Marvel's Daredevil - Unser erster Eindruck

12.04.2015 - 09:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Wütet ab jetzt in Serie: Marvel's DaredevilNetflix
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Marvel und Netflix wollen nach dem Prinzip des Marvel Cinematic Universe fünf Superhelden-Serien produzieren. Marvel's Daredevil macht den Anfang. Wir haben uns die erste Episode angesehen und unser Fazit und unsere Erwartungen aufgeschrieben.

Was Iron Man, Captain America und Thor auf der großen Leinwand können, das kann Netflix auch - nur eben auf dem heimischen Bildschirm. Mit Marvel hat sich der Heimathafen von hochkarätigen Serien wie Orange Is the New Black, House of Cards und BoJack Horseman zusammengetan, um das Prinzip des Marvel Cinematic Universe in serieller Form zu adaptieren. Ähnlich wie in der ersten Phase des MCU zuerst verschiedene Superhelden in Solo-Abenteuern vorgestellt und später in Marvel's The Avengers zusammengeführt wurden, stehen bei Netflix vier Serien auf dem Plan, die in naher Zukunft in The Defenders gipfeln sollen. Bevor Jessica Jones, Luke Cage und Iron Fist ihr Serien-Debüt absolvieren, bringt Marvel's Daredevil die umfangreiche Unternehmung überhaupt erst in Gang. Doch was können wir uns von dem blinden Held in Serienform erwarten? Worin unterscheidet er sich von den ABC-Kollegen (Agents of S.H.I.E.L.D. und Marvel's Agent Carter)? Und wer war nochmal Ben Affleck?

Marvel's Daredevil - Clip Opening Titles HD
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Schon das Opening kündigt elegant den düsteren Tenor der Serie an. Hell's Kitchen ist ein hartes Pflaster und Marvel's Daredevil schreckt nicht davor zurück, sich im rauen Alltag seines Protagonisten zu verlieren. Wo der Agententrupp rund um Agent Coulson (Clark Gregg) noch ganz vom visuellen Look der bisherigen MCU-Vertreter zehrt und sich Peggy Carter (Hayley Atwell) nach Herzenslust in der detailverliebten sowie verspielten Kulisse der 1940er Jahre austoben darf, findet Matt Murdock (Charlie Cox) seine Stimme in einer Welt, die auf den ersten Blick viel mehr von Christopher Nolans Dark Knight-Trilogie - insbesondere Batman Begins - inspiriert zu sein scheint. Während Bruce Wayne (Christian Bale) jedoch stets mit der unfassbar schweren Bürde, die mit seinem Alter Ego einhergeht, zu kämpfen hat, findet Drew Goddard, seines Zeichens Drehbuchautor der Pilot-Episode, einen angenehmen Kompromiss zwischen den Fronten der bunten Marvel-Welt und der Düsternis aktueller DC-Filme.

Marvel's Daredevil traut sich lebendige Superhelden-Serie und seriöses Gerechtigkeits- und Gesellschaftsdrama in einem zu sein. Into the Ring, so der Titel der ersten Episode, zeigt ab der ersten Minute eine authentische Welt, eine authentische Umgebung, in der sich unser Held befindet. Daredevil kommt sprichwörtlich von der Straße - nämlich dort, wo der junge Matt nach einem schicksalhaften Unfall von seinem Vater erblindet gefunden wird, umringt von Menschen. Menschen in Form von erschrockenen Zivilisten, wie sie bei Marvel für gewöhnlich erst dann auf den Plan treten, wenn sie die Größe einer finalen Zerstörungsorgie mit ihrem Leben bezahlen müssen. Marvel's Daredevil hat jedoch von Anfang an eine konkrete Vorstellung von Hell's Kitchen, das sich einerseits aus verklärenden Gangster-Fantasien, anderseits aber auch aus ganz normalen Menschen zusammensetzt. Das Viertel des New Yorker Stadtteils Manhattan wirkt lebendig, hat einen Pulsschlag - so wie ihn Matt auch im weiteren Verlauf des Auftakts immer wieder von unterschiedlichen Personen vernehmen wird.

Hell's Kitchen erschafft quasi seinen eigenen Superhelden (im Grunde formt sich schon Daredevils Maske in den Opening Credits aus Brücken, Häusern und Straßenzügen, die wie dickflüssiges Blut verlaufen) und wartet darauf, dass dieser seine Berufung erkennt und auf die Straße zurückkehrt. Dieses Zurückkehren entpuppt sich allerdings als knifflige Angelegenheit, wie Matt mit seinem besten Freund und Partner Foggy Nelson (Elden Henson) ziemlich schnell feststellen muss. Als Anwälte wollen sie den Menschen eine Stimme geben, die ansonsten keine haben. Trotzdem haben sie keine Klienten Über fragwürdige Umwege gelangen sie schließlich an Karen Page (Deborah Ann Woll), die in der Bredouille steckt. Sie wird des Mordes angeklagt, gibt vor unschuldig zu sein und ist es auch. Oder zumindest glaubt Matt der ehrlichen Ader ihres Pulsschlags, den er dank seiner geschärften Sinne wahrnehmen kann. Unser Held gehört also zu den Guten, das will Into the Ring betont wissen, obgleich ein Gespräch im Beichtstuhl, das stellvertretend als Origin-Story fungiert, gleich zu Beginn der Handlung ebenso die zweifelnde wie zweifelhafte Seite des maskierten Unruhestifters zum Ausdruck bringt.

Da steckt schon viel dahinter, selbst wenn die Pilot-Episode zum Schluss nur mit einer obligatorischen Montage endet, die nochmal vor Augen führt, wie der Anwalt seine Berufung als Superheld akzeptiert. Was jedoch alles dazwischen angedeutet wird, ist überaus vielversprechend, denn Marvel's Daredevil stellt sich in rund 60 Minuten breiter auf als die meisten seiner Marvel-Kollegen. Hier ist für laute Heldentaten genauso viel Platz wie leise Gespräche. Ehrlich gesagt überwiegt die ruhige, langsame Seite der Pilot-Episode eindeutig. Fast schon intim wirken die vorsichtigen Annäherungsversuche an den Teufelskerl - aber wohl kaum eine andere Herangehensweise als jenes behutsame Herantasten könnte dem blinden Protagonisten gerechter werden. So wortgewandt und schlagfertig Matt als Anwalt im verbalen Duell sein mag: Auf der Straße muss auch er seine Lektion noch lernen und bisher steht für den selbsternannten Gerechtigkeitsstifter nichts auf dem Spiel.

Und dann ist da noch diese Großstadthymne, die Marvel's Daredevil ganz beiläufig, aber sehr präzise und selbstbewusst anstimmt. Die Metropole, die vor drei Jahren im Rahmen eines etwas aus dem Ruder geratenen Superhelden-Klassentreffens fast komplett zerstört wurde, hat sich noch nicht von der Erschütterung durch Übermenschen und Götter erholt. Zwar sind die Spuren der Verwüstung nicht mehr deutlich sichtbar, dennoch gelangen Matt und Foggy nur so an ein erschwingliches Büro im entsprechenden Viertel. Auf einmal hat der überlebensgroße Krawall einen festen Boden unter den Füßen gefunden. Und vielleicht hatte Showrunner Steven S. DeKnight die Erwartungen nicht zu hoch angesetzt, als er Marvel's Daredevil mit dem prestigeträchtigen HBO-Format The Wire verglich. Die Verortung auf die Straße könnte das Geschehen im folgenden Staffelverlauf tatsächlich in ein Porträt von Metropole und Milieu verwandeln. Spätestens in diesem Punkt wartet die Geschichte rund um Matt Murdock und seine rechtschaffenen (?) Taten in der Welt der Schatten mit einem Themenspektrum auf, wie es im MCU noch nie zugegen war.

An dieser Stelle übergebe ich an Pfizze, der Daredevil ab nächster Woche mit Episoden-Recaps begleiten wird.

Habt ihr die erste Folge von Daredevil schon gesehen? Bleibt ihr dran? Und was erwartet ihr euch noch?

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