Vor Kurzem ist der erste Teaser Trailer zu Jon Favreaus Neuververfilmung Der König der Löwen erschienen. Der Film wird seinen deutschen Kinostart im nächsten Sommer, am 18.07.2019, feiern. Doch im Zuge der zahlreichen neuen Disney-Realverfilmungen stellt sich sicherlich nicht nur mir die Frage, was genau der neue Film nun eigentlich sein will. Passt er noch in die Reihe von Disneys Live Action-Remakes? Oder sollten wir ihn als reinen Animationsfilm verbuchen?
Disneys König der Löwen-Remake: Live Action oder Animationsspektakel?
Das Einzige, auf das sich wohl alle von Anfang an einigen können, ist der Fakt, dass Der König der Löwen ein klares Remake des Zeichentrickklassikers Der König der Löwen aus dem Jahr 1994 ist. Bei all den Ähnlichkeiten zwischen Original und Remake, die im Trailer zu sehen waren, steht das außer Frage. Ob ein solches Remake nun als Disneys abgeflachte Kreativität wahrgenommen wird oder doch vorsichtige Vorfreude auslöst, ist jedem selbst überlassen, doch es bleibt die Verwirrung um die Film-Machart.
Im Zusammenhang mit Der König der Löwen hat Disney nie selbst von einem Live Action-Remake gesprochen. In der Disney-Pressemitteilung aus dem Jahr 2016 war lediglich von einem "technologisch bahnbrechenden" Anknüpfen an The Jungle Book die Rede. Doch nach den neusten Realfilm-Remakes bekannter Disney-Klassiker wie Maleficent, Cinderella und Die Schöne und das Biest (sowie den noch anstehenden Filmen Dumbo und Aladdin) hat sich die Vorstellung einer Realverfilmung in den Köpfen der Zuschauer fest eingenistet. Das ging sogar so weit, dass letztes Jahr ein Konstrukteur animatronischer Puppen sich die allgemeine Unsicherheit mit einem falschen Löwen zunutze machte.
Klarheit schaffen: Der König der Löwen ist ausschließlich animiert
Nennen wir das Kind also beim Namen: Der König der Löwen ist ein Animationsfilm, dabei allerdings so fotorealistisch, dass er kaum noch von der Realität unterscheidbar ist. "Gedreht" wurde das Disney-Remake ausschließlich in einem Bluescreen-Studio bzw. am Computer. Soll heißen: Jon Favreau nutzte VR-Werkzeuge, sodass er in seine virtuelle Realität aus verschiedenen filmischen Perspektiven mit einem traditionellen Kamera-Ansatz eintauchen konnte.
Keiner der menschlichen König der Löwen-Sprecher hat in einem Studio vor einem grünen oder blauen Hintergrund mit aufgeklebten Gesichtspunkten im Motion Capture-Verfahren einen Löwen oder ein anderes Tier nachgespielt (wie es noch Benedict Cumberbatch als Drache Smaug im zweiten Hobbit-Film tat). Aber die Kamerabewegungen innerhalb der animierten afrikanischen Savanne sind durchaus real. Die Landschaften wirken im Trailer überhaupt so echt, als hätte das König der Löwen-Remake sich ein Beispiel an Disneys Dinosaurier aus dem Jahr 2000 genommen, in dem CGI-Dinos in eine reale Umgebung gesetzt wurden. Doch soweit bisher bekannt ist, besitzt das König der Löwen-Remake weder reale Landschaften noch Motion Capture von Personen.
Der realistisch animierte König der Löwen: Ein Abschied vom Schubladendenken
Es werden schon lange am Computer erschaffene Figuren in reale Filme integriert (selbst vor 20 Jahren gab es schon Stuart Little). Doch wann schlägt ein Hybrid aus Real- und Animationsfilm zu einer bestimmten Seite um und gehört plötzlich nicht länger dem einen oder anderen Lager an? Die Washington Post verweist darauf, dass schon bei dem zu großen Teilen animierten Avatar - Aufbruch nach Pandora eine ähnliche Debatte aufgekommen war.
Das bedeutet: Der König der Löwen bringt damit nur erneut einen Trend bei Kinofilmen weiter auf den Punkt: die zunehmend undeutliche Trennschärfe zwischen Realität und Animation. Mogli war im Dschungelbuch-Remake als einziger Mensch noch der letzte Anker zur gefilmten Realität. Doch im König der Löwen-Film gibt es keine Menschen. Umgekehrt lässt sich durch das Aufkommen von Motion Capture-Techniken beim Filmdreh fragen: Sollten wir Andy Serkis' Darbietung als Gollum oder Planet der Affen-Primat Cesar weniger würdigen, weil sie in ein Computerbild übersetzt wurde? Und sind solche Misch-Ergebnisse reine Animation? In Zeiten, in denen sogar Schauspieler digital verjüngt werden können, ist das Wort Realismus sowieso ein dehnbarer Begriff geworden.
Die Grenzen verwischen und wir müssen uns fragen, wie weit eine Einordung tatsächlich noch notwendig bzw. sinnvoll ist. Vielleicht sollten wir mit der sich ständig weiterentwickelnden Filmtechnik unser Schubladen-Denken aufgeben. Müssen wir einem teils oder ganz am Computer entstandenen Film wirklich auf Teufel komm raus ein Etikett verpassen oder ihn in einer Kategorie einsortieren, um ihn richtig fassen zu können? Das König der Löwen-Remake hat seine schwierige Zuordnung zumindest nicht davon abgehalten, Trailer-Rekorde zu brechen.
CGI-Experte Robert Legato fasste die erwartete Unsicherheit der König der Löwen-Zuschauer schon letztes Jahr gegenüber dem Hollywood Reporter mit einer klaren Ansage zusammen:
Die Möglichkeit, [am Computer] alles nachzubilden und wirklichkeitsgetreu neu zu erschaffen, ist die Zukunft des Kinos. Dir soll nicht bewusst sein, dass wir einen Computer benutzt haben, um einen Film herzustellen. Du musst es wie eine Kamera behandeln [...] andernfalls lenkt es dich von der Geschichte ab. Ich will kein Spektakel visueller Effekte machen sondern einen Film.
Alles, was wir zum König der Löwen-Remake wissen, findet ihr in unserer Übersicht zusammengestellt.
Hat euch die Frage beschäftigt, ob Der König der Löwen ein Animationsfilm oder Live Action-Film ist?