The Walking Dead - Wir schauen Staffel 6, Episode 10

23.02.2016 - 10:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Spencer (Austin Nichols)AMC
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Nach der spektakulären Rückkehr aus der Winterpause geht The Walking Dead mit der 10. Episode der 6. Staffel richtig stark weiter. The Next World erzählt von einer guten Welt. Die Frage ist nur, wie lange diese bestehen wird.

"I want to show you the new world, Carl." Ricks (Andrew Lincoln) jüngste Worte an seinen Sohn (Chandler Riggs) hatten die zentrale Vater-Sohn-Beziehung in The Walking Dead nach Wochen der Vernachlässigung auf ein völlig neues Level katapultiert. Selten waren Verzweiflung und Hoffnung so dicht beieinander wie in den finalen Minuten von No Way Out. Die Tragik war förmlich greifbar in der Luft und zum ersten Mal nach langer Zeit offenbarte Rick wieder seine zerbrechlichste Seite.

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Wo zu Beginn der 6. Staffel gänzlich unklar war, ob er weiterhin als Anführer der Gruppe taugt oder dezent dem Wahnsinn verfällt, können wir uns seit der Rückkehr aus der Winterpause sicher sein, dass die Hauptfigur der Serie ein bodenständigeres Kapitel in ihrem Leben aufgeschlagen hat: The Next World, wie es die 10. Episode der 6. Staffel von The Walking Dead bereits in ihrem Titel zum Ausdruck bringt.

You've still got family, and you've still got a home.

Nach dem Schock vergangene Woche beginnt The Next World mit entspannten Tönen. More Than A Feeling  von Boston erklingt im Hintergrund, während Rick in einen neuen Tag startet. Baby Judith steht ein lebensfrohes Lächeln ins Gesicht geschrieben und selbst Carl hat den Verlust seines rechten Auges ohne weitere Rückschläge überlebt. Dazu sorgt Michonnes (Danai Gurira) Präsenz für die Erfüllung mütterlicher Sehnsüchte - als wären die vier Überlebenden eine glückliche Familie. Ungewohnt unbeschwert scheint dieser Einstieg, doch können wir den sonnigen Bildern trauen? Nicht zuletzt offerierte uns das Midseason-Finale, Start to Finish, einen vergleichbar fröhlichen Einstieg, der sich letzten Endes allerdings im puren Grauen auflöste. Entgegengesetzt jeglicher Erwartungen verzichtet das Autoren-Team Angela Kang und Corey Reed aber auf eine bittere Auflösung der Idylle. Die Welt ist (gerade) gut, ungewohnt gut.

Zwei Monate sind seit dem Verlust der Anderson-Familie vergangen und Alexandria erstrahlt im neuen Glanz. Obwohl die Safe Zone kürzlich erst in Flammen stand, ist die beschauliche Siedlung wie ein Phönix aus der Asche gestiegen. Ein paar Beißer lassen sich außerhalb der Mauer blicken, insgesamt wirken sie mittlerweile jedoch ungefährlicher denn je. Träge streifen sie durch die Gräser, wie vergessene Randgestalten auf einer einsamen Straße. Von Angst und Gefahr gibt es keine Anzeichen, stattdessen rollt The Next World einen Alltag aus, der in seiner Routine schon so "langweilig" geworden ist, dass Denise (Merritt Wever) Daryl (Norman Reedus) in aller Ruhe eine Liste mit Dingen für den nächsten Versorgungslauf gibt, als würde es sich um einen gewöhnlichen Einkaufszettel handeln. Sogar ein Luxuswunsch hat es in die Auflistung geschafft: Orangenlimonade. Denise will Tara (Alanna Masterson) überraschen, mit der sie unterdessen zusammen ist. Ein schönes Detail, das sich - später in Form von Dosen - ganz beiläufig durch die Episode zieht.

Begleitet von Ronnie Dees fetzigem Song Action Packed  machen sich Daryl und Rick auf den Weg und brausen mit ihrem Transporter die Landstraße entlang. Problemlos finden sie alle benötigten Sachen - auch die Orangenlimonade! Doch dann kreuzen sich ihre Wege mit einem vor Zombies wegrennenden Mann, der sich als Paul Rovia (Tom Payne) vorstellt und im gleichen Atemzug ergänzt, dass er von seinen Freunden einfach Jesus genannt wird. "How many walkers have you ...", Rick wird von Daryl unterbrochen, bevor er seine drei Standardfragen überhaupt zu Ende aufsagen kann. Ob Jesus ein Freund oder ein Feind ist, bleibt an dieser Stelle unklar - erst, als er sich mit einem fiesen Trick des Transporters bemächtigt, eröffnen Rick und Daryl die Jagd. Sie rennen den roten Rücklichtern des Wagens hinterher, bis sie den Flüchtenden eingeholt haben. Gekonnt spielen Angela Kang und Corey Reed mit den Erwartungen der Comic-Leser, denn dort ist Jesus längst kein unbeschriebenes Blatt mehr.

Auf welcher Seite der Neuankömmling im The Walking Dead-Universum genau steht, klären Angela Kang und Corey Reed auch zum Schluss nicht, was allerdings überhaupt nicht schlimm ist. Dazu bereitet die Verfolgungsjagd und das Ringen um, auf und im Transporter viel zu viel Spaß. Ja, so verspielt und treffend hat sich die Serie schon lange keiner neuen Figur mehr angenähert. Besonders gelungen dabei: die Integration von Rick und Daryl, die in der sechsten Staffel bis dato kaum miteinander interagieren durften. Wo auf der einen Seite Jesus erste Charakterzüge erhält, bekommt das altbekannte Duo die Möglichkeit, sich erneut im Teamspiel zu beweisen - inklusive rotziger One-liner seitens Daryl: "So long, you prick!" Damit außerdem die Stimmung nicht kippt, geben Old 97s mit If My Heart Was A Car  ihr Bestes. Da kamen fast Erinnerungen  an die Abenteuer mit dem Dharma-Van in Lost hoch. Erfolg und Niederlage gehen Hand in Hand: Daryl und Rick können Jesus endlich k. o. schlagen, gleichzeitig rutscht der fahrbare Untersatz in den nächstgelegenen Fluss.

In der Zwischenzeit bemerkt Michonne, dass sich Spencer (Austin Nichols) aus Alexandria schleicht und in den Wald verschwindet. Dieser glaubt, seine Mutter gesehen zu haben - und tatsächlich: Deanna (Tovah Feldshuh) meldet sich in zombifizierter Form auf der Bildfläche zurück. Der endgültige Abschied fällt schwer und bringt die beiden ins Gespräch. "She said I still knew my way. I never knew my way", gesteht Spencer gänzlich aufgelöst in Michonnes Gegenwart, die ihm eine neue Perspektive am Ende aller Tage eröffnet. Abseits davon streifen auch Carl und Enid (Katelyn Nacon) durch den Wald. "We're not kids", lautet das nüchterne Fazit beim Gedankenaustausch, der sich - ähnlich wie die Unterhaltung zwischen Spencer und Michonne - in erster Linie um die Sehnsucht nach einem Zuhause dreht, das ihnen im stillen Ausklang der Episode entgegen jeglichem Zynismus gewährt wird.

Erschöpft fällt Rick auf die Couch. Ein langer Tag liegt hinter ihm, als käme er von der Arbeit zurück. "It's good to be home", teilt er Michonne zufrieden mit. Später fügt er ein "crazy day" hinzu, will aber weiter nicht darüber reden. "I just want to turn my brain off for a minute." In dieser Aussage verbirgt sich das schlichte Glück der Stunde: Rick geht es nicht darum, Abstand zum Grauen der Welt zu gewinnen, das er in den letzten Monaten und Jahren erlebt hat. Stattdessen ist es der Alltag, der sich wieder eingependelt und ihn dermaßen geschafft hat, dass ihm beim Reden beinahe die Augen zufallen. Dann berühren sich Ricks und Michonnes Hände und es folgt ein Kuss, der so lange auf sich hat warten lassen und nun, wo er eingetreten ist, dennoch etwas unerwartet kam. Es ist ein sanfter Moment, ein friedvoller Moment, ein leidenschaftlicher Moment: The New World.

Anmerkungen am Rande:

  • Nachdem mit Jessie (Alexandra Breckenridge) Ricks letztes Love Interest gestorben ist, steht nun Michonne an seiner Seite. Diese Entwicklung wurde lange, wirklich sehr lange vorbereitet. Dementsprechend dürfen wir sehr gespannt sein, was die Autoren als Nächstes mit den beiden Figuren vorhaben.
  • Von Negan (Jeffrey Dean Morgan) gibt es immer noch nichts zu sehen. Dafür bevölkert fortan Jesus die postapokalyptische Welt. Ich glaube, The Walking Dead steuert gerade auf etwas richtig Großes zu.
  • Maggie (Lauren Cohan) hat ein ernstes Wörtchen mit Enid zu reden: "Everybody's been working for weeks to get this place back together and you just disappear."
  • The New World grenzt einige Figuren aus der Handlung aus, so zum Beispiel Carol (Melissa McBride) und Morgan (Lennie James). Das ist aber überhaupt nicht schlimm, denn die Episode funktioniert mit ihrem wohl gewählten Teil-Ensemble erstaunlich gut und reiht sich bisher insgesamt unter die besten ihrer Gattung ein.
  • The Walking Dead und populäre Musik? Das war in Vergangenheit selten eine schlechte Kombination. Auch The New World zehrt sehr von diesem Stilmittel.
  • "You have a good day?" - "I guess so."

Was bisher geschah:

The Walking Dead - Staffel 6, Folge 1: First Time Again
The Walking Dead - Staffel 6, Folge 2: JSS
The Walking Dead - Staffel 6, Folge 3: Thank You
The Walking Dead - Staffel 6, Folge 4: Here's Not Here
The Walking Dead - Staffel 6, Folge 5: Now
The Walking Dead - Staffel 6, Folge 6: Alway Accountable
The Walking Dead - Staffel 6, Folge 7: Heads Up
The Walking Dead - Staffel 6, Folge 8: Start to Finish
The Walking Dead - Staffel 6, Folge 9: No Way Out

Die 6. Staffel von The Walking Dead läuft in Deutschland beim Pay-TV-Sender FOX .

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