Christopher Lee - Dracula und so viel mehr

12.06.2015 - 09:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Christopher Lee als Dracula
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Christopher Lee als Dracula
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Am Wochenende starb Christopher Lee im Alter von 93 Jahren. Wir blicken auf das Lebenswerk der Horror-Ikone, die das Genre-Kino nicht nur als Dracula prägte und immer wieder mit neuen Facetten überraschte.

Dracula, Saruman, Scaramanga, Dr. Fu Manchu, Count Dooku, aber auch Synchronsprecher, Fernsehmoderator, Metalsänger: Christopher Lee war nicht nur ein Mann vieler großer Rollen und Talente, sondern auch bis ins höchste Alter neuen Dingen gegenüber aufgeschlossen.

Geboren in London als Christopher Frank Carrandini Lee, musste er das College wegen finanzieller Schwierigkeiten seiner Mutter nach der Scheidung von ihrem zweiten Mann vorzeitig verlassen und schlug sich durch, bis er 1941 in die britische Armee eintrat. Nach dem Krieg machte er dann die Schauspielerei zu seinem Beruf, hielt sich mit kleineren Rollen über Wasser und musste sich wieder und wieder anhören, "zu unerfahren, zu groß und zu fremdländisch aussehend" zu sein (so zitiert The Hammer Story Lee).

Umso größer der Kontrast, als er Ende der 1950er-Jahre mit nur zwei Rollen zur Horror-Ikone wurde: Als zusammengestückeltes Monster in Frankensteins Fluch und blutsaugender Graf in Dracula war er neben Peter Cushing der Star des Horror-Revivals der britischen Hammer Films. Während er als Frankensteins Monster ebenso wie Boris Karloff auch Mitleid hervorrief, war er als Dracula das pure Böse: Nicht verführerisch-vornehm wie Bela Lugosi, sondern die Verkörperung von Sex und Gewalt. Wie das Original in Bram Stokers Roman war er kein romantischer Liebhaber, sondern eine animalische, triebgesteuerte Kreatur, die kaum etwas sagte, sondern lieber tödliche Blicke, bluttriefende Eckzähne und die Fäuste sprechen ließ.

Während Lee und Cushing danach noch in zahlreichen Hammer-Filmen wie Der Hund von Baskerville, Der Fluch der Mumie und Dracula jagt Mini-Mädchen sowie anderen Horror-Produktionen zu einem der großen Antagonisten-Paare der Leinwand wurden, verband sie privat eine enge Freundschaft. Auch alleine war Lee bei Hammer meist auf die Rolle des Bösewichts abonniert (ganze sieben Mal trat er als Dracula auf), in Die Braut des Teufels durfte er als Okkultismus-Experte Duc de Richleau aber auch mal auf der Seite der Guten stehen.

Zwar war Lee stets darauf bedacht, auch Rollen außerhalb des Horror-Genres anzunehmen, trotzdem gehörte er wie Peter Cushing bald zum Inventar des Schauerkinos. Hammer-Konkurrent Amicus setzte ihn in einigen ihrer Episodengrusler wie Die Todeskarten des Dr. Schreck ein, im ungewöhnlichen The Wicker Man verstörte er als Herrscher über eine Insel voller Heiden, beginnend mit Ich, Dr. Fu Man Chu ließ er den legendär sadistischen Superschurken wieder aufbeben. Seinen Rollen gemein war aber stets ein gewisses aristokratisches Auftreten, was auch daran liegen könnte, dass seine Mutter einem alten italienischen Adelsgeschlecht entstammte.

Einen sehr viel weltlicheren Schurken gab Christopher Lee 1974 im Bond-Abenteuer Der Mann mit dem goldenen Colt: Als Francisco Scaramanga präsentierte er sich Roger Moores Geheimagent als dessen böses Spiegelbild und bestach daneben nicht nur durch die im Titellied besungene Treffsicherheit, sondern auch mit einer dritten Brustwarze.

Anerkennung im US-amerikanischen Kino wurde Lee schließlich durch Regisseure zuteil, die er in jungen Jahren mit seinen Horror-Rollen erschaudern ließ: Steven Spielberg besetzte ihn in 1941 - Wo bitte geht's nach Hollywood?, Joe Dante selbstironisch als finsteren Wissenschaftler in Gremlins II - Die Rückkehr der kleinen Monster, Tim Burton unter anderem in Sleepy Hollow.

Anfang der 2000er-Jahre wurde Christopher Lee dann abermals einer ganz neuen Kinogänger-Generation ein Begriff: In Peter Jacksons Der Herr der Ringe-Trilogie war er mit fast 80 Jahren die Idealbesetzung des zwielichtigen Zauberers Saruman. Und nachdem George Lucas einst Krieg der Sterne mit Peter Cushing als Moff Tarkin schmückte, holte er für Angriff der Klonkrieger und Die Rache der Sith Christopher Lee an Bord, um den Prequels als Count Dooku ein wenig finster-majestätischen Glanz zu verleihen. Eine seiner letzten Kinorollen spielte Lee abermals in Jacksons Tolkin-Welt, in Der Hobbit 3: Die Schlacht der Fünf Heere trat er noch einmal als Saruman auf.

Aber nicht nur auf der Leinwand brachte Lee seine Talente zum Einsatz: Seine markante Stimme nutzte er auch gelegentlich als Synchronsprecher, am berühmtesten wohl in Das letzte Einhorn als König Haggard, sowohl in der englischen als auch in der deutschen Version. In Deutschland trat er Anfang der 1990er gar als Mit-Gastgeber der Mystery-Reality-Show Wahre Wunder in Erscheinung.

Während andere Künstler schon weit vor Eintritt in ihr 90. Lebensjahrzehnt daran denken, das Experimentieren langsam einzustellen, ging Christopher Lee auch im hohen Alter noch neue Wege: War er zunächst nur als Sprecher auf Metal-Alben zu hören, brachte er 2010 und 2013 unter dem Namen Charlemagne zwei schwermetallische Konzeptalben heraus, auf denen er auch als Sänger aktiv wurde.

Nun ist Christopher Lee mit 93 Jahren gestorben, lebt aber in seinen zahllosen Monstern, Schurken und dem einen oder anderen Helden wohl auf ewig weiter. Das ist zwar ein Klischee, doch auf wen könnte es wohl eher zutreffen als auf den Schauspieler, der sich den Berühmtesten aller Untoten für immer zu eigen machte?

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