Liebe - Chancen als Bester Film & Voting

17.02.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
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Michael Hanekes Film über den finalen Akt einer lebenslangen Beziehung wurde überraschend nicht nur als bester fremdsprachiger Film nominiert. So verdient der Sieg für das Drama Liebe in der Königskategorie auch wäre, er käme einer Sensation gleich.

Als der diesjährige Oscarmoderator Seth MacFarlane die Nominierung für Liebe bekannt gab, war die Überraschung nicht mehr ganz so groß, da Regisseur Michael Haneke bereits die Nominierungen in den Kategorien Bestes Drehbuch und Beste Regie in der Tasche hatte. Dennoch hatten wohl die wenigsten das intensive Kammerspiel um den körperlichen und geistigen Verfall einer über 80-jährigen Schlaganfallpatientin auf dem Zettel.

Liebe ist ein leises Drama über das Ende des Lebens, berührend und wahrhaftig in seiner Darstellung einer langjährigen Beziehung zweier Menschen in ihrem finalen Kapitel. Die Rentner George und Anne sind seit langer Zeit miteinander verheiratet und beide um die 80. Nach dem Besuch eines klassischen Konzertes erleidet Anne einen Schlaganfall, von dem sie sich nicht mehr erholen wird. Von nun an ist die ehemalige Pianistin auf die Pflege ihres Mannes angewiesen. Erst sitzt sie im Rollstuhl, später liegt sie nur noch hilflos im Bett mit dem letzten Wunsch, ihrem Leben ein Ende zu setzten. Der ehemalige Musikprofessor kümmert sich liebevoll um die zunehmend hilflose Anne, entlässt die Pflegerinnen, deren sachliche Routine er weder seiner Frau zumuten noch selbst aushalten kann und schickt sogar die besorgte Tochter aus dem Ausland fort. Natürlich hat auch seine Geduld und Aufopferung Grenzen, Georges Liebe zu seiner Anne hält aber auch auf den letzten Metern des gemeinsamen Weges.

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Michael Hanekes Filme sind präzise, bisweilen kühle Kunstwerke über Menschen, die einer Extremsituation oder äußeren Bedrohung ausgesetzt sind, mit der sie meist nicht fertig werden können. Im Gegensatz zu seinem radikalen Kammerspiel Funny Games, in dem zwei Eindringlinge einer urlaubenden Familie unerträgliche Qualen zufügen, ist Liebe kein provokanter Angriff auf die Sehgewohnheiten des Zuschauers, sondern ein mit Empathie für Figuren und Thema durchzogener, beinahe schon milder Film über ein ernstes Thema, dem sich niemand entziehen kann. Trotz aller Grausamkeit bei der Darstellung des unausweichlichen Fortschreiten des Alterns gibt es neben Momenten der Verzweiflung auch Raum für Szenen, in denen die beiden Altverliebten über ihre Situation lachen können.

Fast der gesamte Film spielt in der Wohnung von George und Anne. So liegt seine Klasse auch in der Leistung seiner beiden Hauptdarsteller. Jean-Louis Trintignant spielt den verzweifelten, aber besonnenen Georges sensibel, wahrhaftig und dabei zurückhaltend, während mich Emmanuelle Riva in ihrer Darstellung einer Schlaganfallpatientin sofort an meine Großmutter erinnert hat, die ein ähnliches Schicksal auszuhalten hatte.

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Michael Haneke hat mit Liebe einen berührenden, weil wahrhaftigen Film über das Sterben inszeniert, der keine einfachen Antworten auf die elementaren Fragen des Lebens bietet und stattdessen bei aller Grausamkeit die Verbundenheit einer die Jahre überdauernden Beziehung feiert. Das sensible Drama wäre ein würdiger Preisträger des Oscars für den Besten Film des Jahres, ebenso wie sein Regisseur und Hauptdarstellerin Emmanuelle Riva, die ebenfalls für eine Trophäe nominiert ist, verdiente Oscargewinner wären. Dass die Academy aber die Konkurrenz aus Hollywood im Regen stehen lässt, ist eher unwahrscheinlich. Neben dem uramerikanischen Biopic Lincoln von Steven Spielberg oder dem trickreichen Abenteuer Life of Pi: Schiffbruch mit Tiger von Ang Lee wirkt Liebe in der Liste der Nominierten wie ein Fremdkörper, der bei aller hiesigen Lobpreisung wie der Goldenen Palme von Cannes oder dem Europäischen Filmpreis für die Acadamy einen Tick zu sperrig sein dürfte. Die Chancen für Liebe als Bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet zu werden stehen gut, für den ganz großen Preis wird es wohl aber nicht reichen, zumal es für einen nicht-englischsprachigen Film so oder so ein Ding der Unmöglichkeit ist, bei den Oscars als Bester Film ausgezeichnet zu werden. Schön und verdient wäre es aber trotzdem.

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