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Wir servieren Mads Mikkelsen textliche Delikatessen

22.11.2016 - 09:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Das Geburtstagsessen ist serviert
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Das Geburtstagsessen ist serviert
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Das heutige Geburtstagskind erregte schon mit seinen zahlreichen Darstellungen in dänischen Filmen wie "Pusher", "Dänische Delikatessen" oder "Adams Äpfel" unsere Aufmerksamkeit. Da seine Figur Dr. Hannibal Lecter gern auf hohem Niveau speist, war die Idee der textlich zubereiteten Geburtstagsmahlzeit schnell da.

Im November wählte der Schreibzusammenschluss Textgeschenke zum Geburtstag erneut einen Star aus, welchen wir wiederum mit Texten zum Geburtstag beschenken möchten. Nach Al Pacino, Kevin Spacey, Keanu Reeves und Kate Winslet haben wir diesmal ein 5-Gänge-Menü-Geburtstagsmahl für unser Geburtstagskind aus Dänemark zubereitet:


Stefan Ishii über Open Hearts (2002)

Jeg er bange for, at jeg er blevet meget forelsket i dig (Ich fürchte, ich habe mich in dich verliebt). - Niels
als Niels

Mads Mikkelsen ist bei vielen Kinofreunden für seine skurrilen, ikonischen oder gequälten Figuren beliebt. Er drehte mit fast allen großen Regisseuren seines Heimatlandes und auch in Hollywood hat er große Auftritte. Was hat er nicht alles bereits gespielt? Man kennt ihn als schwitzenden Metzger Svend mit absurden Ideen in Dänische Delikatessen, kleinen Drogengangster Tonny in den Pusher-Filmen, Pfarrer Ivan in Adams Äpfel, den Wikinger Einauge in Walhalla Rising oder als geschichtliche Figuren wie Michael Kohlhaas oder Johann Friedrich Struensee.

Doch der Film, in dem mir Mikkelsen am besten gefällt, spielte er eine vergleichsweise unspektakuläre Rolle. In Susanne Biers (nicht vollkommen den Regeln folgendem) Dogma-Film Open Hearts verkörperte unser heutiges Geburtstagskind den Arzt und Familienvater Niels, dessen Leben aufgrund einer Bekanntschaft mit Cæcilie, der Freundin eines Patienten, eine emotionale Wendung nimmt. Die Leben zweier Paare wird auf schwere Proben gestellt. Mikkelsens Niels ist in diesem unglaublich realitätsnahen Charakterfilm nur eine von vier starken Figuren. Auch Nikolaj Lie Kaas als Cæcilies querschnittsgelähmter Freund Joachim, Sonja Richter als junge Frau, die nicht weiss, wie sie mit einer für sie nur schwer verständliche Situation umgehen soll, oder Paprika Steen als Niels Ehefrau Marie: Sie alle spielen sehr überzeugend und bewegend Figuren, die von Zweifeln, Sorgen und Nöten geplagt werden. Mads Mikkelsens Figur steht vor schweren Entscheidungen: Will er sich für die junge Cæcilie entscheiden oder ist ihm die Verantwortung gegenüber Frau und Tochter nicht viel wichtiger? Kann er seine Familie verlassen? Er ist eine zutiefst unsichere und zerrissene Person, dessen Schwäche offensichtlich wird. Doch wer verhält sich schon immer vernünftig? Ist die Macht der Liebe wirklich einfach zu ignorieren. Open Hearts stellt unter anderem solche Fragen und Mads Mikkelsen hilft auf großartige Weise, diese zu veranschaulichen.

Mikkelsen ragt angesichts seiner drei hervorragenden Schauspielkollegen in diesem Film nicht heraus - er ist lediglich einer von vieren - aber ohne ihn wäre der Film vielleicht nur halb so gut. Danke dafür und alles Gute, Mads!


(VincentVega) über Adams Äpfel (2005)

Nein, wir dürfen uns nicht immer wegen jeder Kleinigkeit gegenseitig beschuldigen. Er war des Lebens überdrüssig und da war unsere kleine Schießerei eine gute Gelegenheit Abschied zu nehmen. - Ivan
als Ivan

Adams Äpfel versteht es bei mir ein tolles Wechselbad der Gefühle auszulösen. In dieser absurd, komischen Tragikomödie stehen sich die beiden Protagonisten Ivan und Adam gegenüber. Ivan, ein äußerst optimistischer und gutmütiger Pfarrer und Adam, ein misanthropischer Neonazi der auf Bewährung ist.

Mads Mikkelsen
spielt den vom Leid gebeutelten Pfarrer, welcher sich zur Aufgabe gemacht hat Straftäter zu resozialisieren, unfassbar gut und ist mit seinem übermäßigen Optimismus ein perfekter Gegenpart zum grummeligen Menschenhasser Adam. Dieser versucht im Laufe dieses ultra-schwarzhumorigen Streifens immer wieder Ivan zu brechen und ihn von seinem Glauben abzubringen. Ivan jedoch sieht das Gute in allen Menschen, auch wenn sie wenig gute Taten bisher vollbracht haben und versucht trotz seines gebeutelten Lebens, die Menschen mit seinem Frohsinn anzustecken und somit das Gute aus ihnen hervorzulocken. Die Gratwanderung zwischen der skurrilen, schwarzhumorig pointierten Komödie und der mit biblischen Motiven verzierten Tragödie, verliert sich zu keiner Zeit und hat seinen Ruhepol ganz klar bei Mads Mikkelsen, der hier nicht nur starkes Schauspiel auffährt sondern auch sein ganzes komödiantisches Talent ausspielt.

Drehbuch-Mastermind Anders Thomas Jensen hat hiermit einen einzigartigen Film geschaffen. Der es ebenso schafft eine frische, gelungene Parabel über Erlösung und Vergebung, Vielfalt und Menschlichkeit zu erzählen so wie einer der bissigsten und schlicht humorvollsten Filme überhaupt zu sein.

Den Kommentar zum Film findet ihr auch hier.



Amarawish über Nach der Hochzeit (2006)

Sie sind ein wütender Mann. - Jørgen
als Jacob

Die übertriebenen Lautgeräusche der gut befahrenen Straßen Indiens lassen den Zuschauer schon zu Anfang wach werden. Unser interessierter Blick richtet sich auf einen Mann, der heimatlosen Kindern in einer karitativen Einrichtung ein Zuhause ermöglicht und kurzerhand schweren Herzens und auch widerwillig in seine Heimat zurück beordert wird, um jenem Herzensprojekt mehr Geld für bessere Bedingungen zu beschaffen.

Jacob (Mads Mikkelsen) wird von dem Spendenwilligen auf die Hochzeit seiner Tochter eingeladen, nichts ahnend, dass diese ein tiefgreifendes, emotionales Ereignis für ihn bereithalten könnte, denn die Frau seines Geschäftspartners stellt sich als seine Ex-Freundin heraus, die ihm außerdem später offenbart, dass er der leibliche Vater der jungen Braut ist.

Die Geschäftsbeziehung kommt zwar zustande, dennoch kreisen Jacobs Gedanken ständig um die Frage, was er nun zurücklassen müsste, um eine glückliche Zukunft zu erleben: Seine erst kürzlich kennengelernte, frisch verheiratete Tochter oder die bedürftigen Kinder in Indien, wo besonders eins sein Herz gewonnen, dabei fest im Griff hat und welches sich darauf freut ihn an seinem Geburtstag wieder zu sehen.

Sehr ergreifend war die Szene der Erkenntnis über seine gewachsene Verantwortung, denn nun war er nicht nur für die indischen Waisenkinder ein wichtiger Bezugsfaktor, sondern auch für seine Tochter ein frisch gefundener Elternteil im Beziehungsaufbau. Eine innerliche Zerrissenheit flammt auch ohne Worte in Mads Gesicht auf, zeitweise zeigt sie sich gar in stillen Tränen oder auch in starken Worten der Wut. Worte sind dabei aber kaum von Nöten, um die beindruckend, emotionale Darbietung von Mads zu begreifen und lieben zu lernen.

Mads Mikkelsen ist für mich einer dieser Schauspieler, die nicht unbedingt durch ihre Schönheit bestechen, sondern vielmehr mit ihrer Präsenz eine Ausstrahlung auf der Leinwand erschaffen, die tatsächlich charmant und besonders ist.

Ich lernte den Schauspieler aus Kopenhagen zwar in keinem dänischen Film kennen, empfand aber schon damals seine Art des Auftretens als sehr angenehm. Seit dieser zurückgenommenen Darstellung des verwegenen Bogenschützen Tristan in King Arthur habe ich viel Unterschiedliches von ihm gesehen. Mit Nach der Hochzeit hat er definitiv noch eine mir bisher unbekannte Seite gezeigt und hat es durch diese Sichtung geschafft, mich um einen großen Mads-Sympathiepunkt reicher zu machen.

Jetzt bleibt mir nur noch ihm Alles Gute zum Geburtstag zu wünschen und zu hoffen, dass der Geburtstagstext einer angenehmen Mahlzeit gleich kommt.

Den Kommentar zum Film findet ihr auch hier.



Amon über Walhalla Rising (2009)

He was brought up from hell.
als Harald/Einauge

Bei Nicolas Winding Refns Walhalla Rising handelt es sich eher um einen kleinen Film, doch dieser hat es dank eines charismatischen Hauptcharakters sowie seinem Blick in die Abgründe der menschlichen Psyche wirklich in sich.

Im Zentrum der Handlung steht One-Eye (Mads Mikkelsen), ein einschüchternder Krieger, dessen Körper mit Narben und Tätowierungen übersät ist. Zu Beginn wird er als Sklave gehalten, der in brutalen Kämpfen gegen andere Sklaven ums nackte Überleben kämpfen muss, doch eines Tages gelingt ihm die Flucht aus der Gefangenschaft. Er schließt sich einer Gruppe Wikinger an, die nach Jerusalem reisen wollen, um das Heilige Land im Namen Gottes zurückzuerobern; doch ihre gemeinsame Odyssee soll sie nicht nur weit über ihre Grenzen hinaus treiben, sondern ebenfalls mitten hinein ins Herz der Finsternis...

Refns Film sammelte im Jahr seines Erscheinens (2010) eher gemischte Reviews und oftmals wurden das eher gemächlichen Tempo sowie die schonungslose Brutalität kritisiert; durchgehend positiv fiel hingegen die Meinung zu Mikkelsen in der Rolle des One-Eye aus. Im krassen Gegensatz zu vielen seiner vorherigen Rolle hat der Mime als Sklave und Krieger One-Eye keinen Text, weshalb er in diesem Film, mehr noch als in anderen Werken, auf andere Art und Weise auf sich aufmerksam machen muss. Dies gelingt ihn zum einen durch sein furchteinflößendes Äußeres, denn sein bloßer Anblick verrät, welch eine grausame Vergangenheit dieser Charakter durchlitten haben muss und man kann sich höchstens vorstellen, wie er zu dem wurde, der er nun ist. Seine Erfahrungen spiegeln sich ebenfalls in seinen Kämpfen wieder, die mit einer kompromisslosen Härte inszeniert wurden; Blut spritzt, Knochen brechen und Gedärm hängt aus den Leichen heraus. One-Eye wird als unüberwindbarer, beinahe unmenschlicher Krieger gezeichnet, der jeden noch so starken Feind erbarmungslos in die Knie zwingt, doch die Ereignisse im Laufe des Films gehen selbst an ihm nicht spurlos vorbei und so versinkt er, wie seine Gefährten, mehr und mehr in der Dunkelheit.

Mads Mikkelsen liefert in Walhalla Rising eine seiner, meiner Meinung nach, besten Leistungen ab und spielt den restlichen Cast des Films, dank seines Charisma und seiner physischen Präsens, eindrucksvoll in den Hintergrund. Seine Körpersprache ist enorm ausdrucksstark, beeindruckend wie beängstigend und macht somit alleine diesen Film schon sehenswert.

In diesem Sinne, herzlichen Glückwunsch, Herr Mikkelsen und alles Gute für Ihre Zukunft.


Ioosh698 über Die Jagd (2012)

Ich kenne doch meine Tochter, sie lügt nicht. Klara hat noch nie gelogen. Warum sollte sie es jetzt tun?
als Lucas

Thomas Vinterbergs Die Jagd ist ein wahrlich bemerkenswertes und wichtiges Drama zugleich, denn der Film beschäftigt sich mit einem Thema, welches seine Aktualität nie einbüßen wird: Pädophilie.

Dass Pädophilie eine äußerst heikle Thematik ist, dürfte jedem klar sein. In Die Jagd verdeutlicht Vinterberg mit eben jenem Thema als Grundpolster, wie schnell sich die breite Masse durch Vorurteile beeinflussen lässt und wie schnell aus einem kleinen Funken ein unkontrollierbares Lauffeuer entstehen kann.

Im Mittelpunkt des Filmes steht Erzieher Lucas (Mads Miklelsen), ein feiner Kerl, der sich mit den ganz normalen Problemen des Lebens herumschlagen muss. Er lebt für seinen Beruf und wird von den Kindern über alles geliebt. Eines Tages wird Lucas (zu unrecht) beschuldigt, sich sexuell an der kleinen Klara vergangen zu haben, der Tochter seines besten Freundes Theo (Thomas Bo Larsen). Für sämtliche Eltern und Kollegen steht sehr schnell fest, dass Lucas ohne wenn und aber schuldig ist. Für den herzensguten Erzieher bricht eine Welt zusammen und schnell findet er sich in einem Umfeld wieder, in dem ER sich mit einer unaufhaltsamen Hetzjagd gegen ihn selbst konfrontiert sieht, in einer Welt, in der scheinbar jegliche Vernunft verloren ist...

Die Jagd lebt von der brillanten Darstellung von Mads Mikkelsen, einem Schauspieler, der sich gerade in diesem Jahr zu einem meiner liebsten Darsteller vor der Kamera entwickelt hat. Mikkelsen schafft es in Die Jagd mit einschlagender Wirkung, sämtliche Emotionen und Charakterzüge seiner Figur Lucas glaubhaft zum Leben zu erwecken, so lebensecht und voller Gefühl, dass man schon fast vergisst dass Mads Mikkelsen "nur" ein Schauspieler ist. Wahrscheinlich war gerade das DER ausschlaggebende Punkt für mich, Mikkelsen endlich die Anerkennung zu zeigen die er sich zweifelsfrei verdient hat.
All die Wut, die Trauer, den Schmerz, die Verzweiflung, den Hass, den unstillbaren Willen nach Gerechtigkeit und die innere Zerbrechlichkeit die Lucas im Film immer mehr ummantelt, projiziert Mads Mikkelsen mit solch einer Klasse auf den Zuschauer über, dass dieser dann einfach nur fassungslos vor der Bildschirm sitzt und sich fragt, wie manche Menschen nur so leicht zu lenken sind, wie man nur so naiv sein kann und gar nicht merkt, dass man gerade dabei ist das Leben eines unschuldigen Menschen für immer zu zerstören.

Lucas ist der Sündenbock, weil er eben gerade gut gepasst hat. Es hätte jeden x-beliebigen anderen Dorfbewohner treffen können, aber es traf eben ihn, weil sich die Masse viel zu schnell beeinflussen lässt und ihre Nase in Angelegenheiten steckt, die sie eigentlich überhaupt nicht's angeht. So entstehen Gerüchte, falsche Verdächtigungen und Hetzereien. Leute die sich sonst nie trauen ihren Mund aufzumachen haben ganz urplötzlich dass größte Maul von allen. Und ehe man sich versieht, hat man einfach ALLE gegen sich. Was würden wir selbst in so einer Situation tun? Wie würden wir Handeln? Die Jagd regt zum Nachdenken an, und das ist auch gut so.

Abschließend bleibt Die Jagd ein starkes Drama über Pädophilie, Gerüchte und Vorurteile.
Mads Mikkelsen schlüpft hier in eine seiner besten Rollen, wenn es nach mir geht ist Die Jagd bisher gar sein bester Film. Mich hat seine schauspielerische Leistung hier wirklich mehr als nur überzeugt! Eine solche Glaubhaftigkeit und Authentizität an den Tag zu legen, wo wirklich JEDES klitzekleine Gefühl dem wahren Leben unfassbar nahe kommt, verdient jedes Lob und jeden Preis der Welt. Diese Rolle passte perfekt zu Mikkelsen, der hier wiedermal zeigte, warum er zu den besten gehört und manchmal leider vielleicht noch etwas zu unterschätzt wird. Eine äußerst intensive, emotionale und nebenbei bemerkt mit Sicherheit NICHT leicht zu spielende Rolle. Respekt!

In dem Sinne, Happy Birthday, Mads Mikkelsen!

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Lest mehr von uns nächsten Monat:
Im Dezember beschenken wir den grandiosen Steve Buscemi .

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Was haltet ihr von unserem Geburtstagskind Mads Mikkelsen?

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