Müsste ich zwei Briten zuschauen, wie sie sich mit sarkastischen Spitzen zerfleischen, würde meine Wahl auf Olivia Colman und Benedict Cumberbatch fallen. Die Oscarpreisträgerin aus The Favourite und der zweifach Oscar-nominierte Ex-Sherlock haben ihre Karrieren mit vielgestaltigen Rollen aufgebaut. Vor allem aber haben sie wiederholt ihre messerscharfen Zungen bewiesen, die durchs Gegenüber schneiden wie durch ein hilflos in der Sonne schmelzendes Stück Butter.
Folglich sollte ihre neue schwarze Komödie Die Rosenschlacht der absolute Traum all jener sein, die bei eloquent formulierten Beleidigungen vor Freude juchzen. Tatsächlich bringt die Neuverfilmung, die diese Woche in den Kinos startet, theoretisch alles mit, um der Nackten Kanone den Status als Komödie des Sommers abzulaufen. In diesem Fall greifen aber selbst eine Traum-Besetzung, ein Traum-Regisseur und eine Traum-Vorlage zu kurz.
Warum Die Rosenschlacht das Mysterium des Sommers ist
Das Mysterium des Kino-Sommers ist deshalb, wie ein Rezept mit dermaßen grandiosen Zutaten solch ein überwiegend fades Mischmasch produzieren konnte. Zunächst einmal die Zutaten: Olivia Colman und Benedict Cumberbatch spielen Ivy und Theo Rose. Sie arbeitet als Köchin, er als Architekt. Er schwimmt auf einer Erfolgswelle und finanziert ihr Traum-Restaurant. Dann kehrt sich der Erfolg um. Die gemeinsame Paartherapie schafft einige köstliche Pointen, aber keine Abhilfe.
Beobachtet wird der eskalierende Konflikt der beiden von ihrem amerikanischen Freundeskreis. Darunter sind Andy Samberg (Popstar: Never Stop Never Stopping) und Kate McKinnon (Barbie). Augenscheinlich zwei der lustigsten Menschen, die man für einen Kinofilm anheuern kann, wirken die beiden in Die Rosenschlacht wie entflohene Sketch-Charaktere im falschen Film.
Cumberbatch und Colman toben sich in einer schwarzhumorigen Komödie mit tragischer Note aus, ihre Figuren sind in einer realistischen Gefühlswelt verankert. Ein bisschen traurig soll die Implosion ihrer Ehe nämlich schon machen (was bei mir nicht gelang). Demgegenüber steht die Samberg-McKinnon-Paarung, die eine überzogene Pointe nach der anderen ausspuckt. Von 0 auf 100 geht es bei ihnen, während Cumberbatch und Colman die Nuancen zwischen Zuneigung und Aggression auskundschaften. Prallen beide Paare aufeinander, wird der Film einer Zerreißprobe unterzogen, die er nicht meistert.
Ob bei Allison Janney (Mom) oder Ncuti Gatwa (Sex Education), Zoe Chao (The Afterparty) oder Jamie Demetriou (Fleabag) – egal in welche Vita der Besetzung man schaut, eines ist so gut wie garantiert: Die Lebensläufe schinden mit ihrem Comedy-Hintergrund Eindruck, aber auf der Leinwand finden sie nicht zusammen. Abseits von Colman und Cumberbatch spielt jedes Cast-Mitglied in seinem eigenen kleinen Film und nur Janneys beinharter Scheidungsanwältin hätte ich gern länger zugeschaut.
Das Original bietet sich eigentlich perfekt für ein Remake an
Dann ist da noch der Elefant in der Paartherapeutenpraxis: Die Rosenschlacht ist eine lose Adaption von Warren Adlers Roman The War of the Roses und damit des 80er-Jahre-Hits Der Rosenkrieg mit Kathleen Turner und Michael Douglas. Der von Danny DeVito inszenierte Klassiker von 1989 bietet eine nahezu perfekte Vorlage für ein Remake. Die zugrundeliegende Story eines Paares, das an Erfolgsdruck, Materialismus und Ego-Trips zu zerbrechen droht, ist einigermaßen zeitlos. Gleichzeitig bietet sich ein Update wegen der teils in die Jahre gekommenen Frauen- und Männerbilder an.
Regisseur Jay Roach (Austin Powers) und Drehbuchautor Tony McNamara (The Favourite) reichern die Neuverfilmung immerhin mit einem zeitgemäßen Blick auf (männliche) Care-Arbeit an. Cumberbatchs Theo muss sich nach einem beruflichen Desaster nämlich daheim um die Kinder kümmern. Er meistert die Rolle ohne die üblichen Klischees, die Hollywood ausgräbt, wenn Männer in Filmen den Haushalt schmeißen müssen. Den Roses werden weitere Rettungsringe zugeworfen, die es so im Original nicht gab, allen voran ihr Bewusstsein für die Selbstoptimierung und die eigenen Fehler innerhalb der Partnerschaft.
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Die Prise Empathie und Selbstreflexion schlägt im verminderten Hassfaktor der Adaption nieder. Das Original suhlt sich in der wachsenden Abneigung der beiden Eheleute. Das ist ätzend anzuschauen und unterhält trotzdem, weil Danny DeVito die Ehesatire im Stile eines Film noir verfremdet: Düster ist sie und aufgegeilt am Unglück der anderen.
Demgegenüber steht die relativ stillose Rosenschlacht mit ihren sonnendurchfluteten Bildern. Das Drehbuch scheint sich vor den wirklich ekligen, den wirklich abstoßenden Seiten der Roses zu scheuen wie vor den Klischees eines in die Jahre gekommenen Hollywood-Klassikers. Entsprechend unglaubwürdig wirkt dann auch das große, zerstörerische Finale. Aus dem verbissenen Rosenkrieg ist die differenzierte Rosenschlacht geworden, aber "Rosenscharmützel" hätte es besser getroffen.
Die Rosenschlacht startet am 28. August in den deutschen Kinos.