The Walking Dead - Staffel 8, Folge 14: Vom Reden und Töten

03.04.2018 - 09:10 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
The Walking Dead - Staffel 8, Folge 14: Still Gotta Mean SomethingAMC
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Was wiegt das Wort in der Zombie-Apokalypse? Mit dieser und vielen anderen Fragen beschäftigt sich Still Gotta Mean Something, die 14. Folge der 8. Staffel von The Walking Dead, und liefert dabei einige emotionale Momente in unerwarteten Situationen.

Mit dem zweifachen Blutvergießen vergangene Woche kann die neuste Folge von The Walking Dead in puncto Action nicht mithalten. Dafür findet das 14. Kapitel der 8. Staffel, namentlich Still Gotta Mean Something, ganz andere Qualitäten, die sich einmal mehr ins Innerste der Figuren wagen. Rührende Vieraugengespräche dominieren diese 45 Minuten, selbst wenn sie das Grauen des Vergangenen nicht vergessen können. Stattdessen geht es vielmehr darum, das Gewicht der Worte neu auszuloten, um den wahren Wert dieser zu erkennen. Wenn sich Negan (Jeffrey Dean Morgan) mit einem verbalen Highlight à la "What the shit?" im Geschehen zurückmeldet, liegt es nahe, genervt die Augen zu verdrehen. Sowohl Jadis (Pollyanna McIntosh), die den Fiesling aktuell auf dem Schrottplatz gefangen hält, als auch wir Zuschauer sind schon unzählige Male Zeugen seiner übertriebenen Wortakrobatik mit allen erdenklichen Kraftausdrücken geworden. Vielleicht steckt aber mehr dahinter.

Wo sich Still Gotta Mean Something auf den ersten Blick als unspektakuläres Unterfangen präsentiert, offenbart sich bei genauerem Hinsehen eine konzentriere Episode, die nicht nur mit dem Aufräumen nach der Schlacht beschäftigt ist, sondern Konsequenzen aus den jüngsten Ereignissen zieht. Diese Konsequenzen gestalten sich als großartige Charaktermomente, die der Serie Zeit geben, um sich zu entfalten und zu atmen. Während sich Jadis und Negan in einem unwahrscheinlichen Augenblick aus Ängsten und Enttäuschungen näherkommen, finden sich später auch Morgan (Lennie James) und Rick (Andrew Lincoln) alleine im Wald wieder und besinnen sich auf das Existenzielle, vor dem sie sich seit einiger Zeit auf der Flucht befinden. Drehbuchautor Eddie Guzelian konfrontiert jede der genannten Figuren mit einem konkreten Verlust, der bereits geschehen ist oder im Begriff ist, zu passieren. Dann erfolgt der Punkt der Entscheidung, an dem sich alles verändern könnte.

The Walking Dead - Staffel 8, Folge 14: Still Gotta Mean Something

Immer wieder findet dabei die Frage nach Menschlichkeit ihren Weg in den Entscheidungsprozess, was vor allem im Hinblick auf den Subplot rund um Jadis und Negan interessant ist. Beide Figuren wurden uns als eigenwillige Anführer vorgestellt und standen im Lauf der letzten Staffeln gleich mehrmals den Überlebenden aus Alexandria mit Waffen im Anschlag gegenüber. Inzwischen sind die Antagonisten jedoch selbst dort angekommen, wo sie schwach und hilflos um ihr Fortbestehen am Ende der Welt betteln. Ausgerechnet Simon (Steven Ogg), ein Handlanger aus der zweiten Reihe, hat es mit nur wenigen geschickten Schachzügen geschafft, sowohl Jadis als auch Negan in ihren Machtpositionen auszuspielen und ihren Platz einzunehmen. Dieser Umstand lässt die eigentlichen Gegenspieler zwangsläufig als Verbündete zurück. Das Glück im Unglück müssen sie allerdings erst erkennen, wenn sie sich gegenseitig an den Rand der Verzweiflung treiben.

In Schlüsselrollen kommen im Zuge dessen gleich mehrere Gegenstände zutragen, allen voran Negans treue Wegbegleiterin Lucille. Der mit Stacheldraht modifizierte Baselballschläger ist längst zum eigenen Charakter mutiert, was nicht zuletzt daran liegt, das er von Negan mehr Respekt erfährt als alle seine Mitstreiter. Wichtig ist der Prügelstock allerdings nicht aufgrund des getrockneten Bluts und der zerfetzten Hautreste, die sich in den abstehenden Metallspitzen verfangen haben. Stattdessen ist es die Erinnerung an seine Frau, die Negan mit dem Stück Holz verbindet, als hätte er wie Voldemort einen Teil seiner Seele in diesem alternativen Horkrux versteckt. Bei Jadis bündeln sich diese Erinnerungen in Form alter Fotos, die einem letzten Rückzugsort in dieser vom Tod begründeten Welt gleichen. Rückzugsorte wie diese sind es, die Jadis und Negan menschlich machen - und es ist wahrlich bemerkenswert, wie sehr sie sich trotz ihrer sonst so rücksichtslosen Taten an sie klammern.

Um das verbliebene Etwas zu retten, das sie am Boden hält, sind Jadis und Negan schlussendlich dazu bereit, einen Schritt aufeinander zuzugehen, die Situation mit neuen Augen zu beachten und die zweite Chance zu nutzen, die sie bekommen habe, um ... noch schlimmere Dinge zu tun als zuvor? Dieser Umstand darf bei all den rührenden Geständnissen nicht vergessen werden. So verblüffend Negans Reaktion ausfällt, als er sieht, wie verzweifelt Jadis im Angesicht des wieder in der Unendlichkeit des Himmels verschwindenden Helikopters zusammenbricht, haben wir es nach wie vor mit dem Mann zu tun, der für den Tod unzähliger Menschen verantwortlich ist. Dennoch balanciert Still Gotta Mean Something die verschiedenen Facetten der Figuren sehr schön. Insbesondere wenn wir uns daran erinnern, wie unglücklich sie zwischenzeitlich im Schatten ihrer selbst agierten, ohne greifbare Eigenschaften durchblicken zu lassen, die sich nicht auf die Pose ihrer Kostüme reduzieren ließen.

The Walking Dead - Staffel 8, Folge 14: Still Gotta Mean Something

Ein erwähnenswertes Detail: Jadis' klinisch reiner Container im Kontrast zum Anblick der versifften Müllberge. Abseits des Schrottplatzes verschlägt es Morgan in den Wald, wo er Lil Henry (Macsen Lintz) zu finden hofft. Analog zu Gavins (Jayson Warner Smith) Erscheinung in der letzten Woche ist es dieses Mal die Stimme des kleinen Jungen, die Morgan um seinen Verstand bringt, sodass er weder Carol (Melissa McBride) als schützende Kraft wahrnimmt, noch in Rick den Verbündeten erkennt, der er eigentlich ist. Beide Männer finden sich desillusioniert im Dunkeln zwischen Ästen und Zweigen wieder, kämpfen mit den Geistern der Vergangenheit und wagen es nicht, den entscheidenden Schritt zu tun, sich diesen zu stellen. Verleugnete Ängste, die sich flüsternd aus dem Jenseits melden, und Briefe, die versteckt in Schubladen darauf warten, dass sich jemand ihres erlösenden Inhalts annimmt, obgleich sie von Abschied und Tod künden. Einmal mehr begegnen sich Rick und Morgan in einer der ungewissesten Stunden ihres Lebens.

Der Bogen zur 1. Staffel bietet sich an und wird im emotionalsten Gespräch dieser Episoden wunderbar geschlagen. "You know me." Drei Worte, so unscheinbar, die in The Walking Dead mittlerweile aber die Welt bedeuten: Rick und Morgan teilen sich eine Geschichte, die dann am stärksten ist, wenn beide Figuren völlig entfremdet aufeinandertreffen, sich in die Augen blicken und den Menschen erkennen, den sie vor all den Jahren nicht getötet haben. Richtig ungemütlich wird Still Gotta Mean Something, wenn der Gänsehautmoment in ein Massaker verwandelt wird, das im Dunkeln stattfindet, weil es ansonsten nicht zu ertragen wäre. Danach stehen Rick und Morgan zwischen toten Körpern, die sich schon bald wandeln werden. Vorerst ist es jedoch ein Lichtstrahl, der genauso hoffnungsvoll den Raum erhellt, wie er den dort geschehenen Schrecken ein klares, hässliches Gesicht verleiht. Die Versöhnung am Ende dieser Episode hat wahrlich ihren Preis.

Die 8. Staffel von The Walking Dead wird sonntags in den USA auf AMC ausgestrahlt und ist hierzulande einen Tag später auf FOX und über Sky Ticket  zu sehen. Unsere Besprechungen der einzelnen Folgen gibt es auch als Live-Stream und Podcast .

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