Europäische Filmemacher, die den Geist der USA einfangen

12.07.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Die Karte meiner Träume
Gaumont
Die Karte meiner Träume
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Die Karte meiner Träume läuft momentan in unseren Kinos. Regie führte hier der Franzose Jean-Pierre Jeunet (Die fabelhafte Welt der Amélie). Welche anderen Europäer schufen ein authentisches Bild von den Vereinigten Staaten? Wir haben drei rausgesucht.

Was ist Amerika? Burger, Cowboys und Bruce Springsteen? Eine solche Frage lässt sich selbstverständlich nicht so einfach beantworten. Eines ist auf jeden Fall sicher: Amerika ist das Land des Kinos. Die Mehrzahl der Filme, die wir alle konsumieren, stammen aus den Vereinigten Staaten. Das Land selbst hält eine große Faszination für die meisten Kinogänger und viele Filmemacher versuchen den Geist dieser Nation auf die Leinwand zu bannen.

Mehr: Was sagen die Kritiker zu… Die Karte meiner Träume?

Hierfür reicht es nicht einfach eine Kamera auf eine Großstadt oder eine Landschaft zu richten; es geht darum die Seele eines Ortes zu erfassen. Der Schauplatz selbst ist weniger wichtig, als seine kulturelle Darstellung und als die Idee, die hinter dem Ort steckt. Kurioserweise sind es manchmal Außenseiter, denen dies am besten gelingt. In Die Karte meiner Träume entführt uns diese Woche Jean-Pierre Jeunet ins ländliche Amerika. Im Mittelpunkt steht eine Reise von Montana nach Washington. Gedreht wurde allerdings fast ausschließlich in Kanada.

Jeunet ist allerdings bei weitem nicht der erste europäische Regisseur, den es ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten verschlägt. Film noir, eines der Ur-Genres Hollywoods, wurde praktisch in Deutschland von Leuten wie Fritz Lang oder F.W. Murnau erfunden. In den folgenden Abschnitten präsentieren wie euch drei Regisseure vom europäischen Festland, die die USA und seine Menschen offensichtlich besser verstehen als so manch ein Amerikaner.

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Ein Italiener im Wilden Westen: Für eine Handvoll Dollar von Sergio Leone

Der Western ist das amerikanischste Genre von allen. Er beschäftigt sich mit der Geschichte des Landes und repräsentiert Werte wie Heldentum, Gerechtigkeit, Freiheit und Privateigentum. Doch auch in Europa wurden Western produziert, vor allem im Italien der 60er Jahre. Die sogenannten Spaghetti-Western gingen als einige der besten Vertreter des Genres in die Filmgeschichte ein.

Obwohl die Filme größtenteils in Spanien mit internationalen Besetzungen und Crews gedreht wurden, trafen sie auch in den USA einen Nerv und wurden zu einem wesentlichen Teil des amerikanischen Kulturguts. Die extremen Close-Ups, die Musik von Ennio Morricone und das coole Gesicht von Clint Eastwood boten ein alternatives Bild von Amerika, das besser auf die wechselnden Zeiten der 60er Jahre passte. Sergio Leone und Co. verstanden, dass die Zeit der Unschuld und der perfekten Helden vorbei war. Auch ohne die Kulisse von Monument Valley schaffte Leone es den Geist der USA einzufangen.

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Ein Deutscher in Texas: Paris, Texas von Wim Wenders

Die Darstellung der Wüste am Anfang von Paris, Texas grenzt fast schon an Parodie. Wir sehen Hubschrauberaufnahmen der texanischen Einöde. Eine einfache, melancholische Gitarren-Melodie begleitet die Bilder. In der Ferne läuft eine einsame Silhouette durch die Wüste. Ein Adler landet auf einem Felsen und blickt auf unseren Helden. Die Einstellung hat den gleichen Effekt, wie ein Bild der amerikanischen Flagge. Der Mann trägt einen Anzug und eine rote Baseballkappe. Er hält einen leeren Wasserkanister. Sein Antlitz gehört dem Urgestein des amerikanischen Independent-Kinos Harry Dean Stanton. Die Farbkontraste sind stechend. Das Blaue des Himmels und das Rot der Kappe blenden uns fast.

Wim Wenders stellt uns in dieser Szene die Orientierungslosigkeit und die Verzweiflung dieser Figur mittels der Landschaft vor. Der Titel des Films bezeichnet eine kleine Ortschaft in Texas. Auch später im Film bleibt der Hintergrund so wichtig wie der Vordergrund. Die Häuserschluchten von Houston bieten eine charismatische Kulisse für die Suche nach einer Frau. Die Leere, die Einsamkeit und die Abwesenheit dominieren das Amerika von Wim Wenders. Die offenen Landschaften und die langen Autoreisen geben uns ein Gefühl für die Größe dieses Landes. Am Ende sind alle so verloren wie Harry Dean Stanton in der Wüste.

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Ein Franzose in New York: Léon – Der Profi von Luc Besson

New York ist vielleicht die filmischste Stadt der Welt. Auch wenn ihr den Big Apple noch nie besucht habt, kennt ihr die Sehenswürdigkeiten der Stadt aus zahlreichen Filmen und Fernsehshows. Die Darstellung der Metropole im Kino ist sehr variabel. Mal ist es eine wunderschöne Märchenstadt in Kevin – Allein in New York, mal ein Gerüst an absurden sozialen Verhältnissen in den Filmen von Woody Allen. Léon – Der Profi gehört in eine pessimistischere Kategorie zu seinem spirituellen Vorgänger Taxi Driver.

Léon (Jean Reno) ist, wie Travis Bickle vor ihm, das Produkt einer Großstadt in der jeder nur an sich selbst denkt. Ihm fehlen die sozialen Kompetenzen, um mit diesem Leben klar zu kommen und er findet eine unkonventionelle Liebe. Der Franzose Luc Besson ist für mich in den letzten Jahren ein bisschen zur Witzfigur geworden, doch in diesem frühen Werk versteht er seine Figur und dadurch die Stadt, in der sie lebt, bestens. Er hat Sympathie für Léon, die eine große Einsamkeit unter Menschen fühlt. Wenige Filme erfassen eine Stadt besser als Der Profi, als wenn Léon mit seiner Pflanze über den belebten Bürgersteig stapft.

Welche europäischen Regisseure begreifen Amerika eurer Meinung nach am Besten?

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