Nach dem Bestseller von Caroline Wahl: 22 Bahnen ist ein tiefbewegendes Drama um eine unmögliche Entscheidung

25.08.2025 - 10:00 UhrVor 1 Minute aktualisiert
22 Bahnen
Constantin Film
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Mit 22 Bahnen wurde der Bestsellerroman von Caroline Wahl verfilmt, in dem eine junge Frau zwischen Verantwortung und dem Wunsch nach Freiheit schwankt. Doch lohnt sich das Drama mit Luna Wedler und Jannis Niewöhner?

2023 veröffentlichte Caroline Wahl ihren Debütroman 22 Bahnen. Die Geschichte der jungen Studentin Tilda, die zwischen ihrem Leben mit kleiner Schwester und alkoholkranker Mutter sowie ihren eigenen Wünschen für die Zukunft hin- und hergerissen wird, begeisterte Millionen und ließ den Roman in Windeseile zum Bestseller avancieren.

Jetzt schafft es die bewegende Geschichte mithilfe von Regisseurin Mia Meyer (Die Saat) auch auf die große Leinwand und stellt Luna Wedler (Biohackers) und Jannis Niewöhner (München) in den Hauptrollen vor. Dabei entfesselt Meyer ein emotionales Drama voller erdrückender Wahrheit und starken Performances.

22 Bahnen: Ein Leben abseits der eigenen Träume

Tilda (Wedler) schwimmt immer genau 22 Bahnen. Die Mathematikstudentin hat es mit Zahlen, Genauigkeit und Routinen, denn in vielen anderen Bereichen ihres Lebens wird ihr das verwehrt. Als Tochter einer alkoholkranken Mutter (Laura Tonke) ist sie mit Ungewissheit aufgewachsen und musste schnell lernen, Verantwortung zu übernehmen. Seit ihre kleine Schwester Ida (Zoë Baier) auf der Welt ist, nimmt Tilda selbst eine Art Mutterrolle ein.

Als ihr eine Promotionsstelle in Berlin in Aussicht gestellt wird, wagt Tilda erstmals, von einem anderen Leben zu träumen. Doch kann sie ihre Schwester mit ihrer Mutter allein lassen? Als der geheimnisvolle Viktor (Niewöhner) im Schwimmbad auftaucht, kommen für Tilda schmerzhafte Erinnerungen an ihre Vergangenheit hoch. Doch wird es Zeit, dass sie Schuld und Verantwortung langsam zurücklässt.

Schaut hier den Trailer zu 22 Bahnen:

22 Bahnen - Trailer (Deutsch) HD
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Wenn Tilda nach Seminaren, einer Schwimmeinheit oder einer Schicht an der Supermarktkasse nach Hause kommt und nicht weiß, wie sie dieses wohl vorfindet, macht sich auch beim Publikum ein ungutes Gefühl in der Magengrube breit. Dass ihre Mutter betrunken und schlafend auf dem Sofa liegt, ist beinahe der beste Ausgang, den Tilda zu hoffen wagen kann. Die Alternative sind völlig absurde Anschuldigungen, große Versprechungen, die nicht gehalten werden, Schreie oder Schläge.

Meyer scheut sich nicht davor, den Schrecken von Wahls Geschichte zu verbildlichen und bleibt mit der Kamera immer ganz nah bei Tilda, die versucht, die Situationen vor allem für ihre Schwester Ida zu entschärfen und dabei zwischen Wut und Hilflosigkeit schwankt. Besonders hier überzeugt das starke Spiel von Luna Wedler und macht die unlösbare Lage der Situation in nur wenigen Momenten begreiflich. Doch auch Tonkes Darstellung von Tildas Mutter Andrea ist so ungeschminkt wie entwaffnend und zeichnet ein feinfühliges und tragisches Bild von Abhängigkeit, Depression und Sucht.

Dazu wird der Film von traumartigen Flashbacks durchzogen, die vor allem die zweite Tragödie von 22 Bahnen näher ergründen. Denn Tilda hat einen Verlust erlebt, der ihr bis heute keine Ruhe lässt und sie ebenfalls auf grausame Weise mit Viktor verbindet. Hier tauchen wir ein in ein vergangenes Leben, drogen- und alkoholdurchtränkte Nächte, jugendlichen Leichtsinn und die Hoffnung auf eine Zukunft, die für Tilda nie wahr werden konnte.

Schrecken und Schönheit liegen in 22 Bahnen erdrückend nah beieinander

Zuweilen fragt man sich, wie viel ein Mensch – oder eine fiktive Figur – noch aushalten muss und ob diese schon im Buch enthaltene zweite Tragödie tatsächlich notwendig gewesen ist, um eine vielschichtige und emotionale Geschichte zu erzählen. Die für die Verfilmung ergänzte musikalische Untermalung von Bands wie Tokio Hotel oder The National machen diesen massiven Druck auf die Tränendrüse im Kinosaal dazu keineswegs leichter.

Das schwesterliche Band zwischen Tilda und Ida mag als klares Herzstück des Films jedoch immer wieder auch die Leichtigkeit und Schönheit hinter all der Tragik hervorbringen. Wedlers und Baiers besondere Dynamik samt unterschwelliger Verzweiflung und tiefer Verbundenheit ist hierbei der entscheidende Schlüssel – und macht 22 Bahnen letztendlich zu einem Film voller Hoffnung, auch wenn man sie auf den ersten Blick nicht immer sehen kann.

So dürfen sich Fans der Romanvorlage über eine gelungene Verfilmung freuen, die es bestens schafft, die Essenz des Bestellers zu erhalten, auch wenn das Voice-over für Tildas Gedankengänge vor allem zu Beginn des Films etwas holprig wirkt. Je weiter das Drama voranschreitet, desto stimmiger setzt sich das Gesamtbild jedoch zusammen und kann einige wackelnde Stellschrauben der Vorlage sogar noch festziehen, wie sich etwa im alles entscheidenden Gespräch zwischen Tilda und Viktor oder der starken, ambivalenten Endszene zeigt.

Am Ende bleibt 22 Bahnen so ein tiefbewegendes Drama um das Erwachsenwerden, Freiheit und Verantwortung, das auch ohne die Vorlage zu kennen mehr als einen Blick wert ist.

22 Bahnen startet am 4. September 2025 in den deutschen Kinos.

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