Mit coolen Geheimtipps, exklusiven Premieren und megaschrägen Genreperlen ist das Fantasy Filmfest die Chance, Filme zu sehen, lange bevor sie im regulären Kinoprogramm auftauchen. Oder Perlen zu entdecken, die niemals einen Leinwand-Release bekommen und wenn überhaupt Jahre später auf DVD erscheinen.
Festival für die wahren Genrefans
Es genügt ein Blick auf die Liste der Filme, die in den letzten Jahren auf dem Fantasy Filmfest ihre ersten öffentlichen Vorführungen hatten. Viele davon sind heute moderne Klassiker, denen in Deutschland nur ein kurzer, oder gar kein Auftritt im Kino vergönnt war. So konnte man den schwedischen Vampirfilm So finster die Nacht im Sommer 2008 auf dem Festival genießen, im regulären Kinoprogramm lief er nur kurz und erst Monate später. Bei dem exzellenten Sci-Fi-Film Moon war es noch extremer: Deutscher Kinostart war im Juli 2010, auf dem Fantasy Filmfest lief er bereits im Sommer 2009 im Wettbewerb – fast ein ganzes Jahr früher.
Diese Liste ließe sich noch sehr lange fortführen: Sin City, Brick, The Descent – Abgrund des Grauens oder District 9. Sie alle hatten ihre ersten Screenings auf dem Fantasy Filmfest. Wer also Geheimtipps und künftige Kultfilme früher sehen will als alle anderen, der ist auf diesem Festival bestens aufgehoben
Aber der Spass des FFs liegt nicht nur im taktischen Aussuchen künftiger Genrehits. Am meisten Laune macht das blinde Ausprobieren völlig obskurer Streifen, über die ihr sonst bestenfalls in der dunklen Ecke einer Videothek stolpert. Splatterfilme über Nazi-Zombies, Slasherhorror über folternde Familienväter, Monsterkiller mit Kettensägen. Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus den Bizarr-Highlights, die ich im Laufe der Jahre auf dem Fantasy Filmfest genießen durfte und selten macht diese Art von Film so viel Spass, wie auf diesem Festival. Denn hier sitzen die Fans dieser Filme.
Da wird gejubelt, wenn die Kettensäge angeworfen wird. Gelacht, wenn die Körperteile fliegen. Applaudiert, wenn der Kill besonders spektakulär war. Besonderes Highlight für einen alten Fan von Tanz der Teufel wie mich: Die Deutschland-Premiere von My Name Is Bruce, in einem Kino randvoll mit jubelnden Anhängern von Bruce Campbell (und einer persönlichen Botschaft von Bruce persönlich). Solche Momente erlebt der Genrefan in Deutschland eigentlich nur beim Fantasy Filmfest.
FF 2010 – Von Frauenmördern und Alienkraken
Auch dieses Jahr sieht das Programm sehr viel versprechend, aber auch sehr umfangreich aus. Fast 70 Filme sind im Rahmen des Festivals zu sehen, wer nicht eine komplette Woche im Kinosaal verbringen will, wird sich für einige Filetstückchen entscheiden müssen.
Als Eröffnungsfilm geht 2010 Die Meute an den Start: Der französische Schocker eröffnet mit klassischen Horror-Setup: Eine Autofahrerin und ein aufgegabelter Anhalter finden sich in einem verschneiten Niemandsland plötzlich in einem Alptraum aus verschlagenen Hinterwäldlern, aggressiven Rockern und monströsen Mutanten-Kannibalen wieder. Mit diesem gemütlichen Szenario kann eigentlich schon gar nichts mehr schiefgehen.
Im Wettbewerb stehen dieses Jahr eine Reihe von Filme, die sich kaum unter einen Hut stecken lassen. Die Palette reicht vom mexikanischen Mysterykrimi ( Das Paradies der Mörder ) bis hin zum skandinavischen Sci-Fi Animationsfilm ( Metropia ).
The Killer Inside Me, neuer Film von Regisseur Michael Winterbottom ist auch dabei. Die mit Casey Affleck, Kate Hudson und Jessica Alba ziemlich prominent besetzte Literaturverflimung hat schon einige Festivalauftritte hinter sich und eher Diskussionen, als Lob ausgelöst. Geschmacklos, unnötig gewalttätig, frauenverachtend – sagen viele.
Vielleicht wird The Killer Inside Me der Antichrist dieses Jahres?
Skandalös hört sich auch die Story von Four Lions an: Eine Komödie über islamistische Selbstmordattentäter, die zur Planung eines richtigen Terroranschlags einfach zu doof sind. Die Art von Film, die vermutlich Monty Python heute machen würden, wenn sie noch zusammen wären.
Auch in Deutschland zum ersten Mal zu sehen: Das Remake des deutschen Films Das Experiment. In der US-Fassung hat Adrien Brody die Rolle übernommen, die im Original von Moritz Bleibtreu gespielt wurde. Außerdem ist Forest Whitaker mit von der Partie, Oliver Hirschbiegel, Regisseur des Originals, hat mit dem Remake allerdings nichts zu tun.
In Chatroom, einer britisch-japanischen Co-Produktion wird Aaron Taylor-Johnson , Kick-Ass persönlich, in eine gefährliche Cyberwelt gezogen.
Aber die Engländer sind dieses Jahr vor allem mit historischen Stoffen vertreten: In Centurion – Fight or Die, neuester Streich von Neil Marshall, Macher von The Descent – Abgrund des Grauens und Dog Soldiers , kämpft sich eine römische Legion durch britische Barbarenhorden. Geisterjäger Solomon Kane tritt im 17. Jahrhundert gegen den Teufel an und Sean Bean schlägt sich in Black Death durch das pestverseuchte Europa des Mittelalters.
Wer weniger Bock auf Schwerter hat, kann Schauspiellegende Michael Caine dabei zusehen, wie er in Harry Brown als rachsüchtiger Armeeveteran beweist, dass er auch jenseits der 75 noch Punks in den Arsch treten kann. Oder in Monsters herausfinden, was passiert, wenn die Erde von riesigen Kraken-Aliens überfallen wird.
Etwas näher am wahren Leben ist Frozen – Eiskalter Abgrund, wo drei Leute in einem Skilift steckenbleiben – für eine ganze Woche. Mit diesem Albtraum kann sich vermutlich jeder identifizieren, der schon einmal auf Skiern stand.
Mögliche Stars: Hinterwäldler und Autoreifen.
Als möglicher Comedy-Hit in der Tradition von Shaun of the Dead könnte sich Tucker & Dale vs Evil entpuppen. In dieser Parodie auf Hillybilly Horrorstreifen im Stil von The Hills Have Eyes – Hügel der blutigen Augen oder Wrong Turn geht es um die beiden Kumpels Tucker und Dale. Die zwei Naturburschen leben im abgeschiedenen West Virgina und sind den rückständigen Landei-Slashern aus gerade genannten Filmbeispielen verflucht ähnlich. Allerdings nur rein optisch, denn eigentlich sind Tucker und Dale herzensgute Kerle, die keiner Fliege was zu Leide tun.
Als eine Gruppe Teenager in der Nähe ihr Lager aufschlägt, haben diese sofort Vorurteile über das rustikale Paar. Ein paar wirklich unglückliche Zufälle später sind die Teenies dann überzeugt: Psychopathische Landeier wollen uns ans Leder! Dabei wollen die eigentlich nur helfen.
Der diesjärige Abschlussfilm schießt in der Kategorie “Bizarres Konzept” den Vogel ab: In Rubber geht es um nichts geringeres als einen mordenden Autoreifen mit telekinetischen Kräften. Man mag sich ob dieser Idee mal kurz an den Kopf fassen, aber Rubber scheint tatsächlich ein toller Film geworden zu sein.
Ob man eine filmisches Experiment wie Rubber jemals im regulären Kinoprogramm finden wird, ist fraglich, deswegen lohnt es sich, die Chance zu ergreifen und den Film zusammen mit einem Publikum zu erleben, das diese Art von Genre auch wertschätzt.
Für welche Filme ihr euch auch entscheidet, ein spassiger Filmabend springt mindestens dabei heraus. Und vielleicht auch ein früher Blick auf den nächsten Kulthit.
Wir wünschen euch auf jeden Fall viel Spass bei eurem Besuch auf dem Fantasy Filmfest!
Die Termine für das Fantasy Filmfest 2010:
Berlin: 17.8. – 25.8. Cinemaxx Potsdamer Platz & Cinestar Sony Center
Hamburg: 18.8. – 25.8. Cinemaxx Dammtor
Köln: 25.8. – 1.9. Cinedom
Frankfurt: 25.8. – 1.9. Cinestar Metropolis
Hannover: 26.8. – 2.9. Cinemaxx Nikolaistrasse
München: 31.8. – 8.9. Cinema & City Kinos
Stuttgart: 1.9. – 8.9. Metropol
Nürnberg: 2.9. – 9.9. Cinecitta