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The Ovation - Februar 2015

28.02.2015 - 18:22 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Stehende Ovationen...
MGM
Stehende Ovationen...
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In "The Ovation" soll diversen, auf Kino, TV, aber auch Internet und auf anderen Medien basierenden Facetten Applaus gespendet werden, welche im vergangenen Monat meine Aufmerksamkeit und meine Begeisterung auf sich gezogen haben. Eine kleine, monatliche Awardshow sozusagen. Natürlich ist klar, dass die Welt nach der Mondlandung, dem Alter von Keanu Reeves, der klassischen Frage nach dem Sinn des Lebens, Hitlers UFO's und Megan Fox im Allgemeinen kein größeres Mysterium zu lüften versucht als die monatlichen Favoriten des Mr.English, weshalb ich keine Zeilen mehr vergeude und zum eigentlichen Text übergehe.

Der Februar war in vielen Aspekten der anstrengendste Monat seit dieses Format gestartet ist. Ok, mal ehrlich, The Ovation ist noch nicht ganz so alt wie Wetten dass… hat aber fast genau so viel Tradition und vor allem gibt es einen entscheidenden Unterschied: Die Amerikaner die hier genannt werden beschweren sich hinterher nicht darüber. Ach ja, und es läuft noch. Aber nun zu den Auszeichnungen dieses Monats, Oscar Edition…

Kategorie 1: Sendung TV/Internet

And the Oscar goes to: Neo Magazin Royale , mit Jan Böhmermann

Das Neo Magazin war schon letztes Jahr essentieller Teil des wöchentlichen Abendprogramms und hob sich mit innovativen Ideen, frischer und frecher Moderation und Anleihend an den US-amerikanischen Late Night Vorbildern (wenn die südlichen Nachbarn Kanadas eine Sache können, dann ist es Late Night), deutlich von den Alternativen im deutschen TV ab. Eigentlich gibt es gar keine Alternativen, TV Total ist einfach nicht witzig und Circus HalliGalli zu sensationsgeil und dramatisierend, aber dazu ein anderes Mal.

Jan Böhmermann darf sich nun im Main-ZDF versuchen, zwar läuft seine Show immer noch auf ZDFneo und im Internet, aber Freitag 0 Uhr ist ja durchaus ein angenehmer Sendeplatz und gerade die junge Zielgruppe hat zu diesem Zeitpunkt nichts Besseres zu tun. Abgesehen von der Sendezeit hat sich aber so einiges Anderes verändert, die Show ist in ein größeres, amerikanischeres Studio gezogen (inklusive shiny floor und Vorhang), Dendemann und die freie Radikale wurde als Studioband engagiert, und Steve Hig…ähm William Cohn ist noch liebenswerter geworden. Was nach der ersten Folge sofort auffiel, war, dass es zwar viele gute Ideen gibt, diese aber wegen der relativ kurzen Sendezeit nur bedingt ausgeschöpft werden können, der wöchentliche Gast wird nur in ein sehr kurzes Gespräch verwickelt, was allerdings auch den Vorteil hat, dass sich die Kreativen im Hintergrund immer noch eine besondere Idee einfallen lassen, wie sie den Gast einbinden können. Sei es das Verwechselspiel zwischen Florentin Will und „Tech-Nick“ Antoine Monot Jr. oder der 80er Hitparadengag mit Deichkind, für interessante Einfälle ist immer gesorgt. Da kann man auch die teilweise noch etwas hektische und unausgereifte Art von Böhmermann entschuldigen, dem offensichtlich noch die Erfahrung fehlt um die Sendung mit einem Stand-up-artigen Beginn zu tragen. Und da dieser Artikel noch andere Inhalte bieten soll, empfehle ich Jedem der Sendung eine Chance zu geben und den schwarzen, zynischen und verdammt unterhaltsamen Humor des dünnen, blassen Jungen mindestens einmal zu erleben.

Kategorie 2: Kinofilme

And the Oscar goes to: Whiplash

Es gab, bei nur 6 gesehenen Filmen insgesamt nicht viel Auswahl diesen Monat, aber Whiplash hätte sich wohl gegen fast jede Konkurrenz durchgesetzt. Die Schauspielleistungen, die dramaturgischen Wendungen und die musikalischen Einlagen sind in perfekter Weise durch eine herausragende Inszenierung miteinander verbunden worden. Die Eröffnungsszene zeigt dies eindrucksvoll: Die Kamera fährt langsam auf den Schlagzeugspielenden Miles Teller zu und enthüllt im letzten Moment durch sein Aufschrecken, dass es nicht der Zuschauer ist, der ihn hier beobachtet, sondern J. K. Simmons selbst, der verdienter Weise den Oscar gewonnen hat. Das erste richtige Highlight des Kinojahres und sehr empfehlenswert für jeden.

Kategorie 3: Film allgemein

And the Oscar goes to: Für ein paar Dollar mehr

Unfassbar gut. Sergio Leone zeigt wieder was er kann. Wenn man einen seiner Western mag, mag mein die anderen auch. Er inszeniert mit einer solchen Epik, wie es nur wenige Regisseure schaffen. Dazu tragen vor allem die drei Hauptakteure und Ennio Morricone bei, und Klaus Kinski ist auch nicht schlecht, auch wenn er nur eine kleine Rolle innehat.

Kategorie 4: Schauspieler/in

And the Actor goes to: Lee Van Cleef

Quentin Tarantino antwortete einmal in einem Interview für die Reihe "The Directors chair“ auf die Frage wen er als „most badass actor“ aller Zeiten sieht, dass er liebend gern einmal mit Lee van Cleef zusammengearbeitet hätte und diesem jenes Prädikat zuschreiben würde. Betrachtet man ihn anhand seiner Rolle in Für ein paar Dollar mehr, kann man dem nur zustimmen. Er strahlt eine unglaubliche Souveränität und Coolness aus wie es nur Clint Eastwood und Steve McQueen (und wenige andere) können und mit einem dieser beiden spielt er hier zusammen. Seine Figur des Colonel Douglas Mortimer ist genau wie Eastwoods Figur schon allein durch die äußere Erscheinung beeindruckend. Zusammen gekniffene Augen, scharfe Wangenknochen, der markante Schnauzbart, der Anzug und sein außergewöhnlich großes Waffenarsenal machen ihn aus und machen ihn zu einer herausstechenden Figur unter all den Revolverhelden und Bankräubern.

Kategorie 5: Filmmusik

And the Oscar goes to: Für ein paar Dollar mehr

Der große Gewinner des Monats kristallisiert sich heraus, Ennio Morricone setzt sich mit seinen betörenden sirenenartigen Chorälen, Taschenuhrklängen und Trompetenfanfaren gegen Whiplashs Jazzensembles und die 70er Jahre Klänge Neil Youngs aus Inherent Vice - Natürliche Mängel durch.

Kategorie 6: Moviepilot Artikel/Kommentar:

And the Oscar goes to: blog me if you can: Flight pub

Wer noch nichts von der Community Blog Aktion blog me if you can gehört hat, soll sich gefälligst schämen und hier meinen Artikel dazu lesen. Aber die eigentliche Werbung hat der Artikel von mysteryboy69 verdient, denn er schafft es die depressiv melancholische Stimmung von Fight Club perfekt in einem einfallsreichen, (alb)traumhaften Text zu verarbeiten. Wenn der folgende Text gelesen wird, soll man sich bitte Edward Norton vorstellen, der diese Worte manisch depressiv vor sich hin spricht.

Kategorie 7: Zitat oder Spruch des Monats:

And the Oscar goes to: Inherent Vice - Natürliche Mängel

Bigfoot spricht japanisch ? chinesisch? Ich entsinne mich nicht und kann den Unterschied mangels ausgeprägter Kenntnisse nicht erkennen. Allerdings erkenne ich, dass er sehr respektvoll mit dem Koch umgeht.

Kategorie 8: Stil

Diesen Monat: Filmplakate

Filmplakate des Monats Februar

Kategorie 9: Szene

And the Oscar goes to: Für ein paar Dollar mehr,again

Ein Mann schaut durch ein Fenster in ein Haus. Hier befinden sich eine Frau und ein weiterer Mann. Sie scheinen ein Liebespaar zu sein. Der erste Mann dringt in das Haus ein. Er erschießt den zweiten Mann kaltblütig. Die Frau ist geschockt. Er beginnt die Frau zu vergewaltigen. Sie zieht unter dem Kissen einen Revolver hervor. Ein Schuss. Sie hat geschossen. Sie hat sich selbst erschossen. Ihr Leben hat ohne ihren Gegenpart keinen Sinn mehr und sie schafft für den Vergewaltiger die Hölle auf Erden, denn er denk in seinem Leben nun jedes Mal an diese Szene, wenn er ihre Taschenuhr, welche er n sich genommen hat ansieht und die abgespielte Melodie hört. Schnitt. Der Mann erwacht aus seinem Tagtraum und sieht sich einem Duell auf Leben und Tod ausgeliefert. Ennio Morricone ertönt. Die Taschenuhr spielt. Gitarre und Trompeten setzten ein. Es beginnt . Who’s the guy who’s the talk of the town?

Kategorie 10: Sonstiges, Erwähnenswertes:

Kevin Hart war in der ARD zu Gast, nun bin ich weder der größte Kevin Hart Fan, noch war es die Absicht diese Sendung mit Kai Pflaume einzuschalten. Aber wie es das Schicksal manchmal will, sollten sich an diesem Abend die Wege von Kai, Kevin und mir treffen. Ich war erst einmal fasziniert, dass eine Person von dem Format eines Kevin Hart in der ARD auftritt, zu irgendeiner Kindershow, dann dachte ich mir, naja, kann doch ganz amüsant werden solange er da ist. Dann wurde mir klar, dass keiner seine Witze versteht. Er erzählte (offensichtlich ironisch gemeint), dass er als Kind Basketballspieler werden wollte. Wer Kevin Hart schon einmal neben Phillip Lahm stehen sehen hat, weiß, nebeneinander und ohne Kontext sehen sie normal groß aus. Darüber amüsierten sich auch die Zuschauer. In Deutschland war das schon die Pointe, aber ein Mensch mit Humor, der Kevin Hart wohl ist, spielt noch weiter und echauffierte sich im Folgenden künstlich und für jeden Menschen mit Gespür für Komik, offensichtlich sarkastisch über die Häme. Das Gelächter im Publikum verstummte, da der Gast wohl beleidigt war und seine Aussage ernst gemeint hat. Zudem war er noch schwarz und die deutsche Bevölkerung hat anscheinend 2-3 Generationen später immernoch Angst wie Nazis darzustehen . Die Stimmung kippte ohne dass Mr. Hart (sehr coller Name;)) seine Rolle verlässt (naja das ganze ging auch nur wenige Sekunden), der Moderator fühlte sich sogar genötigt die Wogen (welche eigentlich überhaupt nicht unglatt waren) zu glätten.

Diese Szene hat mir wieder gezeigt, dass der deutsche Durchschnittsmensch keinerlei Verständnis für Humor hat und sofort Angst hat jemandem auf den Schwanz zu treten. Ich würde mir mehr Mut zum Zynismus und schwarzen Humor wünschen und weniger Angst davor jemanden zu verletzen, denn im endeffekt ist ja nicht böse gemeint sondern nur ein Gag. Denn man kann über alles Witze machen. Außer den Islam, denn wir haben ja in Paris gesehen was dann passiert. (Ja das war schon so ein Witz, und es geht dabei nicht darum die Situation zu verharmlosen oder irgendetwas zu verkennen und lächerlich zu machen.) Jan Böhmermann macht hier einen guten Anfang im deutschen TV, womit der Bogen zum Beginn gezogen wurde.

Das war The Ovation für Februar 2015.

Ein weitere Teilnehmer der Aktion ist alex023, seinen Text findet ihr hier. Wenn auch ihr Lust habt mitzumachen, bei diesem unglaublich tollen Format, dann meldet euch per Flaschenpost oder Direktnachricht bei mir oder alex023. Bis nächsten Monat.

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