14 Jahre Arbeit und dann das: 150-Minuten-Epos mit Gerard Butler ist so schlecht, dass es schon wieder Spaß macht

03.09.2025 - 21:31 Uhr
Gerard Butler im echten Katastrophenfilm Greenland
Tobis
Gerard Butler im echten Katastrophenfilm Greenland
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Nach 14 Jahren Arbeit wurde In the Hand of Dante mit Oscar Isaac, Jason Momoa, Gal Gadot und Martin Scorsese Realität. Doch das 700 Jahre Geschichte umspannende Epos ist einer der Tiefpunkte des diesjährigen Festivals in Venedig.

2011 ging die Meldung herum, dass der oscarnominierte Maler und Regisseur Julian Schnabel (Schmetterling und Taucherglocke) ein neues Filmprojekt in Angriff nimmt. In the Hand of Dante sollte Nick Tosches gleichnamigen Roman adaptieren, mit Johnny Depp in der Hauptrolle. 14 Jahre später hat Schnabel die Literaturverfilmung tatsächlich umsetzen können und dafür zwar nicht Johnny Depp, aber eine Wagenladung weiterer Stars vor die Kamera gekarrt: Oscar Isaac spielt die Hauptrolle, Gal Gadot und Jason Momoa bekommen die bizarrste DC-Reunion des Jahres, und Martin Scorsese und Al Pacino machen es sich als graue Eminenzen vor der Kamera ebenfalls gemütlich.

In the Hand of Dante bringt viel Prestige und Star-Power mit, das Ergebnis schaut sich allerdings wie die Kreuzung einer Schultheater-Aufführung von Die göttliche Komödie mit einer Telenovela. Einziger Lichtblick ist ausgerechnet Gerard Butler!

In the Hand of Dante überbrückt 700 Jahre Geschichte mit Oscar Isaac

Oscar Isaac, der vor wenigen Tagen mit Guillermo del Toros Frankenstein Weltpremiere in Venedig gefeiert hatte, legt nun den nächsten Historienstoff nach und das gleich doppelt. In the Hand of Dante spielt einerseits kurz vor dem 11. September 2001, wo Autor und Dante-Verehrer Nick Tosches (Oscar Isaac) von einem zwielichtigen Gesellen namens Joe Black (John Malkovich) in einen unwahrscheinlichen Plan verwickelt wird. Joe will das von Dante Alighieri verfasste Manuskript der Göttlichen Komödie ausfindig gemacht haben.

Es wäre ein Jahrtausendfund von kaum vorstellbarem Wert, denn keines von Dantes Werken ist im Originalmanuskript erhalten. Dabei soll Nick der Killer Louie (Gerard Butler) behilflich sein, wobei Nick von Louies konkretem Job nichts weiß, als er zusagt.

700 Jahre in der Vergangenheit müht sich Dante Alighieri (Oscar Isaac) mit der Vollendung der Göttlichen Komödie ab. Überdies hat er sich in den politischen Intrigen von Florenz verfangen und trifft dabei auch Papst Bonifatius VIII., der ebenfalls von Gerard Butler, Mann der Tausend Gesichter, gespielt wird. Dantes Ehefrau Gemma (Gal Gadot) unterstützt ihn wacker, selbst als die Familie ins Exil muss.

Die Vision von Gerard Butler in päpstlicher Soutane ist der künstlerische Höhepunkt des mittelalterlichen Handlungsstrangs von In the Hand of Dante. Schnabel gelingt es nämlich nicht, den philosophischen Reflexionen von Buch-Dante inszenatorisch Leben zu schenken. Im Gegenteil, Oscar Isaac wirkt fast schon überfordert mit der ständigen Übereiztheit seines Dante und darf wenige andere emotionale Noten zum Besten geben. Wenn Gal Gadot und Gerard Butler sich dann noch durchs Shakespeare-Englisch forsten, als seien das "Thou" und "Thy" Büsche, die mit der Machete beseitigt werden müssen, geht die Glaubhaftigkeit des Handlungsstrangs vollends verloren.

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In the Hand of Dante ist eine Räuberpistole und Beinahe-Katastrophe

Als wesentlich erträglicher gestaltet sich die in Schwarz-Weiß gehaltene Räuberpistole der frühen 90er. Darin erscheint Isaac noch immer etwas hilflos, aber er erhält mehr Unterstützung von Al Pacino (in einem Flashback) und vor allem Gerard Butler. Tatsächlich ist Butler das Beste an In the Hand of Dante, da er als einziger den Genre-Ton seines Handlungsstrangs trifft. Isaac, Gal Gadot und andere spielen sich durch ein prestigeträchtiges Julian-Schnabel-Drama. Mit dem Auftritt von Jason Momoa als rachsüchtiger Mafioso gleitet die seriöse Literaturverfilmung jedoch in eine hyperemotionale Soap ab, was alle anderen schauspielerisch kalt erwischt – mit durchaus witzigen Konsequenzen.

Gerard Butler findet sich hingegen in einer verlorenen Episode von Die Sopranos wieder, in der Tony mit einem skurrilen Killer nach Italien reist und ein paar Bibliothekare und Gangster abmurkst, weil sie keine Zeugen zurücklassen dürfen. Butler erkennt den Auftrag und erfüllt ihn. Er saugt die Pulp-Monologe seines Killers hungrig auf, wirkt mit seiner Stinktier-Frisur komplett lächerlich und bewahrt seinem Louie trotzdem die nötige Bedrohlichkeit. Im Alleingang rettet er Julian Schnabel vor der filmischen Vollkatastrophe.

Die erste Frage, die sich nach In the Hand of Dante stellt, ist: Wie konnte es zu diesem Film kommen? Und die zweite lautet: Warum hat Gerard Butler eigentlich noch nicht mit Quentin Tarantino gedreht?

Wir haben In the Hand of Dante beim diesjährigen Filmfestival von Venedig gesehen, wo der Film außerhalb des Wettbewerbs seine Weltpremiere feiert. In the Hand of Dante hat noch keinen deutschen Kinostart.

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