Ist das noch lustig? Darf man darüber lachen? Das Vermächtnis des erfolgreichsten deutschen Films seit Beginn der offiziellen Zählung 1968 wurde vom Zeitgeist überholt. Homophobe Witze, sexistische Sprüche und jede Menge kulturelle Aneignung waren in den vergangenen Jahren die zentralen Diskussionspunkte, wenn es um Der Schuh des Manitu ging. 24 Jahre später startet nun trotzdem eine Fortsetzung im Kino.
Das Kanu des Manitu baut sich zwischen Top Gun: Maverick und Die nackte Kanone im Kino auf
Die Ankündigung von Das Kanu des Manitu kam überraschend und folgte dennoch einem großen Trend: Nicht nur klassische Franchises werden dieser Tage fortgesetzt. Immer mehr Legacy-Sequels bauen auf nostalgisch aufgeladene Klassiker auf, von Top Gun: Maverick bis zu hiesigen Produktionen wie Manta, Manta – Zwoter Teil. Die Manitu-Fortsetzung schlägt aber noch in eine andere Kerbe.
Die Rückkehr der Komödie – und speziell der Parodie – wird dieses Jahr auf der großen Leinwand verhandelt. In Die nackte Kanone tritt Hollywood-Star Liam Neeson in die Fußstapfen von Leslie Nielsen, während sich ein neuer Scary Movie-Film in Entwicklung befindet. Kein Wunder, dass Michael "Bully" Herbig da ein Wörtchen mitreden will. Denn kein Filmschaffender hat das Genre in Deutschland mehr geprägt als er.
Für Das Kanu des Manitu hat sich Bully wieder mit Christian Tramitz und Rick Kavanian zusammengeschlossen, die ihn seit der Bullyparade begleiten, wenn es darum geht, bekannte Filme durch den Kakao zu ziehen. Jetzt sitzen sie wieder auf Pferden und reiten zankend durch in satten Farben gefilmte Landschaften, die zusammen mit der Musik tatsächlich das Gefühl geben, Teil eines Western-Abenteuers zu sein.
Bully transportiert eine der großen (und oft übergangenen) Stärken des Originals in den neuen Film: Seine Winnetou-Parodie macht sich nicht nur über die filmischen Vorbilder lustig, sondern imitiert die vertrauten Genre-Motive mit ansteckender Begeisterung – und kann dieses Mal sogar mit noch größeren Schauwerte punkten. Aus der Draisine wird ein ganzer Zug, der uns bis in ein Mission: Impossible-Finale geleitet.
Die gut gelaunte Filmparodie geht von Mission: Impossible über Indiana Jones bis zu Fluch der Karibik
Abseits davon erweisen sich die Indiana Jones-Filme erneut als Gerüst für die verschiedenen Set-Pieces, besonders Der letzte Kreuzzug. An die Stelle des Heiligen Grals tritt das Kanu und der alte Tempelritter im Versteck ist den sterblichen Überresten eines schottischen Dudelsackspielers gewichen. Auch Abenteuerfilme wie Fluch der Karibik haben Bully inspiriert und werden wörtlich bzw. bildlich zitiert.
Der Humor speist sich derweil aus unterschiedlichsten Quellen. Von Slapstick-Einlagen über Situationskomik bis hin zu amüsanten Wortwitzen: Am besten ist Das Kanu des Manitu, wenn sich Bully und Co. ins Dadaistische stürzen und mit absurden Throwaway-Gags herzhaft von der eigentlichen Handlung des Films ablenken. Die dient sowieso nur dazu, um von einer Sketch-Umgebung zur nächsten zu gelangen.
Dazu gibt es Meta-Jokes, wenn ein Statist auf die Bezeichnung Kleindarsteller besteht, genauso wie zahlreiche Witze, die sich aus Dialekten ergeben. Gerade Kavanian punktet neben seiner Griechen-Routine mit treffsicherem Sächsisch – und einer unerwarteten Verletzlichkeit in beiden Teilen seiner Doppelrolle. Außerdem ein Highlight: Die genüsslich deutsche Betonung von übertrieben ausgesprochen amerikanischen Namen.
Nicht selten muss man dabei schmunzelnd an Karl May denken, der bekanntlich nie den amerikanischen Westen bereiste, von dem er in seinen Winnetou-Romanen schrieb. Einige Lacher in Das Kanu des Manitu sind verdient und geschickt eingefädelt, sei es nur ein Satz wie "Ich bin der mit Frau Wolf tanzt", bei dem man zuerst mit den Augen rollen will, ehe die Kombination aus Beiläufigkeit und Timing den Witz vergolden.
Das Kanu des Manitu will am Ende das umstrittene Vermächtnis des Originals zurechtrücken
Unbeholfener wird es, wenn das Drehbuch versucht, dem Zeitgeist oder zumindest seiner Idee des Zeitgeists gerecht zu werden. Zu oft werden "alte, weiße Männer" erwähnt, ohne dass sich dahinter eine wirkliche Pointe versteckt. Vielmehr wirken diese Momente wie obligatorische Gesten, um potenziellen Zwischenrufen zuvorzukommen, aber neue Ideen oder gar bissige, richtig witzige Kommentare sucht man vergebens.
Am Ende gibt es eine Szene, die dem lautesten Vorwurf in der Kritik am Original auf versöhnliche Weise begegnen will. Wie geht Das Kanu des Manitu mit der kulturellen Aneignung um? Ein emotionaler Twist soll das Vermächtnis zurechtrücken, wenn sich Bully als Abahachi in einer sehr nahen Einstellung direkt an indigene Menschen im Film und mehr oder weniger auch an das Publikum im Kino wendet.
Das Kanu des Manitu besteht auf die Sehnsucht, Teil von etwas sein zu wollen, und mitunter möchte man diesem Epilog Glauben schenken – so wie Bully knapp eineinhalb Stunden seinen Vorbildern mehr liebevoll als spöttisch nacheifert. Schlussendlich steht die Szene aber sehr lose in einem Film, der ansonsten nichts Interessantes zu seiner Existenz zu sagen hat, obwohl das an vielen Stellen möglich gewesen wäre.
Niemand erwartet, dass Bully seinen Killers of the Flower Moon dreht, der in jeder Faser seines filmischen Daseins mit sich selbst und seinen Erzählperspektiven ringt. Was Das Kanu des Manitu aber enttäuschend macht, ist, dass er einfach nicht mehr ist, sondern sich genauso anfühlt, wie ein zweiter Teil, der nach über zwei Dekaden ungefragt kommt und uns mit den Worten begrüßt: "Hallo, schön, dass wir so supergeil drauf sind."
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Als Legacy-Sequel steht Das Kanu des Manitu somit in der Ecke der Filme, die sich darauf fokussieren, einen alten Trick auf dem neuesten Stand der Technik zu wiederholen, anstelle darüber nachzudenken, wie dieser erweitert oder verändert werden kann. Als Filmparodie unterhält die Fortsetzung und kitzelt gemütlich die Lachmuskeln, dürfte aber den popkulturellen Einschlag des Originals bei Weitem verfehlen.
Das Kanu des Manitu läuft ab dem 14. August 2025 in den deutschen Kinos. Neben Michael "Bully" Herbig, Christian Tramitz und Rick Kavanian gehören u.a. Jasmin Schweirs, Jessica Schwarz, Friedrich Mücke und Sky du Mont zum Cast.