Zum 100. Geburtstag von Burt Lancaster

02.11.2013 - 10:00 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Vera Cruz
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Heute vor 100 Jahren erblickte die Hollywood-Legende Burt Lancaster das Licht der Welt. Wir verbeugen uns vor dem Schauspieler, der zu den Besten seiner Zunft zählte und sich in seiner langen Karriere nie in seiner Rolle als Star ausruhte.

Großgewachsen, athletisch und mit einem breiten Lächeln gesegnet, hätte Burt Lancaster eine lange, gemütliche Karriere als All American Hero gut gestanden. Stattdessen ließ sich der in New York aufgewachsene Schauspieler nie auf einen Rollentypus festlegen. Er spielte naive Helden ebenso wie verdorbene Fieslinge, folgte weniger den Schecks ans Set, sondern vor allem seinen kreativen Ansprüchen, was ihn so manches Mal in Konflikt mit Regisseuren und Produzenten brachte. Burt Lancaster war eine einmalige Gestalt im amerikanischen Filmgeschäft und damit ist nicht nur seine physische Präsenz vor der Kamera gemeint. Heute hätte er seinen hundertsten Geburtstag gefeiert.

In Robert Aldrichs Western Vera Cruz spielt Burt Lancaster einen verschlagenen Revolverhelden, der gemeinsam mit einem Ex-Soldaten ein Abenteuer in Mexiko bestehen muss. Gary Cooper gibt seinen Partner und Gegenspieler, wie es nur Gary Cooper kann: so rechtschaffen, dass wir als Zuschauer am liebsten vor ihm salutieren würden. Lancasters Joe Erin dagegen ist ein echtes Biest, dessen sympathisch verschmitztes Lächeln die dunkle, die verbrecherische Seite nur schwerlich überdecken kann. Ein bisschen hofft man in Aldrichs Klassiker, Erin komme davon, aber nur unter der Bedingung, dass er einem nie auf der Straße begegnet. Heute gilt Vera Cruz als wichtiger Vorläufer jener Neuerungen, mit welchen der Italowestern das Genre auf einem anderen Kontinent weiterentwickelte und so erinnert Lancasters Antiheld stärker an einen Tomas Milian als einen John Wayne. Mit einem Fuß im überlebensgroßen klassischen Hollywood-Kino, mit dem anderen in modernen Filmentwicklungen, beschritt Burt Lancaster seine Karriere. Das führte ihn durch den Film noir (Rächer der Unterwelt, Dein Schicksal in meiner Hand) ebenso wie die europäisch geprägten Autorenfilme eines Luchino Visconti oder Louis Malle. Werke wie Vera Cruz bildeten die Schnittstelle.

Das Eigensinnige, das sich später im Streben nach Unabhängigkeit innerhalb eines starren Systems wie dem Hollywood der 40er und 50er Jahre äußerte, zeigte Burt Lancaster schon früh. Das Stipendium des American Laboratory Theaters schlug er aus, ebenso die Ausbildung an einem College. Stattdessen ging Lancaster mit einem guten Freund zum Zirkus, wo er die in Trapez und Der rote Korsar zu bestaunenden Stunts aus erster Hand lernte. Sein Dienst in der Unterhaltungstruppe der US-Armee im Zweiten Weltkrieg führte ihn wieder zurück zur Schauspielerei. Der Durchbruch gelang ihm bereits in seiner ersten Filmrolle. Als “Schwede” verfällt er in Robert Siodmaks Rächer der Unterwelt der Femme fatale Ava Gardner. Die Rolle des Boxers war ihm wie auf den Leib geschrieben und so trugen seine beiden nächsten Filme passende Titel wie Brute Force und Desert Fury, welche die dominierende Gestalt dieses neuen Sterns am Filmfirmament anzukündigen schienen.

Doch Burt Lancaster verließ sich nicht auf seine Physis, wenn sie auch in ikonischen Szenen wie jener am Strand in Verdammt in alle Ewigkeit geschickt genutzt wurde. Zu Beginn der 50er begann er eine lange Partnerschaft mit Harold Hecht und verschaffte sich in der Rolle des Produzenten eine Unabhängigkeit im Studiobetrieb, die damals unter Schauspielern selten war. Vera Cruz, Marty, Dein Schicksal in meiner Hand, Denen man nicht vergibt und Keine Gnade für Ulzana gehörten zu den Produktionen Lancasters, der den Niedergang des Studiosystems in den 60er Jahren mit einer Wendung nach Europa überbrückte. Unter der Regie von Luchino Visconti fand er in Der Leopard 1963 seine vielleicht größte Rolle. Als alternder Fürst Don Fabrizio blickt er da mit seinen stechenden blauen Augen auf das Risorgimento in Italien, gesellschaftliche und politische Umwälzungen, in deren Wogen er verschwinden wird.

Lancaster verschwieg seine liberalen Ansichten nicht und setzte sich im Laufe seines Lebens für die Bürgerrechtsbewegung, gegen den Vietnamkrieg und für die Rechte von Homosexuellen ein. Bis in die 80er Jahre hinein war er aktiv, spielte in Atlantic City, USA, Local Hero und schließlich Feld der Träume, seine letzte Kinorolle. Als verhinderte Baseball-Legende aus einer anderen Zeit war er da zu sehen. Es ist ein ergreifender Auftritt für einen Hollywood-Star wie ihn, der sich nie vom System vereinnahmen lassen wollte und gerade deswegen so ikonisch, so amerikanisch wie kaum ein anderer seiner Zeitgenossen wirkt. Der 1994 verstorbene Burt Lancaster verkörpert damit noch heute ein Ideal, das in der Traumfabrik zu selten Nachahmer findet.

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