Universal Soldier - Meisterwerk des Unvermögens?

06.03.2013 - 08:50 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
Universal Soldier: Day of Reckoning
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Universal Soldier: Day of Reckoning
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Wer bislang vom Hype um Universal Soldier: Day of Reckoning verschont blieb, darf sich glücklich schätzen. Vehement feiern ihn Kritiker und Intellektuelle als Neuerfindung des Actionkinos. Zeit für die Frage: Meisterwerk oder prätentiöser Mist?

Seit dem Erfolg von The Expendables und The Expendables 2 kann, wenn es um Sylvester Stallone oder Arnold Schwarzenegger geht, von einstigen Actionhelden schwerlich die Rede sein. Diese Reunion der Genre-Recken hat ein Publikum erreicht, das über nostalgische Hardliner und Fans von anno dazumal weit hinausging - obwohl die nachfolgenden Solo-Unternehmungen der zurückgekehrten Actionstars, Stallones Shootout – Keine Gnade und Schwarzeneggers The Last Stand, sich als Kassenflops erwiesen haben.

Dort jedenfalls, wo vormalige Actiongrößen unter Ausschluss einer breiteren Öffentlichkeit ihr Zuhause pflegen, fand eine Schwellenüberschreitung statt. Der Action-Videomarkt, den tatsächlich abgehangene Genregrößen wie Steven Seagal konstant und rentabel mit Produktionen bedienen, die ganz auf ihre verblichene Star-Persona zugeschnitten sind, hat sich als vermeintliches Nischenäquivalent zum Kinogeschehen der A-Ligisten durch deren Neupositionierung geöffnet.

John Hyams, der Avantgardist des Actionfilms

Anders kann zumindest ich mir nicht erklären, wie es dem weltweit überwiegend auf Heimkinomedien ausgewerteten Universal Soldier: Day of Reckoning gelingen konnte, eine Aufmerksamkeit zu generieren, die es über eine virtuelle Cinephilie hinaus sogar bis in das Feuilleton geschafft hat. Als direkte Fortsetzung des Direct-to-DVD-Films Universal Soldier: Regeneration (der das vor Urzeiten einmal von Roland Emmerich initiierte Franchise aus der Versenkung hob) und mittlerweile vierter (bzw. sechster) Teil einer weitgehend zusammenhanglosen Actionfilmserie feierte er seine Premiere hierzulande immerhin, wenn auch eher unrühmlich, auf dem Fantasy Filmfest als Zwischenprodukt aus Kino- und Heimkinomarkt in 3D.

Die internationale, vor allem jedoch eher intellektuelle Kritik preist Universal Soldier: Day of Reckoning mit enthusiastischem Nachdruck; sein Regisseur John Hyams, Sohn des gleichsam verehrten Genreveteranen Peter Hyams, wird als neuer großer Auteur und sogar Avantgardist des Actionfilms bejubelt. Ein Hype, der mir zunächst rätselhaft und interessant, dann vollkommen unberechtigt und schließlich ganz und gar verrückt erschien. Unstrittig ist allein, dass Universal Soldier: Day of Reckoning sich in der Tat von vielem abhebt, was auf dem Videosektor sonst unter Action firmiert.

David Lynch meets Gaspar Noé

An einfachem Haudraufpragmatismus ist der Film ebenso wenig interessiert wie an einer schnörkellosen Handlung oder konsumierbarer Gewalt, er unterläuft etwaige Erwartungen an ein so genanntes B-Movie gezielt. Die beiden Helden des Originalfilms degradiert er wie bereits der Vorgänger Regeneration, ebenfalls von John Hyams inszeniert, zu Nebenfiguren. Jean-Claude Van Damme und Dolph Lundgren sind sowohl coverträchtige Zugpferde als auch Figuren im Hintergrund eines Entwurfs, der von aussortierten künstlichen Menschen (im letzten Teil Aufhänger einer ungelenken Verweismethodik in Richtung Blade Runner) und den Abfallprodukten einer kriegerischen Industrie handelt.

Die überschaubare Screentime der beiden Actionstars ist so gesehen Teil einer Strategie, die sich in der vergleichsweise unkonventionellen Inszenierung fortsetzt. So wandelt der eigentliche Hauptdarsteller des Films, Scott Adkins, als Noir-Antiheld durch einen ungewissen, bruchstückhaften Plot, dessen Ausgestaltung mal an die mysteriöse Leere eines David Lynch, mal an den unsinnlichen Gaga-Bilderrausch eines Gaspar Noé und sehr oft mehr an Horror- denn Actionfilme gemahnt.

Die Sparausgabe eines Colonel Kurtz

So setzt John Hyams auf Stroboskop-Effekte und Weißblenden, Licht- und Farbgewusel, wirre Modifikationen der Abspielgeschwindigkeit, Jump Scares und vor allem extraordinäre Splatterszenen, die das Herz jeder "Uncut"-Fraktion höher schlagen lassen. Das schleppende Tempo, akzentuiert einzig durch furiose Gewaltausbrüche und lediglich eine Handvoll tatsächlicher Actionszenen, verweist auf eine betont andere Annäherung, die offenbar mit austauschbaren und von Fans des Films gern bemühten Schlagworten wie "Fiebertraum" oder "Existenzialismus" umschrieben werden soll.

Der surreale Schlussakt folgt dann einer Ästhetik der Level-Erschließung von Computerspielen und inszeniert den schlafwandlerischen Protagonisten (den massiv überforderten, weitgehend schauspieltalentfreien Scott Adkins) auch konkret als vergeltenden Ego-Shooter. Die finale Reise ins Herz der Finsternis, so will es die plumpe, vordergründige, vollkommen unterkomplexe Analogie des Films zu Apocalypse Now, führt schließlich zu Van Damme, der sich als eine Art Sparausgabe von Colonel Kurtz zum großen Endkampf monologisieren darf.

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