Who Am I - Kritik & Analyse

29.09.2014 - 00:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Who Am I Filmanalyse
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Unser Filmanlytiker hat sich den deutschen Hackerfilm Who Am I einmal genauer angeschaut und ist sichtlich überrascht.

Es ist leicht, über deutsche Filme zu spotten, die etwas wagen und die keine Blödelkomödien sein wollen. Who Am I - Kein System ist sicher wagt sehr viel: Er setzt sich in einer Traditionslinie mit David Finchers Kultfilm Fight Club und zitiert explizit und implizit außerdem Christopher Nolans Memento und Following, Guy Ritchies Bube, Dame, König, Gras - Die Serie, Danny BoyleTrainspotting - Neue Helden und Darren Aronofskys Pi.

Das kann eigentlich nur schief gehen, tut es aber hier ausnahmsweise nicht, weil der Regisseur Baran bo Odar keineswegs willkürlich vorgeht oder lediglich durch die Referenzen eine gewisse – schon fast nostalgische – Coolness evozieren will. Who Am I - Kein System ist sicher handelt von vier Freunden, die eine gemeinsame Leidenschaft verbindet: Hacken ist ihr Leben. Die Motive für dieses Hobby sind vielseitig. Der Eine (gespiel von Elyas M'Barek) will berühmt werden, der Andere (Antoine Monot Jr.) ist fasziniert von der Technik, für den Dritten im Bunde ist Hacken wie ein Trip (Wotan Wilke Möhring) und dann ist da noch der Außenseiter (Tom Schilling), gewiss ein typisches Nerd-Klischee, der nach Anerkennung lechzt und nicht länger ein Niemand sein möchte. Diese Mischung ist spannungsreich und unterhaltsam, doch damit sind wir noch nicht in der virtuellen Welt angekommen, um die es ja gehen soll. Nun könnte nichts langweiliger sein, als ein Exkurs über das Wesen der Programmiersprache.

Und wie wollte man überhaupt die sehr abstrakten Vorgänge konkret darstellen? Ähnlich problematisch ist es schließlich auch ein abstraktes System wie den Kapitalismus darzustellen. Bertolt Brecht begriff dies und erklärte das komplexe und nicht-figurative System Börse ganz konkret und paradigmatisch: Er nahm den Terminus ‚Bullenmarkt‘ beim Wort und verlagerte das ganze Drama in einen Schlachthof, zitierte überdies noch Schiller und fertig war: „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“. Baran bo Odar gleicht darin Brecht, weil er erkennt, dass die Programmiersprache und das eigentliche Hacken letztlich für die Leinwand undarstellbare Vorgänge sind, greift er auf die berühmten Filme von Fincher, Nolan & Co zurück, um das System ‚Internet‘ durch das System ‚Psyche‘ darzustellen.

Mehr dazu im Video!

Wolfgang M. Schmitt jun. analysiert in seinem Videoblog DIE FILMANALYSE  mal ideologiekritisch, mal kulturwissenschaftlich und häufig polemisch populäre Filme der Gegenwart und der Vergangenheit.

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