Komplett nutzlos: Das MCU verschwendet Spider-Man aufs Sträflichste

07.07.2019 - 10:00 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Spider-Man: Far From HomeSony
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Spider-Mans Aufnahme ins MCU war finanziell ein Erfolg. In Far From Home kommen die Schattenseiten des Deals zwischen Sony und Marvel aber deutlich zum Ausdruck.

Achtung, Spoiler zu Spider-Man: Far From Home: Endlich ist er im Marvel Cinematic Universe. Seit The First Avenger: Civil War schwingt Spider-Man durch Hollywoods aktuell größtes Franchise und erlebt an den Kinokassen einen Höhenflug nach dem anderen. Mal in Form eines Solofilms wie Spider-Man: Homecoming, mal an der Seite der Avengers in Infinity War und Endgame.

Marvel hat Spider-Man bei sich aufgenommen, nachdem Sony mit seinen Plänen zum Ausbau der Nachbarschaft jener freundlichen Spinne am Box Office scheiterte. Nach The Amazing Spider-Man 2 sollte ein ganzes Spidey-Verse mit Sequels und Spin-offs  folgen. Das Einspielergebnis erfüllte jedoch keineswegs die Erwartungen des Studios - eine Menge Improvisation war nötig.

Die wichtigsten Beobachtungen zu Spider-Man: Far From Home

  • Das Ergebnis des Konflikts war ein Fünf-Filme-Deal mit der Konkurrenz: Marvel würde fortan den heimgekehrten Helden kreativ betreuen, während Sony den weltweiten Vertrieb der Einzelabenteuer übernimmt.
  • Wenngleich die Aufnahme von Spider-Man ins MCU spielerisch vonstattenging, zementiert Spider-Man: Far From Home ein ernüchterndes Fazit: Der junge Peter Parker gerät im MCU unter die Räder.
Spider-Man: Far From Home

In Spider-Man: Homecoming hat es sich bereits angedeutet. Während der erste Solofilm mit Tom Hollands jungem Peter Parker auf den ersten Blick mit seinem sympathischen Highschool-Setting inklusive John Hughes-Anleihen und einem unerwarteten Twist in puncto Bösewicht entzückte, kristallisierte sich schnell heraus, dass der Film über die ausgestellte Fassade nur wenig Eigenleben besitzt.

Mehrmals platzte Iron Man (Robert Downey Jr.) ins Bild und wurde halbherzig als Onkel Ben-Ersatz etabliert, richtig vertieft wurde die Beziehung zwischen den beiden aber nur bedingt. Vielmehr fühlte es sich so an, als versteckt sich hinter der Iron Man-Maske niemand Geringeres als MCU-Chef Kevin Feige, der als wahrer Vulture mit Adleraugen über seiner neusten Akquisition kreist und alles kontrollieren möchte.

Der MCU-Spidey hat keine Lust, sich in seine Themen zu vertiefen

Der Titel bringt das von Kevin Feige befeuerte Narrativ perfekt zum Ausdruck: Spider-Man kehrt nach Hause zurück, wo er endlich mit der Superheldenfamilie vereint wird, die er verdient. Abseits ordentlicher Box Office-Zahlen wusste das Studio Peter Parkers Geschichte allerdings kaum neue Facetten hinzuzufügen, die nicht schon viel besser in vorherigen Spider-Man-Filmen erforscht wurden.

Stattdessen wurde Spider-Man von der MCU-Maschine verschluckt und konnte keinem der perfekt geölten Zahnräder mit seinem Spinnensinn trotzen. Selbst der Hoffnungsschimmer am Ende von Homecoming, wenn Spider-Man das Avengers-Angebot ausschlägt, ist in den ersten Minuten von Avengers 3: Infinity War im Angesicht des Tohuwabohus wieder vergessen.

Spider-Man: Far From Home

In Spider-Man: Far From Home wird Peter Parker nun mit dem Erbe von Iron Man konfrontiert und muss darüber hinaus seine gesamte Existenz infrage stellen. Die Zweifel eines Coming-of-Age-Films projiziert die Fortsetzung auf eine aus den Fugen geratene Welt, von dem wenig subtil einstreuten Diskurs über Digitalisierung und Fake News ganz zu schweigen.

Spannend sind sie fraglos, die Themen, die sich in Tom Hollands Spider-Man-Filmen verstecken. Munter jongliert das Drehbuch sowohl mit zentralen Spider-Man- als auch Avengers-Motiven. Umso enttäuschender gestaltet sich aber der Umstand, dass all die Gedanken nur an der Oberfläche gestreift und nie zu Ende gedacht werden, denn da wartet schon die Post-Credit-Szene fürs nächste Abenteuer.

Dem MCU-Spidey fehlen die starken Bilder anderer Spidey-Filme

Mehr als popkulturelle Referenzen hat der neue Spidey nicht auf Lager. Schnell verdaulich und flankiert von deutlich aufregenderen Filmen begnügen sich Jon Watts' bisherige MCU-Einträge damit, einfach irgendwie nett zu sein, ohne je auf den Gedanken zu kommen, eine mitreißende, eigenständige Geschichte zu erzählen, die zudem von einer starken Bildsprache und Inszenierung untermauert wird.

An diesem Punkt offenbart sich das wohl größte Versäumnis des MCU-Spideys, der völlig machtlos gegen den House Style des Franchise ist und gerade nach Spider-Man: A New Universe zur riesigen Enttäuschung verkommt. In Sonys Animationsabenteuer erwachten die Seiten eines Comics plötzlich in verblüffenden Formen und Farben zum Leben - ein einnehmender Bilderreigen voller pulsierender Eindrücke.

Spider-Man: A New Universe

Sam Raimi und Marc Webb wussten mit ihren vorherigen Live-Action-Verfilmungen des Wandkrabblers die Faszination für Bewegung in atemberaubenden Sequenzen zu bündeln, die nicht nur der audiovisuellen Überwältigung, sondern ebenfalls dem Herz der Figuren und der Geschichte verschrieben waren. Dem MCU-Spidey fehlt es an inszenatorischer Finesse, genauso wie an einer eigenen Identität.

Spider-Man: Far From Home setzt sich (außer in der Mysterio-Sequenz) ausschließlich aus bekannten MCU-Versatzstücken zusammen und hinterlässt nicht mehr als ein schwammiges, matschiges Bild mit vielen Dingen, die gleichzeitig passieren, aber keines, das sich ins Gedächtnis brennt. Hier existieren keine herausragenden Momente, die aus der Kraft des Kinos schöpfen und eine unverwechselbare Dynamik entwickeln.

Der MCU-Spidey ist im MCU einfach nur da, komplett machtlos

Die Begeisterung, mit der Andrew Garfield durch die Häuserschluchten von New York schwingt, die Neugier, mit der Tobey Maguire selbst nach der größten Niederlage die Stadt erkundete, und die Virtuosität, mit der A New Universe die Leinwand zum Vibrieren bringt: Spider-Man stand in den vergangenen zwei Dekaden vor allem für ein Blockbuster-Kino voller eindrucksvoller, unvergesslicher Bewegungen.

Seitdem Peter Parker an der Seite von Tony Stark das MCU entdecken darf, fühlen sich seine Abenteuer allerdings steril und glatt an. Den Bildern fehlt jegliche Tiefe in einer Wüste austauschbarer Aufnahmen, die ihre Größe durch wilde Spezialeffekte behaupten müssen, doch selbst dann vergessen, diese effektiv in Szene zu setzen. Spider-Man ist im MCU nur noch da - der Vollständigkeit halber.

Was war euer Eindruck nach Spider-Man: Far From Home?

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