Ich, Die letzten Amerikaner & Hills Actiondramaturgie

19.11.2013 - 09:20 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Walter Hills Die letzten Amerikaner
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Walter Hills Die letzten Amerikaner
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Walter Hill war einmal DER Actionregisseur der spätern 70er, 80er und auch noch der 90er Jahre. Mit Die letzten Amerikaner schuf er eine bitterböse Action-Satire, die das Vietnam-Trauma der Amerikaner im eigenen, fremd erscheinden Land verarbeitet.

Verlangt es den geneigten Actionfreund nach den Klassikern dieses nach wie vor beliebten Genres, dann kommt er an Walter Hill nicht vorbei. Seine eigenen Regierarbeiten erreichten mit unter Stil bildende Qualität (Driver, Die Warriors, Nur 48 Stunden). Er war an der Produktion von Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt und dem Sequel Aliens – Die Rückkehr beteiligt und ebenso an Prometheus – Dunkle Zeichen. Wenn er nicht seine eigenen Drehbücher verfilmte, dann wurden sie von anderen großen Regisseuren umgesetzt, wie bei Getaway von Sam Peckinpah mit Steve McQueen oder Der Mackintosh Mann von John Huston mit Paul Newman.

Ich möchte euch in unserer Rubrik “Herz für Klassiker” Walter Hills Die letzten Amerikaner aus dem Jahr 1981 vorstellen, denn in diesem Film kombiniert der einstige Regiemeister seinen lakonischen Erzählton mit einer gewaltgesättigten Action-Ästhetik, um einen düsteren Blick auf das us-amerikanische Vietnam-Trauma zu werfen. Als Mischung aus Survival- und Anti-Kriegsfilm reiht er sich nahtlos in die Reihe der großen us-amerikanischen Vietnamfilme ein, die die immer gleiche Geschichte vom verlorenen Krieg erzählen als eine der Entfremdung vom menschlichen Miteinander und ausnahmlos im Wahnsinn oder der Desillusion ihrer Protagonisten endet. Anders als der halb im Krieg gedrehte Apocalypse Now von Francis Ford Coppola, dem epischen Die durch die Hölle gehen von Michael Cimino, dem pessimistischen Full Metal Jacket von Stanley Kubrick oder dem pathetischen Platoon von Oliver Stone, wählt Walter Hill einen Schauplatz aus dem eigenen Land, um seine Vietnamfilmversion zu bebildern.

Erzählt wird die Geschichte einer Gruppe Nationalgardisten, die an einem Wochenende im Jahr 1973 während einer Reserveübung in den Sümpfen Louisianas mit der einheimischen Bevölkerung, den Cajuns, aneinander gerät. Während sich alle Männer schon aus früheren Übungen kennen, kommt der Bohringenieur Charles Hardin (Powers Boothe) neu zur Truppe rund um Sergeant Crawford Poole (Peter Coyote). Als sie sich auf ihrem Marsch durch die Sümpfe verlaufen, nutzen sie die Boote der Cajuns, um schneller voran zu kommen. Als der Reservist Stuckey (Lewis Smith) das Feuer auf sie eröffnet – allerdings nur mit Platzpatronen -, tötet einer der Cajuns den Sergeant mit einem Kopfschuss. In Panik versetzt, reißt einer der Männer die Boote um. An Land gerettet, beginnen sie sogleich, sich mit gegenseitigen Vorwürfen die Schuld an ihrer Lage zu geben. Corporal Casper übernimmt das Kommando, doch kann er die Truppe weder aus dem Gelände führen, noch die sich verstärkenden Konflikte der Männer untereinander regeln. Im Lauf des Films wird einer nach dem anderen von den Einheimischen getötet, die die Reservisten als Eindringlinge in ihrem Land ansehen.

Warum ich Die letzten Amerikaner mein Herz schenke
Walter Hills Film schafft mit den Mitteln des Actionfilms eine düstere Satire auf die Politik der USA um das Jahr 1973. Dies ist nicht nur das Jahr, in dem der Vietnam Krieg nach mehr als zehnjähriger Beteiligung sieg- und ruhmlos zu Ende geht. Es ist auch das Jahr, in dem Präsident Richard Nixon durch die Watergate-Affäre zum Rücktritt gezwungen wird. Im Film sehen wir dann nicht etwa eine Übung des Militärs, sondern der Nationalgarde, also einem paramilitärischen Verband, der seit 1903 in den USA besteht und sich aus Zivilisten zusammensetzt. Die us-amerikanische National Guard geht auf das Vorbild der französischen Garde Nationale zurück, die sich während der Französischen Revolution 1789 einen Tag vor dem Sturm auf die Bastille gründete und die Bürgergarde des Ancien Régime ablöste, um für Ordnung auf den Straßen zu sorgen. Während des Vietnamkriegs entschieden Richard Nixon wie auch schon sein Vorgänger Lyndon B. Johnson, die Nationalgarde nicht in den Kampf zu schicken. Vor der heimischen Bevölkerung sollte dies den Anschein wahren, dass der Vietnamkonflikt kein ernst zu nehmender Krieg sei. Vietnamveteranen machten Nationalgardisten im Nachhinein Vorwürfe, da die sich dort gemeldeten Reservisten als Drückeberger galten. George W. Bush diente übrigens in der Nationalgarde.

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