Scheitern auf höchstem Niveau

15.01.2010 - 15:00 Uhr
Würdet Ihr diesen Ganoven die Durchführung Eures Masterplanes anvertrauen?
Concorde
Würdet Ihr diesen Ganoven die Durchführung Eures Masterplanes anvertrauen?
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Die Filme der Coen Brothers Ethan und Joel leben vor allen von ihren exzentrischen Charakteren: Was immer sie anfassen, es geht garantiert schief. Ein zusammenfassender Blick auf den pessimistischen Humor der Regie-Brüder.

“Ja; mach nur einen Plan – sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch ´nen zweiten Plan – gehn tun sie beide nicht.”

Diese Worte aus der Dreigroschenoper scheinen die Coen-Brüder Ethan Coen und Joel Coen, beim Verfassen ihrer Drehbücher in Endlos-Schleife zu hören. Mit Genuss führen sie uns in ihren Filmen Menschen vor, die sich Pläne und Entwürfe machen, bei der Umsetzung aber merken müssen, dass immer etwas dazwischen kommt – und meistens nichts Gutes.

Achtung, dieser Text besteht aus Spoilern.

Verbrechen zahlt sich nicht aus…
Besonders vor kleinkriminellen Ambitionen raten uns die Coen-Filme ab. In Fargo plant der verschuldete Gebrauchtwagenverkäufer Jerry Lundegaard (William H. Macy), die Entführung seiner Frau zu inszenieren und sich mit den Entführern das Lösegeld zu teilen. Dumm nur, wenn er für diese heikle Aufgabe zwei Vollidioten wie Steve Buscemi und Peter Stormare engagiert. Am Ende ist die Frau tot und Jerry wird verhaftet. Einen ähnlichen Kidnapping-Plan hatten auch Bunny und ihre Nihilistenfreunde in The Big Lebowski. Leider hat ihr Mann nicht vor, das Lösegeld zu bezahlen, sondern will selbst Gewinn aus der Entführung schlagen. Am Ende gehen alle leer aus, das Auto vom Dude steht in Flammen und sein Bowlingkumpel stirbt an einer Herzattacke.

Selbst professionelle Gangster mit cleveren Plänen scheitern an der Unvorhersehbarkeit der Ereignisse. Tom Hanks professionelle Einbrecherbande aus The Ladykillers muss sich nach zahlreichen Verlusten in den eigenen Reihen einer alten Dame geschlagen geben. Auch der perfide Mordplan aus Blood Simple kostet zuletzt dem Killer selbst das Leben. Selbst moralische Gangster scheitern: Als der Mafiosi Tom in Miller’s Crossing plötzlich Mitleid bekommt und einen Kleingangster, den er hinrichten soll, am Leben lässt, zeigt sich dieser gar nicht dankbar und die Probleme fangen erst richtig an.

…Ehrlichkeit aber auch nicht
Wer meint, dass er als unbescholtener Bürger nichts von den Coen-Brüdern zu befürchten hat, irrt allerdings auch. No Country for Old Men sterben die Unschuldigen wie fliegen, während der Mörder unbehelligt bleibt. Selbst der clevere Held Moss (Josh Brolin), der gerade noch plante, den Mörder Chigurh (Javier Bardem) selbst zum Gejagten zu machen, liegt ohne Vorwarnung tot im Hotel. Da sollten wir es lieber Tommy Lee Jones gleichtun, in Rente gehen, und das Haus nicht mehr verlassen.

Und die Polizei? Von der ist leider nichts zu erwarten. Marge (Frances McDormand) aus Fargo ermittelt zwar recht clever, würde aber viel lieber mit ihrem Mann Norman im Bett liegen und fernsehen. Sie kommt den Entführern erst auf die Schliche, als die Leichen bereits durchgeschreddert wurden. Auch der desillusionierte Sheriff aus No Country for Old Men kann nichts anderes tun, als Stunden später die Toten zu zählen. Von Ermittlungserfolgen fehlt jede Spur. Die schwächste Vorstellung liefert allerdings die CIA in Burn After Reading – Wer verbrennt sich hier die Finger?: Obwohl die Organisation für ihre maßlose Neugier und Spionagewut berüchtigt ist, will der Chef (J.K. Simmons) am liebsten gar nichts von den blutigen Vorgängen wissen. Er ist maßlos erleichtert, als alle Zeugen endlich tot sind und er den Fall vergessen kann. Aufklärung? Kein Interesse. Die Polizisten in den Coen-Brüder-Filmen wollen vor allem eines: ihre Ruhe haben.

Also helfe uns Gott! Oder?
Bei so einer müden Polizei bleibt die Aufgabe, für Gerechtigkeit zu sorgen, wohl am Allmächtigen hängen. Doch halt! Dieser hat anscheinend auch Besseres zu tun. Nachdem Chigurh in No Country for Old Men die letzte Unschuldige um die Ecke gebracht hatte, wird er in einen Autounfall verwickelt. Der Zuschauer denkt sich: ‘Jawohl! Wenigstens das unentrinnbare Schicksal macht dem Killer einen Strich durch die Rechnung.’ Doch Chigurh hat sich nur den Arm gebrochen. Der Unfall war nur ein unangenehmer Zufall, eine unerwartete Pause und nicht mehr: Wir sind nun einmal ganz auf uns allein gestellt.

Das Fazit: Solltet Ihr je im Coen-Universum aufwachen, ist es besser, Ihr verlasst das Haus nicht! Und solltet Ihr je glauben, dass Ihr eine gute Idee habt, die unmöglich schiefgehen kann – dann lasst es bleiben. Mehr Informationen zum Film findet ihr wie immer im Tobis Filmclub. Und das Scheitern des neuesten Coen-Helden seht ihr ab kommendem Donnerstag im Kino, wenn A Serious Man anläuft

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