Lizenz zum Töten - Der vielleicht beste und mutigste Bond-Film

25.10.2016 - 09:45 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Timothy Dalton in Lizenz zum TötenMGM/moviepilot
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Für mich als altes Bond-Girl musste irgendwann ein Herz für Klassiker an einen Bond-Film gehen. Aus der Flut an genialen Produktionen habe ich mir hier einen der kontroverseren und meiner Meinung nach besten herausgegriffen: Lizenz zum Töten mit Timothy Dalton.

James Bond 007 - Lizenz zum Töten floppte 1989 fürchterlich und beendete zu meinem Bedauern die Bond-Ära des Timothy Dalton. Für mich gehört der Film aber seit meiner Erstsichtung zu den besten Bond-Filmen der Reihe. Eigentlich hätte ich ihn mit meinen zwölf Jahren bei meiner Erstsichtung noch gar nicht sehen dürfen, aber glücklicherweise überging mein Vater die Altersfreigabe ausnahmsweise. Wer weiß, ob ich dieses Meisterwerk sonst nicht vielleicht aus den Augen verloren hätte.

Der Mut zu Neuem

In Lizenz zum Töten beginnt Bond kurz gesagt einen Rachefeldzug gegen den Boss eines Drogenkartells, Franz Sanchez. Durch dessen Hand kommt die Frau von Bonds langjährigem Freund Felix Leiter ums Leben und Felix selbst beinahe auch. In seinem Hass auf Sanchez quittiert Bond seinen Dienst und zieht in einen persönlichen Krieg. Dabei erweiterte der Film die Figur James Bond um die Dimension, die er schon lange bitter nötig hatte: Er machte ihn menschlicher. Er blutete, machte Fehler und war kein perfekter Held mehr. Seine Handlungen waren dabei kompromisslos und brutal. Für ein Publikum, das seinen lockeren, etwas abgehobenen Roger Moore-Bond liebte, begründete das eine ausgewachsene Kontroverse. Doch die Figur Bond war zum Stillstand gekommen, befand sich in einer Art wohligem Winterschlaf. Es war höchste Zeit, dass sie jemand wieder aufweckte, und das tat Lizenz zum Töten. Der Mut zum Anderssein machte Bond komplexer und gab die Bühne frei für blendende Action mit einem erwachseneren Helden.

Ungewohnte Figuren

James Bond wird vor allem durch seine Verbündeten und Gegenspieler getragen. All diese Figuren sind hier angenehm vielschichtig und ein Grund, den Film jedem Bond- und Filmfan im Allgemeinen ans Herz zu legen. Bond-Girl Pam Bouvier alias Carey Lowell überflügelt dabei alle anderen, inklusive des Titelhelden. Sie ist diejenige, die Bond rettet, nicht umgekehrt. Ob mit Pumpgun unter dem Tisch oder Waffe unter dem glitzernden Abendkleid: Pam ist stets souverän, beweist Köpfchen und braucht wirklich keinen Aufpasser. Dass sie Bond doch verfällt, tut ihrer Stärke keinen Abbruch. Vielmehr ist es angenehm, dass eine toughe Frau nicht zur Männerhasserin stilisiert wird, der so etwas wie Gefühle vorenthalten bleiben.

Carey Lowell als Pam Bouvier

Timothy Dalton ist für mich entgegen der Meinung vieler anderer Fans ein herausragender Bond. Er spielt mit ausgesuchter Eloquenz und einer Finesse, die ihresgleichen sucht. Noch mehr als bei seinen Vorgängern blitzt unter seinem Lächeln alles hervor, was ich an Bond schätze: Trotz gegenüber der grausamen Welt, Zynismus, Erfahrung, Charme und der gute, britische Humor. Er vereint den Witz eines Roger Moore mit der Bissigkeit und Schlagkraft eines Sean Connery. Dazu verleiht er Bond eine Härte, die Jahre des Dienstes zweifellos hinterlassen müssen.

Franz Sanchez wiederum ist ein neuer Typ Bösewicht. Robert Davi spielt ihn als ebenso grausamen wie unbarmherzigen Mann. Dabei ist er aber zu den Menschen, die er schätzt, höflich, großmütig und fast schon väterlich. Die Beziehung, die sich zwischen ihm und Bond entwickelt, ist näher und tiefgreifender als in irgendeinem Bond-Film zuvor. Als Außenstehende konnte ich stets Bonds Hass auf den Mörder seiner Freunde verstehen. Sanchez' Enttäuschung über den Verrat eines Vertrauten war ebenso nachvollziehbar. Der Film zwang mich mit diesem Zwist in eine ungewöhnlich unangenehme Situation: Ich sympathisierte mit zwei Menschen, die gegen menschliche Gesetze verstießen und konnte mich am Ende kaum über Bonds Sieg freuen. Mit dem jungen Benicio del Toro als ebenso hübscher wie mordlustiger Dario erhielt das Franchise zudem einen seiner bislang großartigsten Handlanger.

Timothy Dalton als Bond und Benicio del Toro als Dario

Wie Casino Royale, nur besser

Lizenz zum Töten ist vor allem deshalb heute noch so großartig, weil er vor 27 Jahren schaffte, womit sich Casino Royale 2006 fast verausgabte. Die beiden Filme mögen völlig verschiedene Geschichten haben, doch arbeiten sie beide auf dasselbe Ziel hin: Sie machen James Bond vom geschniegelten, perfekten Übermenschen zum Mann mit Gefühlen und Problemen. Beide sind dabei ähnlich brutal. Doch Casino Royale mit Daniel Craig reißt fast zynisch das Grundgerüst eines Bonds nieder und baut ihn bei Null beginnend neu auf. Dadurch stieß er mich mit meinen zwölf Jahren und meiner brennenden Liebe zu britischem Humor, Gadgets und Gentleman-Qualitäten vor den Kopf.

Lizenz zum Töten dagegen versuchte nicht, eine Legende neu zu erfinden, sondern erweiterte sie lediglich. Seiner Zeit voraus wurde Bond mit Schwung zurück auf den Boden geholt, ohne dort schmerzhaft schwer aufzukommen. Es tat ihm gut, Fehler und Schwächen zu erhalten. Es tat ihm ebenso gut, dabei seinen Humor nicht zu verlieren, ein kluger Gentleman zu bleiben und von Q wie immer mit Gimmicks unterstützt zu werden. Dem Film gelang ein beeindruckender Spagat zwischen Ernsthaftigkeit und dem, was Bond für mich immer ausgemacht hat. Plötzlich musste ich seine Handlungen hinterfragen, war aber nicht gezwungen, meinen persönlichen Helden als solchen aufzugeben. Lizenz zum Töten reparierte die brüchige Beziehung, statt sie zu beenden und eine neue anzufangen.

Inzwischen erkenne ich viele Ansätze von Casino Royale an und habe einen anderen Blick als vor all den Jahren. Wie ich lernte der neue Bond dazu und erreichte mit Skyfall endlich wieder mein Fanherz. Lizenz zum Töten wird aber immer mein einzig wahrer schmutziger Bond bleiben.

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