Tote Geisterjäger und stereotype Castingleichen

01.03.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Tote Geisterjäger und stereotype Castingleichen
Warner/moviepilot
Tote Geisterjäger und stereotype Castingleichen
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Zwei Aufreger zum Preis von keinem: Es folgt ein kurzes Vorwort über die menschlichen Verluste im noch jungen aber erbarmungslosen 2014 und danach ein Appell an uns alle, nicht jedes Mal wie verzogene Gören aufzuschreien, wenn ein Casting nicht den eigenen Klischeevorstellungen entspricht.

Bevor wir uns dem eigentlichen Aufreger der Woche widmen, möchte ich kurz meine Bestürzung über die ersten zwei Monate des noch jungen Jahres loswerden und über die unwiederbringlichen, menschlichen Verluste, die uns das Jahr bereits zugefügt hat. Saul Zaentz (92, Produzent Einer flog über das Kuckucksnest, Amadeus), Arthur Rankin Jr. (89, Produzent/Regisseur Das letzte Einhorn, Thundercats), John Henson (Puppenspieler, Sohn von Jim Henson), Maximilian Schell (83, selbsterklärend, Das Urteil von Nürnberg, Das schwarze Loch), Philip Seymour Hoffman (46, selbsterklärend, Magnolia, Capote) und erst vor Kurzem Harold Ramis (69, ebenfalls selbsterklärend, Ghostbusters – Die Geisterjäger, Und täglich grüßt das Murmeltier). Jeder Einzelne von ihnen – und alle, die an dieser Stelle nicht genannt wurden, stellvertretend zum Beispiel Shirley Temple – stellt eine einzigartige Kerbe in der Planke der Filmgeschichte dar.

Viele von ihnen lebten ein langes, erfolgreiches und hoffentlich erfülltes Leben. Aber schmälert das den Verlust wirklich? Selbes gilt schließlich auch für Ennio Morricone, Clint Eastwood, John Williams oder Woody Allen, allesamt stehen sie kurz vor oder knapp über der goldenen 80 und gerade aus diesem Grund fürchte ich den Tag, an dem der erste von ihnen für seine letzte Schlagzeile sorgen wird – oder “ihre”, vergessen wir nicht beispielsweise die ewig junge und bezaubernde Betty White. Innerlich versuche ich mich zwar auf das Unausweichliche vorzubereiten, aber das ist kaum mehr als eine Selbsttäuschung. Der Schock bei den Todesmeldungen wird mich trotzdem treffen wie der Kloß im Hals, wenn ich den “In Memoriam” Einspieler der Oscarverleihung verfolge, was morgen besonders ergreifend werden dürfte, wenn noch die Verluste von 2013 hinzugezählt werden wie etwa Wojciech Kilar, Ray Harryhausen oder Peter O’Toole. 2013 war in mehrerlei Hinsicht ein trauriges Filmjahr und 2014 scheint dies noch überbieten zu wollen.

Ein Aufreger ist nicht genug
So nahe einem plötzliche Todesfälle von lieb gewonnenen Filmemachern auch gehen, sind sie unausweichlich und entziehen sich unserer Kontrolle. Was dagegen sehr wohl in unserem Einflussbereich liegt, ist wie und wann wir mit gespitzten Mistgabeln und brennenden Fackeln auf die verbliebenen Filmemacher und Schauspieler losgehen. Besonders wenn sie seltene Anflüge von Kreativität in ihren Castingentscheidungen zeigen. Ich würde gerne glauben, dass es einfach nur eine Frage der Reife und des Alters ist, wenn Filmfans auf die Barrikaden steigen, obwohl sie außer einer phrasendreschenden Pressemitteilung noch nichts von dem Projekt, geschweige denn von den Schauspielern gesehen haben. Aber nach dem sich die Geschichte seit der Etablierung des digitalen Äthers immer und immer wieder wiederholt und dennoch keine Besserung in Sicht ist, frage ich mich ernsthaft: Sind wir einfach zu blöd?

2008 war in dieser Hinsicht ein denkwürdiges Jahr. Als Christopher Nolan sein The Dark Knight in die Kinos brachte, lagen bereits etliche Monate voller wüster Beschimpfungen und Fäkaltornados hinter dem Regisseur und seinem zweiten Hauptdarsteller. Schönling und Frauenschwarm Heath Ledger sollte in die überdimensionalen Fußstapfen von Jack Nicholson treten und Nolan setzte sein vollstes Vertrauen in den Beau. Doch der Mob wusste es besser. “Hell NOOOOOOO”, “Das ist falsch auf nur jegliche erdenkliche Art” oder “Der Film kann nichts werden, solange der Typ dabei ist” waren einige der Reaktionen, die wohl direkt aus den Glaskugeln der Fans stammen mussten. Danach wurde es ruhig, regelrecht kleinlaut als Ledger vor den Augen der Welt die Rolle seines Lebens verkörperte. Fortan wollten alle schon immer gewusst haben, dass Ledger der ideale, gar einzigartige Kandidat für den Joker war.

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