Oscar: Mit dem Black Panther-Erfolg bricht eine neue Zeitrechnung an

26.02.2019 - 17:26 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Drei Gewinner beim Oscar 2019
Netflix/Entertainment One/Disney
Drei Gewinner beim Oscar 2019
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Die Oscar-Verleihung 2019 steckte voller Überraschungen. Die Erfolge von Marvel und Netflix untermauern, dass für die Veranstaltung endgültig eine neue Zeitrechnung angebrochen ist.

Der Oscar 2019 war hart umkämpft und sorgte für kleinere wie auch größere Überraschungen. Dies beginnt mit dem Überraschungssieg von Aufbruch zum Mond gegen Avengers 3: Infinity War in der Kategorie Beste visuelle Effekte und endet bei Green Book als Bester Film. Wie ganz nebenbei hat sich bei den 91. Academy Awards eine Zeitenwende vollzogen: Die insgesamt vier Auszeichnungen für Marvel sowie ein Rekord für Netflix scheinen zu bestätigen, dass die Verleihung in der Gegenwart angekommen ist und dem kulturellen Dialog auf mehreren Ebenen Rechnung tragen kann.

Marvel ist beim Oscar 2019 eine starke Konstante

Sage und schreibe sieben Oscarnominierungen standen 2019 für den MCU-Beitrag Black Panther zu Buche, darunter sogar in der wichtigsten Rubrik Bester Film. Zum ganz großen Triumph hat es für den Blockbuster am Ende zwar nicht gereicht, doch wir wären schlecht beraten damit, die drei Awards für den Film in den Nebenkategorien Bestes Kostümdesign, Bestes Produktdesign und Beste Filmmusik nicht ernstzunehmen.

Black Panther

Die Berücksichtigung des Leinwandspektakels im Rahmen der Oscar-Nominierungen wurde kontrovers diskutiert, unbestreitbar hingegen stieß das Werk eine neue Debatte über die Repräsentation von schwarzen Figuren im Mainstream-Kino an. Dies würdigt nun auch die Academy in kleinen, aber entschlossenen Schritten. Dass mit Avengers 3: Infinity War vergangene Nacht ein anderer MCU-Beitrag entgegen den Erwartungen auf der Strecke blieb, dürfte da für Disney zu verschmerzen sein.

Mit dem Black Panther-Erfolg bricht eine neue Zeitrechnung an

Kein Superheldenfilm war bei den Oscars erfolgreicher als Black Panther, mit ihm schleichen sich Marvel und Disney vorsichtig an den Hauptpreis heran, um dann womöglich in einem der nächsten Jahrgänge fest zuzupacken. Die Rolle, die Black Panther bereits 2019 spielte, gleicht indes gewissermaßen aus, dass zu einem vor Kurzem angedachten neuen Preis für den Besten populären Film bisher doch nicht kam. Auch so ist bei den Academy Awards für jeden Platz - außer vielleicht für Bryan Singer, den in Ungnade gefallenen Regisseur von Bohemian Rhapsody.

Für Infinity War gab es beim Oscar 2019 nichts zu holen

Netflix beim Oscar 2019: Ein bittersüßer Rekord

Für Netflix erwies sich der Oscar derweil als Wechselbad der Gefühle. Während der Coen-Western The Ballad of Buster Scruggs komplett leer ausging, holte Roma die Eisen aus dem Feuer und blieb dabei zugleich hinter den Erwartungen zurück: Zahlreiche Experten hatten einen Sieg des Dramas in der Hauptkategorie prophezeit, aber die Academy spielte nicht mit. Stattdessen bremste sich Roma durch seine Doppelnominierung als Bester fremdsprachiger Film und Bester Film selbst aus und machte so den Weg frei für Green Book.

2019 war ein sehr gutes Oscar-Jahr für Netflix, denn so viele Nominierungen und Auszeichnungen wie dieses Mal (vier an der Zahl) trug der Streaming-Dienst noch nie davon. Andererseits hat sich der marktführende VoD-Anbieter zweifellos noch weitaus mehr erhofft, zumal die Verantwortlichen rund 25 Millionen US-Dollar für Romas Werbekampagne lockermachten und alle (finanziellen) Kräfte mobilisierten, um den Sieg in der Rubrik Bester Film zu erringen.

Roma

Roma brauchte Netflix beim Oscar gar nicht

Die Preise, die Roma letztendlich abstaubte - darunter Beste Regie und Beste Kamera -, betonen vor allem den künstlerischen Stellenwert des Films. Geehrt fühlen darf sich in erster Linie Alfonso Cuarón und weniger der Großkonzern, dessen ultimative Anerkennung durch die Auszeichnung Romas als Bester Film gerade verwehrt blieb.

Es entsteht der Eindruck, das Werk hätte seine Trophäen auch ohne Netflix im Rücken eingefahren. Im selben Atemzug bleibt festzuhalten, dass die Türen der Academy für das Unternehmen grundsätzlich weit offen stehen. Sehr wahrscheinlich wird Netflix sich daher auch künftig renommierte Filmemacher wie eben Cuarón ins Boot holen, um weitere Oscar- Anläufe zu wagen.

Green Book: Ein (un)vorhersehbarer Oscar-Gewinner

Etwas kurios mutet der Sieg von Green Book in der Hauptrubrik an, zumal hier eigentlich der Triumph von Roma zum Greifen nahe war. Fast vergessen wurde dabei, dass es sich bei Peter Farrellys Tragikomödie um einen klassischen Oscar-Film handelt, der von Haus aus alle Zutaten für einen Erfolg bei den Academy Awards mitbringt: Die alte Geschichte um die freundschaftliche Annäherung zweier denkbar gegensätzlicher Charaktere ist immer gern gesehen, zudem kann der Film durch sein Aufgreifen der Rassismus-Thematik eine gesellschaftliche Relevanz für sich beanspruchen.

Green Book

Für Green Book sprachen außerdem sein versöhnlicher Tonfall sowie seine hervorragend aufgelegten Schauspieler, von denen Mahershala Ali sogar den Oscar als Bester Nebendarsteller verliehen bekam. Seine Auszeichnung dürfte jene Stimmen versöhnen, die ihn lieber als Bester Hauptdarsteller nominiert gesehen hätten - Alis kongenialer Partner aus Green Book, Viggo Mortensen, ging in eben dieser Kategorie ironischerweise leer aus.

Der Beliebtheit von Green Book bei den Academy-Wählern nicht abträglich waren einige Kontroversen rund um die Produktion. Selbiges lässt sich nicht ohne Weiteres von Bohemian Rhapsody sagen. Noch bei den Golden Globes im Januar hatte sensationell die große Stunde des Queen-Biopics geschlagen, bei den Oscars 2019 hingegen konnte der Film nur eine der Big Five-Kategorien für sich entscheiden: Rami Malek wurde seinem Status als Favorit gerecht und wies unter anderem Chamäleon Christian Bale in die Schranken.

Die Auszeichnung von Olivia Colman als Highlight der Oscars

So erwartbar die Ehrung aber für Malek anmutet, so bahnbrechend wirkt der Sieg von Olivia Colman als Beste Hauptdarstellerin. Der Gewinn von Glenn Close galt in der Rubrik eigentlich als ausgemacht, doch die Konkurrenz aus The Favourite riss das Goldmännchen unerwartet an sich. Es war der wohl schönste Twist dieser Oscar-Verleihung - auch, weil der Publikumsliebling von Giorgos Lanthimos in den Nebenkategorien kategorisch unterging.

The Favourite mit Olivia Colman

Allerdings können die Oscars nicht jeden zufriedenstellen. A Star is Born, der zu einem frühen Zeitpunkt der Award-Saison als überragender Favorit gehandelt wurde, musste sich mit dem Preis für den Besten Filmsong zufrieden geben und Bradley Cooper scheiterte bei der prestigeträchtigen Verleihung sowohl als Regisseur wie auch als Darsteller.

Das sollte ihn aber nicht entmutigen, denn den wohl berauschendsten Liebesfilm des Jahres hat er mit Lady Gaga an seiner Seite dennoch geschaffen. Das Übergehen von A Star is Born ist zweifellos ein Wermutstropfen in einer Nacht, die die Oscars als erfreulich unberechenbar auswies. Das Blockbuster- und das Autorenkino gleichermaßen zu umarmen, zeugt jedenfalls zumindest in der Theorie von einer nicht unbedingt selbstverständlichen Umsicht. Hoffentlich bleibt sie in den nächsten Jahren erhalten. Der Sieg von Green Book demonstriert dabei eindrucksvoll: Nicht alles ändert sich.

Was meint ihr: Welche Filme haben ihre Preise beim Oscar 2019 besonders verdient?

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