The Walking Dead - Staffel 8, Folge 9: Ein Melodram am Ende aller Tage

27.02.2018 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
The Walking Dead - Staffel 8, Folge 9: HonorAMC
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Selten war die Rückkehr aus der Winterpause so vorhersehbar wie in der 9. Episode der 8. Staffel von The Walking Dead. Honor, so der Titel der neuen Folge, brennt sich dennoch als melodramatisches Kapitel in die Geschichte der Zombie-Apokalypse ein.

Für gewöhnlich setzt The Walking Dead auf drastische Cliffhanger und lässt uns Zuschauer mit der Ungewissheit des Kommenden zurück. Besonders, wenn Negan (Jeffrey Dean Morgan) mit seiner geliebten Lucille zum Schlag ausholt, ehe uns ein harter Schnitt in den Abspann entlässt, gestaltet sich diese Ungewissheit als unerträgliches Unterfangen. Die Rückkehr aus der Winterpause der 8. Staffel offenbart sich dagegen als unerwartet transparente Angelegenheit. Entgegen der obligatorischen Geheimniskrämerei hinsichtlich des Fortgangs der Geschichte wurde Carls (Chandler Riggs) bevorstehender Tod geradezu schonend und in aller Ausführlichkeit vorbereitet. Ricks (Andrew Lincoln) Sohn wird sterben. Ein Flashback in Honor, der 9. Episode der 8. Staffel, betont das baldige Ende mit drastischen Bildern und offeriert uns einen Blick auf jene Bisswunde, die Carl zum Verhängnis wurde, als er eigentlich bloß das Leben eines anderen Menschen retten wollte.

Nun sitzt Rick keuchend da, mit rot unterlaufenen Augen, Tränen im Gesicht und dem Blick eines Fassungslosen. Wir können uns nur vorstellen, was er soeben erlebt haben muss. Im Kontrast dazu folgt jedoch im nächsten Moment ein weiterer Einblick in jenen Traum, der uns seit Beginn der Staffel verfolgt und die Welt zeigt, wie sie sein könnte: Alexandria erstrahlt im warmen Sonnenschein. Ein Paradies am Ende aller Tage, in dem nicht nur Hoffnung, sondern ebenso das Glück im Jetzt existiert. Wie sich später allerdings herausstellen soll, entstammt die Old-Man-Rick-Vision der Vorstellungskraft seines Sohnes. Carl, der sich in dieser Episode alle Zeit zum Sterben nimmt, teilt im Kreis seiner Liebsten jenen Ausblick in diese prächtige Zukunft, in der selbst Negan den Menschen um sich herum einen guten Morgen wünscht und sich selbstlos an der Gartenarbeit beteiligt. Bevor es aber so weit ist, wird noch eine Menge Blut vergossen.

The Walking Dead - Staffel 8, Folge 9: Honor

Zwei große Schauplätze macht sich Honor zu eigen. Während auf der einen Seite Carls Schwanengesang für ein dramaturgisch wenig subtiles und trotzdem berührendes Melodram in der Zombie-Apokalypse sorgt, bündeln sich im Kingdom die schrecklichen Abgründe der Bestie Mensch. Morgan (Lennie James), Carol (Melissa McBride) und Ezekiel (Khary Payton) philosophieren im Angesicht des tosenden Tohuwabohus über ihre Entscheidungen sowie deren Endgültigkeit. Wie final ist das gesprochene Wort? Lässt sich eine Tat rückgängig machen? Und welchen Preis fordert die Konsequenz? Wo eben noch unzählige Beißer erschossen wurden, um mit ihren schwerfälligen Körpern einen schützenden Wall zu bilden, als hätte jemand das rote Meer der Untoten geteilt, besteht Ezekiel darauf, dass es nicht zu spät ist, das eigene Handeln zu überdenken und nimmt damit das Dilemma vorweg, in dem sich später auch Morgan befindet.

"It's not too late to walk back from something decided", lautet die Ansage inklusive einem verborgenen Versprechen von Versöhnung. In hoffnungslosen, dreckig-braunen Bildern entfernt sich Morgan jedoch von jeglicher Menschlichkeit, die er einst mit seinem Leben verteidigt hätte. Stattdessen ist er es nun, der das Leben nimmt. Wie ein Wilder reißt er die Eingeweide aus seinen Opfern, gerät allerdings genauso schnell an den Punkt, an dem sein innerer Konflikt deutlich zu spüren ist. Kann er mit den Entscheidungen, die er getroffen hat, auch leben, wie es Ezekiel formulieren würde? "You don't have to do that. We can be better than them", fleht Carol ihren Verbündeten an, der sichtlich mit seinem Gewissen hadert, sich aber im Rausch der Gewalt in eine Sackgasse manövriert hat, in der ihm ein Urteil über das Gewicht seiner Entscheidungen unmöglich ist. Vermutlich würde er am liebsten nur schreien. Doch aufgrund des Gemetzels ist er selbst dazu nicht in der Lage.

In der Kanalisation von Alexandria steigt derweil Carls Fieber, während im Hintergrund die unregelmäßigen Wassertropfen für eine unbehagliche Atmosphäre sorgen. Es ist kalt, nass und ungemütlich. Zwischen Dreck und Tränen gilt es, den Angriff der Saviors auszuhalten, ehe die Luft rein ist und ein Blick auf die Erdoberfläche gewagt werden kann. Der Abschied wird in den nachfolgenden Minuten ganz groß geschrieben und schreckt vor keiner Emotion zurück. Wenn Carl geht, dann will The Walking Dead jeden letzten Atemzug des Kindes der Zombie-Apokalypse auskosten. Immerhin ist er es, der all die Jahre über Antrieb von Ricks Überlebenskampf war. Schon lange hat The Walking Dead nicht mehr eine solch packende Endzeitstimmung ausgestrahlt und sich auf seine Wurzeln besonnen. Ausgerechnet der Sheriff-Hut, dessen Bedeutung beinahe in Vergessenheit geraten ist, rückt in den Vordergrund und lässt den Geist vergangener Tage neu aufleben.

The Walking Dead - Staffel 8, Folge 9: Honor

Matthew Negrete und Channing Powell stimmen nachdenklich und nostalgisch, blicken zurück zu den Anfängen und geben einen kleinen Ausblick, wie es sich anfühlen könnte, wenn die Serie eines Tages tatsächlich zu Ende geht. Erinnerungen an das Gefängnis und Lori (Sarah Wayne Callies) werden wach, während die kleine Judith so präsent wie nie zum Symbol der Zukunft avanciert. Eines Tages wird sie all die Versprechen einlösen, die Carl nicht mehr erleben wird - da ist er sich ganz sicher. Die Einsicht, mit der sich Carl in seinen letzten Momenten präsentiert, ist fast gruselig und dennoch bewegen seine finalen Gedanken, die er mit Rick, Michonne (Danai Gurira) und Judith teilt. Schließlich verstummen die bedrohlichen Geräusche im Hintergrund und Rick schleppt seinen Sohn über die verbrannte Erde, vorbei an den Flammen, die Alexandria verschlingen, hinein in die letzten stehenden Mauern, die ein Zuhause hätten werden können.

Zwischen all den Close-ups von kreidebleichen Gesichtern, verschwitzter Haut und nassen Haaren rahmt Greg Nicotero Carls Abschied in apokalyptische wie ikonische Bilder, die gleichermaßen von der zertrümmerten Umgebung profitieren wie von der zerreißenden Dramatik des Augenblicks, die aus den gebrochenen Blicken resultiert. In der Geborgenheit der Menschen, die für Carl trotz allem Grauen zur Familie geworden sind, konfrontiert er Rick mit der entscheidenden Frage, was danach passiert. "You can't kill all of them, Dad. There's got to be something after." Gekonnt spiegelt die Episode dabei Morgans Konflikt und die Frage, was nach dem Töten kommt, wenngleich das Carl-Segment deutlich stärker mit das unfassbaren Grausamkeit dieser Feststellung arbeitet. Ein Könnte und Hätte sind die zerreißenden Knackpunkte dieses Abschied, der die Serie selbst auf heimliche Weise mit ihrer Endlichkeit konfrontiert.

Die 8. Staffel von The Walking Dead wird sonntags in den USA auf AMC ausgestrahlt und ist hierzulande einen Tag später auf FOX und über Sky Ticket  zu sehen. Wer noch mehr über die aktuelle Episoden erfahren will, kann heute um 18:00 Uhr bei unserem Livestream auf YouTube vorbeischauen.

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