.
Ich würde mich freuen, wenn ein paar von euch vielleicht Lust darauf bekommen und die Idee aufgreifen würden!
