Paul Bettany - Der Mann tut einfach, was er will

27.05.2016 - 09:20 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Paul Bettany in Gangster No. 1Senator Home Entertainment
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Paul Bettany wird heute 45 und kann mächtig stolz auf seine Karriere sein. Der Brite fällt, neben seiner schlaksigen Statur, durch abwechslungsreiche Rollenwahl und bemerkenswertes Talent auf und bewegt sich trotzdem eher am Rande der öffentlichen Wahrnehmung. Zu Unrecht.

Es gibt sie. Die Schauspieler, die so gut wie jeder schon häufiger in Filmen gesehen hat und deren Name dennoch nicht im Gedächtnis haften bleibt. Zumindest bei Leuten, für die Schauspieler und Regisseure eher eine zweitrangige Bedeutung haben, solange sie von dem Gesehenen gut unterhalten werden. Paul Bettany ist sicher einer von diesen Schauspielern. Als er im Januar 2015 mit Johnny Depp zwecks der Premierenfeier ihres gemeinsamen Films Mortdecai - Der Teilzeitgauner über den roten Teppich schlenderte, war von der anwesenden Menschenmasse, die zum Großteil aus jüngeren, weiblichen Zuschauern bestand, wohl kaum jemand wegen ihm gekommen. Wäre eines der hysterisch kreischenden Mädchen gefragt worden, was es von Paul Bettany hält, hätte es mit hoher Wahrscheinlichkeit einen fragenden Blick aufgesetzt und entgegnet: "Wer soll das denn bitte sein?" Bettany selbst und seinen tatsächlichen Fans wird das herzlich egal sein, denn der Brite, der heute seinen 45. Geburtstag feiert, war noch nie ein weltbekannter Star, wird es wohl nie sein und will es auch gar nicht.

Der perfekte Psychopath

Der talentierte Paul Bettany macht lieber durch seine darstellerischen Leistungen von sich reden und fährt damit seit nunmehr 22 Jahren im Film- und Fernsehgeschäft äußerst gut. Den Knackpunkt in seiner Karriere markierte zweifellos das Gangster-Drama Gangster No. 1 aus dem Jahr 2000, in dem Bettany den namenlosen Protagonisten spielte, der sich vom Handlanger zum obersten Verbrecherboss mausert. So weit, so bekannt. Was seine Rolle jedoch vom Stereotyp des Film-Gangsters unterscheidet, ist die emotionale Kälte und Kompromisslosigkeit, mit der die Figur agiert, um nach oben zu kommen. Selten, eigentlich fast nie, gab es einen Protagonisten, der derart wenig Sympathien und Identifikationsmöglichkeiten bietet wie Bettanys Rolle in Gangster No. 1.

Auch hier ist es bezeichnend für Paul Bettany, dass bei Ranglisten der größten Film-Psychopathen wohl nie besagter Charakter auftauchen wird, dafür aber jedes Mal beispielswiese Anthony Hopkins' Hannibal Lecter aus Das Schweigen der Lämmer. Dies mag sicher auch der mangelnden Bekanntheit des Films selbst geschuldet sein. Wer jedoch sogar Malcolm McDowells (als ältere Version des Gangsters) Psycho-Performance übertrifft, der hat eigentlich einen Platz in den oberen Rängen verdient. Dies zeigt auch die folgende Szene, in der Paul Bettany eine derart bedrohliche Atmosphäre aufbaut, dass es kaum verwundern würde, wenn Eddie Marsans Angst nicht nur gespielt wäre. Als fast schon logische Konsequenz wurde Bettany für seine Darbietung für den British Independent Film Award nominiert.


Ein Plan, der gar keiner ist

Es wäre vermutlich ein Leichtes gewesen, fortan einen Bösewicht nach dem anderen zu verkörpern. Doch Paul Bettany wollte sich nicht auf einen bestimmten Rollentypus festlegen lassen. So lehnte er es ab, einen Killer in Roter Drache zu mimen, um bei Lars von Triers minimalistischem Drama Dogville mitwirken zu können. Die Entscheidung fiel also zugunsten eines wesentlich unkommerzielleren Films, für den er aber seine Theatererfahrungen nutzen konnte. Ein Entschluss, der ihm sicherlich keinen Ruhm, dafür aber berufliches Prestige einbrachte. Davor übernahm er jedoch noch Rollen in Brian Helgelands Liebeskomödie Ritter aus Leidenschaft und dem oscargekrönten Biopic A Beautiful Mind und deckte damit mal eben zwei weitere Genres ab. Helgeland war es auch, der auf Bettany als Nebendarsteller bestand und die Tür nach Hollywood für ihn damit weit aufstieß.

Paul Bettany in Ritter aus Leidenschaft

"Mein Plan - also, es hat nicht viel von einem Plan, aber es ist meiner und ich mag ihn - ist zu versuchen, viele verschiedene Dinge zu machen. [...] Ich werde gelangweilt, wenn ich nicht verschiedene Dinge tue", sagte Paul Bettany im Jahr 2004 gegenüber dem Independent . Dieser mehr als sympathischen Devise folgend, bewegte sich der bodenständige Blondschopf durch die verschiedensten Genres, wenn auch meist als Nebendarsteller. Den Thriller Firewall machte er schlicht und einfach, weil er zuvor noch nie in einem Thriller gespielt hatte. Es dauerte schließlich nicht lange und die großen Hollywood-Produktionen lockten. Mit seiner Darstellung des Albino-Mönchs Silas in The Da Vinci Code - Sakrileg stellte er selbst Tom Hanks, den Star des Films, in den Schatten. Hier noch mordend und selbstgeißelnd, überzeugte Bettany darauf in Tintenherz, einer weiteren Romanverfilmung, als Sympathieträger mit Feingefühl und Charme. Ein Gegensatz, den der 1,90 m-Hüne immer wieder in seiner Karriere suchte und der vielleicht auch der Grund dafür ist, dass sein Name vielen Zuschauern nicht im Gedächtnis blieb.

Vielseitigkeit statt Ruhm

Doch ein wichtiges Genre fehlte Paul Bettany noch in seiner Sammlung: der Action-Film. Innerhalb eines Jahres übernahm er die Hauptrollen in den themenverwandten Werken Legion und Priest, in denen er ungewohnt kämpfend und um sich schießend zu erleben war. Hier darf wohl erstmals von einer unglücklichen Rollenwahl des Schauspielers gesprochen werden, denn der Versuch, sich als Action-Held zu etablieren, scheiterte. Dies lag jedoch weniger an ihm selbst als an den eher mauen und schematischen Filmen. Grund, den Kopf hängen zu lassen, hatte Paul Bettany dennoch nicht. So wurde er, nachdem er bereits seine Stimme zur Verfügung gestellt hatte, Teil des Marvel-Universums und verkörperte dort in Marvel's The Avengers 2: Age of Ultron und The First Avenger: Civil War den Charakter Vision. Zweifellos steigerte dieses Engagement seinen Bekanntheitsgrad unter den Zuschauern, wenn dieser auch nie den seiner Kollegen Robert Downey Jr. und Chris Evans erreichen wird.

Paul Bettany als Vision

Das alles hat Paul Bettany auch überhaupt nicht nötig. Wie schon erwähnt, macht der Ehemann von Jennifer Connelly und dreifache Familienvater einfach das, worauf er gerade Lust hat, und wenn es sich dabei nur um einen (brillanten) Kurzauftritt in Legend handelt. Der Mann hat verstanden, dass Vielseitigkeit einfach wichtiger als Berühmtheit ist. So sollte ihm nicht nur zu seinem 45. Geburtstag, sondern auch zu dieser Erkenntnis gratuliert werden. Alles Gute, Paul Bettany!

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