Immer mehr Frauen auf dem Regiestuhl

01.10.2011 - 08:50 Uhr
Lone Scherfig bei Dreharbeiten zu Zwei an einem Tag
Tobis
Lone Scherfig bei Dreharbeiten zu Zwei an einem Tag
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Auch die Filmindustrie ist eine Männerwelt, heißt es immer. Das ist wahr, aber bedeutet nicht, dass es keine Frauen beim Film gibt. Ein Beweis dafür ist der neue Film der Dänin Lone Scherfig, der diese Woche in die Kinos kommt. Wir stellen euch ein paar Frauen hinter der Kamera vor.

Über Frauen in Hollywood gibt es sehr viele Artikel, besonders darüber, dass sie unterpräsentiert sind, vor allem als Regisseure. Ihr dürft aber aufatmen, denn darum soll es heute nicht gehen. Der Kinostart von Zwei an einem Tag der dänischen Regisseurin Lone Scherfig ist ein Grund, dass wir nicht auf Frauen schauen, die in der Filmindustrie fehlen, sondern stattdessen ein Licht auf die anwesenden Damen werfen.

Lone Scherfig ist nämlich nur eine der vielen Frauen hinter der Kamera. Sie machte schon vor Zwei an einem Tag mit An Education und Italienisch für Anfänger von sich reden. Letzterer war nicht nur in seiner Heimat ein riesen Erfolg, sondern füllte auch hierzulande die Säle. An Education heimste drei Nominierungen bei den Oscars ein, unter anderem für den Besten Film. Hier zeigte die Dänin bereits, dass sie ein Händchen für ungewöhnliche Liebesgeschichten und Literaturverfilmungen besitzt. Ihre dänische Kollegin Susanne Bier, die vor allem durch emotionale und schicksalsgebeutelte Familiendramen sowie mit romantischen Komödien berühmt wurde, ist nicht nur die erfolgreichste Regisseurin des Landes, sondern kann mittlerweile auch einen Oscar für ihren Film In einer besseren Welt ihr Eigen nennen.

Schauspielerinnen auf dem Regiestuhl
Zu den bekanntesten Regisseurinnen, wenn auch aus eher zweifelhaften Gründen, gehört mit Sicherheit Schauspielerin/Dokumentarfilmerin Leni Riefenstahl. 1935 drehte sie für die NSDAP den Propagandafilm Triumph des Willens, gefolgt vom nicht weniger kontroversen Olympia 1. Teil – Fest der Völker. Ihr Leben und Werk bieten heute viel Anlass für Diskussionen. So dürfte es kaum verwunderlich sein, dass immer wieder eine Verfilmung im Gespräch ist. Vor und hinter der Kamera will Jodie Foster stehen. Diese gab mit Das Wunderkind Tate ihr Regiedebüt. Zu den Schauspielerinnen, die auf den Regiestuhl wechseln, gehört auch Oscar-Gewinnerin Angelina Jolie, deren In the Land of Blood and Honey Ende des Jahres anläuft.

Von wegen nur Liebesfilme
Dass Frauen gerade in den letzten Jahren auch im Blockbustergewerbe ihren Platz finden, beweisen Catherine Hardwicke und Patty Jenkins. Erstere drehte noch vor ein paar Jahren kleinere Filme wie Dreizehn und Dogtown Boys, bis sie mit Twilight die Massen an die Kinokassen zog. Zwar war sie bei Teil 2 der Glitzervampir-Saga schon nicht mehr mit von der Partie, tröstete sich aber mit Red Riding Hood – Unter dem Wolfsmond darüber hinweg, der immerhin einen sehr ähnlichen Look hatte.

Um Patty Jenkins war es seit Monster eher ruhig. Das wird sich jedoch bald ändern, denn sie wurde kürzlich dafür engagiert, den Platz von Kenneth Branagh bei Thor 2: The Dark Kingdom einzunehmen. Es dürfte spannend werden zu sehen, wie die Drama-erfahrene Regisseurin mit dem Stoff einer Superheldenverfilmung und dem Druck umgeht, ein erfolgreiches Franchise weiter zu führen. Patty Jenkins ist nicht die erste Frau, die Hand an einen Marvel-Charakter legt. Lexi Alexander übernahm 2008 die Aufgabe, die racheobsessive Comicfigur Punisher mit Punisher: War Zone filmisch wiederzubeleben. Nur vier Jahre zuvor lief The Punisher von Jonathan Hensleigh in den Kinos, wurde jedoch vom Publikum nicht sonderlich gut aufgenommen – ebenso wenig wie der Reboot von Frau Alexander.

Das Posterkind aller Regisseurinnen ist eindeutig Kathryn Bigelow. Ihr Kriegsfilm Tödliches Kommando – The Hurt Locker gewann nicht nur sechs Oscars und machte sie gleichzeitig zur ersten weiblichen Oscar-Gewinnerin in der Kategorie Regisseur, sondern stach mehrfach den Film Avatar – Aufbruch nach Pandora ihres Ex-Mannes James Cameron aus – und so den erfolgreichsten Film aller Zeiten. Ebenfalls Interesse an Kriegsthemen hat Mimi Leder, die Projekt: Peacemaker inszenierte. Danach folgte der Katastrophenfilm Deep Impact, bevor sie eine ganze Zeit lang ins TV wechselte. In Im Westen nichts Neues kehrt sie 2012 zu den Kriegsthemen zurück.

Die Animationsköniginnen
Das Genre Animationsfilm ist offenbar ein Bereich, in dem weibliche Regisseure gut Fuß fassen können. Jennifer Yuh kann davon ein Lied singen. Erst vor Kurzem wurde sie für ihr Regiedebüt Kung Fu Panda 2 zur kommerziell erfolgreichsten Regisseurin erklärt. Damit überholte sie unter anderem Vicky Jenson, die nicht nur Shrek – Der tollkühne Held drehte, sondern auch Große Haie – Kleine Fische, bevor sie sich mit Traumjob gesucht den nicht-animierten Personen widmete. Nächstes Jahr kommt mit Merida – Legende der Highlands nicht nur der erste Pixar-Film mit einer weiblichen Hauptfigur auf die Leinwand, sondern auch der erste des Studios, bei dem eine Frau, Brenda Chapman, Regie führt. Auch Betty Thomas kennt sich gut mit Animationsfiguren aus, selbst wenn diese die Leinwand mit realen Schauspielern teilen müssen, wie Alvin und die Chipmunks 2. Im Moment verzichtet sie auf die singenden Backenhörnchen und dreht stattdessen die Komödie Desperados mit Isla Fisher.

Große Geschichten in kleinen Filmen
Sofia Coppola wurde 2004 für Lost in Translation mit einer Oscar-Nominierung als Regisseurin bedacht, gewann aber letztlich “nur” den für das beste Drehbuch. Schon ihr Filmdebüt The Virgin Suicides – Verlorene Jugend, ein Drama um eine Gruppe von Schwestern, die gemeinsam Selbstmord begehen, erregte Aufmerksamkeit, ebenso wie ihr Porträt der jungen Monarchin Marie Antoinette. Jamie Babbit ist eine Regisseurin der etwas anderen Art. Sie gehört eindeutig zu den aktivsten Frauen hinter der Kamera, auch wenn sich das meist auf das Fernsehen beschränkt. Ihre Filme stechen durch eine homosexuelle Thematik heraus, wie zum Beispiel Weil ich ein Mädchen bin und The Itty Bitty Titty Committee. Mit ihrem nächsten Film Breaking the Girl wagt sie sich zum ersten Mal in den Bereich Horror.

Frauen sind in allen Genres vertreten, vor und hinter der Kamera, selbst wenn sie dort einen schweren Stand haben. Es ist schön zu sehen, dass es durchaus einen Aufwärtstrend gibt, und dass auch Frauen in letzter Zeit häufiger für große Projekte und Franchise engagiert werden. Vielleicht hat also doch die Kritik, die seit Jahren an Hollywood gerichtet ist, Früchte getragen.

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