Better Call Saul - Staffel 3, Episode 3 im Recap

26.04.2017 - 10:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Better Call Saul - Staffel 3, Episode 3: Sunk CostsAMC
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In der neuen Folge von Better Call Saul geht alles seinen gewohnt großartigen Gang, auf dem Mike Gus Fring begegnet. Und wer es noch nicht bemerkt hat: Chuck ist ein Kotzbrocken.

Immerzu füllen die coolen Better Call Saul-Brüder die bis zur Leblosigkeit ausgedörrte Wüste mit erfrischender Geschäftigkeit. Die einsame Wüste öffnet sich ihnen bereitwillig, rollt ihrer Ankunft einen sandigen Teppich aus, um bald darauf mit ihrer verräterischen Leere jede noch so diskrete Bewegung und jeden noch so unscheinbaren Farbtupfer preiszugeben, wovon das Paar unter der New Mexico-Sonne ausgebleichter Sneaker mit Einschussloch in der Schnauze kaum noch welche aufweist. Auffällig wie Käfer auf einer Raufasertapetenwand nähern sich so zwei Autos Mike Ehrmantraut (Jonathan Banks).

Dem einen entsteigt das zweite Gesicht Gus Frings; die freundliche Gastronomiemaske, die Amerika-Maske im Grunde, hat er eingetauscht gegen das Pokerface des Drogenunternehmers. Beide Mienen verbindet eine geschäftliche Schärfe, die Gesten ähneln sich in ihrer Berechnung. Mike erträgt die Ankunft des Teufels mit der Ruhe, mit der er alles durchsteht, bis in den Tod. Man sieht hier nachfolgend, wie zwei Männer mit festen Werten und Vorstellungen ihre Interessen verhandeln, was ganz köstlich eingefangen ist. Es wird nur das Nötigste gesagt, aber in jeder Äußerung liegt die größtmögliche Semantik, die sich in eine Dialogzeile, auch in jene, die leer bleiben, pressen lässt. Die Begegnung kommuniziert mit Codes, die zwischen den drei Metern, die die Männer voneinander entfernt stehen, hin und herfliegen. Rührt sich Nachsicht in Frings Gesicht, entspannt sich Mikes.

It's not in my interest for Hector Salamanca to die - at this time.

Mike erlaubt sich im Zuge des New Mexican-Stand-offs auf offener Wüstenstraße einen kleinen Zickzack-Kurs. Er ist noch nicht bereit, den kümmerlichen Rest seiner rechtschaffenen, dem Erhalt und nicht der Zerstörung von Zivilisation dienenden Identität zu opfern und ziert sich, mit Fring eine Kooperation einzugehen, der die Venen Amerikas mit träge machendem Gift tränkt. Aber Mike beugt sich seinem Rachebedürfnis. Er ist ein alter Mann, und Sunk Costs ist die erste Folge der 3. Staffel von Better Call Saul, in der wir nicht dabei zuschauen dürfen, wie Mike die Müdigkeit an den Augenlidern zerrt, was ein wenig schade ist.

Um die mittlerweile obligatorische Mike-führt-seinen-geheimen-und-gerissenen-Plan-aus-Sequenz betrügt uns Episoden-Regisseur John Shiban hingegen nicht. Wir folgen Mike überall hin. Bei dem Arzt, der auch Drogen anbietet, kauft er Drogen, stopft sie in das noch bunte Paar Sneaker und wirft es, wieder in der Wüste, ein Kabel hinauf, das über eine Straße gespannt ist. Das klappt natürlich nicht beim ersten Versuch, wie lange solche Geschicklichkeitsspiele unter Umständen dauern können, weiß, wer schon mal dieses Final-Spiel bei Schlag den Raab gesehen hat . Dann lauert er einem LKW auf. Bei seinem stillen Feldzug gegen Salamancas Drogengeschäfte profitiert er von der Logistik des Kartells. Die perfekt gestimmte Maschine schwächt dabei der Nachteil, dass sie berechenbar ist. Mikes Improvisationen, deren Durchführung, nicht aber deren Erfindung, wir stets folgen dürfen, ist sie nicht gewachsen. Bald schneit es Rauschgift auf den Salamanca-LKW und die Drogenhunde nehmen die Koksfährte auf, die Mike gelegt hatte. Sein Teil ist getan, der letzte war es nicht.

Better Call Saul

Jimmy und Chuck indes haben sich nach den Ereignissen der letzten Episode von Better Call Saul überhaupt nichts mehr zu sagen außer Verächtlichkeiten. David hatte den Goliath geschlagen. Jetzt, um bei den Bibelanalogien zu bleiben, erschlägt wieder Kain den Abel. Eine Breaking Bad-Botschaft steht dahinter: Am Ende gewinnt immer derjenige, der am weitesten zu gehen bereit ist. Oder anders: Es siegt der Böseste, der Getriebenste. Es mag nicht immer so aussehen, aber der böseste Weg ist auch stets der des geringsten Widerstandes.

Chuck (Michael McKean) nun vollendet seinen Bitch-Move, indem er den Moralischen gibt, der Jimmy lediglich auf den rechten Weg führen will. Dieser Weg führt natürlich dort entlang, wo es Chuck am angenehmsten ist - ganz tief unterhalb seiner Anwaltsaristokratie. Chuck fühlt sich der Anwaltszunft mehr zugehörig als seinem Bruder. Durch den Aufstieg seines Bruders sieht Chuck sich und seinen Beruf degradiert, sein Stand wird infrage gestellt von einem Minderwertigen, der den gleichen erreicht hat. Chuck sieht infolgedessen lieber den Leumund seiner Familie Schaden beziehen als den seines Berufsstandes, deshalb soll Jimmy möglichst wieder Bürobote werden. Den ganzen Aufwand betreibt Chuck also lediglich, weil er sich in seinem Anwaltsein und vielleicht auch in seinem Menschsein beleidigt fühlt. Er ist ein wahrer Kotzbrocken.

Schön wie ein Sonnenuntergang: Better Call Saul

Jimmy (Bob Odenkirk) landet kurzzeitig im Knast. Vor den Toren muss er dann nicht nur sein Handy abgeben, sondern auch alles andere, Kippen, Brieftasche, den Glauben an die Bande der Familie. Am Morgen danach spult Kim während einer Montage das Früh-Programm erfolgreicher Menschen ab, die nicht im Knast sitzen oder Drogenbosse umbringen wollen. Als sie erfährt, was passiert ist (vom entlassenen Ernie btw), will sie Jimmy vor Gericht vertreten. Der lässt das nicht zu und auf ein für Jimmy-Standards halbherziges Plädoyer erfolgt kein Widerspruch, was zumindest besorgniserregend ist.

Jimmy vertritt sich natürlich selbst, schmiert Korridor-Konversationen mit einem Staatsanwalt mit Pommes- und Burgerfett und erfährt bald vom Ausmaß des Chuck-Plans, der ihn nicht hinter Gitter, sondern um seine Anwaltslizenz bringen will (!, s. o.).

"So läuft das hier nicht jede Woche", beschwichtigt er seine sich als belastbar und integer erweisende neue Sekretärin. Na ja, irgendwie schon, zumindest bei Jimmy. Man darf bei all den, sicher zutreffenden, fatalistischen Abgesängen auf Jimmy McGill nicht vergessen, dass bei ihm alles in Ordnung ist, solange nichts in Ordnung ist. Sein Status quo ist der Taumel am Abgrund, schon immer gewesen. Jimmy ist nicht Jimmy, solange er sich nicht aus irgendeinem Schlammassel herauswindet. Nur werden die Sümpfe halt immer tiefer, und die vielen Stufen, die bis in den Abgrund reichen, immer rarer. Jetzt scheint er Kim mit in den Dreck zu ziehen. Dann wird alles schlimmer, wenn er Kim nicht mehr hat (ich fürchte diesen Moment) und kein Anwalt mehr ist. Jimmy und Kim begeben sich gemeinsam auf die gefährlichen Straßen des Rechts. Aber um was eigentlich zu erreichen? Recht, Gerechtigkeit? Das kann doch nur schiefgehen.

Was bisher in der 3. Staffel von Better Call Saul geschah:

Better Call Saul - Staffel 3, Episode 2: Witness
Better Call Saul - Staffel 3, Episode 1: Mabel

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