Venedig - Unsere am meisten erwarteten Filme

28.08.2014 - 09:30 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Emma Stone in Birdman
20th Century Fox
Emma Stone in Birdman
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Große Namen wie beim Filmfestival Cannes hat Venedig dieses Jahr weniger zu bieten, dafür wartet das älteste Filmfestival der Welt mit neuen Entdeckungen auf. Wir präsentieren euch die am meisten erwarteten Filme des Festivals.

Gestern wurden die 71. Filmfestspiele von Venedig eröffnet und wir wollen euch einen Überblick der erhofften Highlights des Programms verschaffen. Darunter finden sich Hollywood-Haudegen ebenso wie Größen des Weltkinos und junge, aufsteigende Talente. Welchen Filmen wird das Wohlwollen der Kritiker zuteil, welche werden ausgebuht? Das können wir zu diesem Zeitpunkt nur erahnen, aber wie jeder weiß, der sich mit den Annalen der Festivals befasst: So mancher Liebling verschwindet nach kurzer Zeit in den Wogen des Vergessens, während heftig umstrittene Filme bis heute die Gemüter bewegen. Wir stellen euch ein paar Highlights des Festivalprogramms von Venedig vor, das wir ab heute in täglichen Pressespiegeln begleiten werden.


Wie Gravity bei der vergangenen Ausgabe zeigte, wählen die Programmchefs immer wieder Premieren, die zu den meistdiskutierten der Saison gehören. Eine ähnliche Stellung könnte dieses Jahr Birdman von Alejandro González Iñárritu (Amores Perros) einnehmen, der das Festival gestern Abend eröffnet hat und auch im Wettbewerb um den Goldenen Löwen steht. Birdman wartet mit Gravity-Kameramann Emmanuel Lubezki auf, dessen Plansequenzen dem Vernehmen so editiert wurden, dass der gesamte Film wie eine einzige Einstellung wirkt. Cocktail für eine Leiche lässt grüßen. Mit Hauptdarsteller Michael Keaton sowie der Geschichte um einen alternden Schauspieler, der für eine Superhelden-Rolle bekannt ist, wird außerdem eine Meta-Ebene beigemischt, mit der sich Kritiken fast von selbst schreiben.


Das amerikanische Independentkino ist bei den Filmfestspielen in Venedig unter anderem mit David Gordon Green und Ramin Bahrani vertreten. Der vielbeschäftigte Green stellt seinen neuen Film Manglehorn mit Al Pacino und Holly Hunter vor, in dem Pacino einen ehemaligen Verbrecher spielt, der mit seiner Vergangenheit und seinen Fehlern zurechtkommen muss. Green ist ein regelmäßiger Gast im Festivalzirkus, hat er es sich seit seiner Rückkehr aus der Mainstream-Komödie (Your Highness) mit tragikomischen Indiefilmen, die mit großen Stars besetzt sind (Nicolas Cage, Paul Rudd) hier gemütlich gemacht. Vor allem dürften viele Beobachter gespannt auf die Leistung von Al Pacino sein, der in Venedig auch mit The Humbling von Altmeister Barry Levinson vertreten ist.

Ramin Bahrani ist hierzulande wohl noch kein geläufiger Name. Der unter anderem vom verstorbenen Roger Ebert gefeierte Indie-Regisseur kehrt mit 99 Homes an den Lido zurück, wo 2012 sein Film Um jeden Preis Premiere feierte. Bahrani wartet noch auf seinen internationalen Durchbruch im Festival-Milieu und das Drama um einen Vater, der das Haus, das seine Familie zwangsräumen musste, wiedergewinnen will, könnte sein Ticket sein. Zu sehen sind in dem Film Andrew Garfield, Laura Dern und Michael Shannon.


Die "alte" Garde des US-Kinos lässt sich in Venedig allerdings auch nicht lumpen. Einer der am meisten erwarteten Filme von Seiten der New Hollywood-Fans dürfte sicherlich Squirrels to the Nuts (bzw. She's Funny That Way) von Peter Bogdanovich (The Last Picture Show) sein. Der 75-Jährige machte in den letzten Jahren eher durch Auftritte in Die Sopranos von sich reden und führte bei der Komödie mit Imogen Poots und Jennifer Aniston zum ersten Mal seit über zehn Jahren wieder Regie bei einem Spielfilm. Etwas aktiver auf dem Regiestuhl war zwar Kollege Joe Dante, sein nicht weniger vielversprechender Streifen Burying the Ex mit Anton Yelchin könnte aber die Rückkehr zu alter Form markieren, die mancher beim Gremlins-Regisseur vermisst hat.

 

Wenn wir schon bei grandios skurrilen Titeln sind, schießt A Pigeon Sat on a Branch Reflecting on Existence von Roy Andersson (Songs from the Second Floor) zweifellos den Vogel ab. Wer seinen absurden Humor am liebsten in langen Einstellungen genießt, liegt bei Andersson genau richtig. Sein durch ein Gemälde  inspirierter neuer Film bildet den Abschluss einer Trilogie, zu der neben den Liedern aus dem zweiten Stock auch Das Jüngste Gewitter gehört.

Auch sonst wartet Venedig mit einige bekannten Autorenfilmern auf. So präsentiert Amos Gitai (Free Zone) seinen neuen Spielfilm Tsili, in dem eine junge jüdische Frau sich während des Zweiten Weltkriegs in zentraleuropäischen Wäldern versteckt. Produzent Richard Lormand  nennt den Film eine "Feier des Lebens und des Kinos".

Von vielen Cinephilen heiß begehrt dürfte der neue Film von Abel Ferrara sein. Pasolini widmet sich dem polarisierenden italienischen Regisseur Pier Paolo Pasolini (gespielt von Willem Dafoe) und konzentriert sich auf die letzten Stunden im Leben des Künstlers, der 1975 ermordet wurde. Besondere Aufmerksamkeit dürfte die Darstellung der Todesumstände erhalten, die bis heute umstritten sind.  


Mit Red Amnesia, Hill of Freedom, The Golden Era, Dearest und Fires on the Plain werden in Venedig zudem einige Filme der bedeutendsten Autorenfilmer Ost- und Südostasiens gezeigt, wenn auch nicht alle im Wettbewerb. Gerade die Neuverfilmung des Kon Ichikawa-Klassikers Nobi - Feuer im Grasland von Shin'ya Tsukamoto aus Japan dürfte ebenso mit Argwohn wie Neugier erwartet werden. Mit Wang Xiaoshuai (Beijing Bicycle) und Red Amnesia ist ein Vertreter der chinesischen 6. Generation zugegen, während Ann Hui (Tao Jie) mit The Golden Era wohl einen ihrer bisher aufwendigsten Filme präsentiert. Erste Reaktionen nach Pressevorführungen in Toronto fallen überschwänglich aus, ebenso wie beim südkoreanischen Minimalisten Sang-soo Hong (In Another Country), der in Hill of Freedom sicher wieder für ordentlich Apptetit auf Soju und koreanische Grillgerichte machen dürfte.

Nachdem er seinen Film aus Cannes zurückgezogen hat, präsentiert Fatih Akin in Venedig endlich The Cut, dem Trailer nach zu urteilen eine epische und bewegende Reise durch die Welt, mit Tahar Rahim in der Hauptrolle. Die deutsch-italienisch-französisch-polnisch-türkisch-russisch-kanadische Koproduktion startet am 16. Oktober in Deutschland und ist Akins erster Spielfilm seit Soul Kitchen.

Im Bereich der Dokumentationen hat das Programm des Festivals in Venedig unter anderem The Look Of Silence zu bieten, in dem Joshua Oppenheimer nach dem Täter-Psychogramm The Act of Killing die Seite der Opfer beleuchtet. Außerdem erwartet die Besucher eine Dokumentation über den verstorbenen Robert Altman (Altman) und Ulrich Seidl zeigt seinen neuen Film Im Keller. Als Produzent tritt Seidl im Übrigen beim Spielfilm Ich seh Ich seh von Veronika Franz und Severin Fiala auf.


Nachdem die Serie Top of the Lake vergangenes Jahr bei der Berlinale gezeigt wurde, präsentiert Lisa Cholodenko (The Kids Are All Right) ihre neue Miniserie Olive Kitteridge in Venedig. Die Adaption eines Romans von Elizabeth Strout wird im Winter bei HBO Premiere feiern und kann ein dementsprechend namhaftes Ensemble vorweisen: Frances McDormand, Bill Murray, Richard Jenkins und Zoe Kazan geben sich in vier Episoden die Ehre.

Diese Aufzählung könnte natürlich endlos weitergehen, z.B. mit den neuen Filmen von Christophe Honoré und Xavier BeauvoisMohsen Makhmalbaf und Rakhshan Bani-Etemad. Aber wenn uns der Festivalbetrieb etwas lehrt, dann dass die großen Überraschungen und Enttäuschungen sich kaum mit Sicherheit vorhersagen lassen.

Was sind eure am meisten erwarteten Filme im Programm der 71. Filmfestspiele von Venedig?

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