Lady Dracula im Kummer, erlaubt sich eine Nummer

29.10.2010 - 08:50 Uhr
Das Grauen beißt zu
Kinowelt
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Diese Woche startete der deutsche Vampirfilm Wir sind die Nacht und wir haben uns mal umgesehen, was es noch an vampirischen Werken in unserem Land gibt. Die Ausbeute sieht mager, aber trashig aus.

Der Vampirfilm Wir sind die Nacht mit Nina Hoss und Karoline Herfurth lief gestern in den deutschen Kinos an und schon das Filmplakat lässt hoffen, dass es hier nicht so prüde zugeht wie an amerikanischen Schulen. Wir sind die Nacht handelt von der jungen Lena (Karoline Herfurth), die sich durch Diebstahl ihr Leben finanziert. Eines Nachts trifft sie auf die uralte Vampirin Louise (Nina Hoss), die sich augenblicklich in Lena verliebt und sie zu ihres Gleichen macht. Fortan feiert Lena jede Tag und nimmt sich, was sie will. Allerdings muss sie sich bald auch mit den Nachteilen eines Vampirlebens auseinandersetzen. Die Geschichte klingt interessant, warum also warten, bis sich amerikanische Filmstudios Wir sind die Nacht krallen, um ihn als aufgemotzte US-Version auf den Markt zu bringen.

Wir sind die Nacht ist der aktuellste deutsche Vampirfilm. Doch auch in den vergangenen Jahrzehnten gab es einige blasse Gesichter, Eckzähne und Blut zu sehen. Wir blicken für euch auf ein paar Vampirfilme.

Der erste deutsche Vampirfilm und überhaupt einer der ersten seines Genres ist der Stummfilmklassiker Nosferatu, eine Symphonie des Grauens von F.W. Murnau aus dem Jahr 1922. Dieser erzählt die nichtautorisierte Geschichte des Grafen Dracula, der aus rechtlichen Gründen Graf Orlok heißen musste und von Max Schreck so beeindruckend dargestellt wurde, dass manche schon munkelten, er wäre tatsächlich ein Vampir.

Danach war es viele Jahre still um die Vampire, erst 1969 tat sich wieder was. Nachdem die Dracula -Reihe für die Hammer-Studios in England große Erfolge abwarf, versuchte sich Harald Reinl mit Die Schlangengrube und das Pendel an einem deutschen Vampir-Gruselfilm und gewann mit Christopher Lee, Lex Barker und Karin Dor namenhafte Darsteller. Die Story: Graf Regula wird 1801 wegen Mordes an 12 Jungfrauen gevierteilt und soll viele Jahre später von dem Blut der 13. Jungfrau wieder zum Leben erweckt werden.

Die 70er Jahre schienen ein gutes Jahrzehnt für den Vampir zu sein, denn einige Filme erblickten das Licht der Kinoleinwand. Es begann mit dem Lindenstraße -Macher Hans W. Geissendörfer, der sich erneut dem Dracula von Bram Stoker annahm und Jonathan drehte. Der Graf ist hier ein totalitärer Herrscher, der die Menschen unterdrückt und gefangen nimmt. Eine Gruppe junger Studenten, deren Vorhut Jonathan ist, will das Terrorregime beenden. Der Film wurde als Kommentar auf den Kapitalismus und die 68er Bewegung gedeutet und bekam im gleichen Jahr das Filmband in Gold.

Weiter ging das Jahr 1970 mit einem Erotik-Film namens Hänsel und Gretel verliefen sich im Wald (oder auch: Lass uns knuspern, Mäuschen), welches das Vampirthema aber eher am Rande streift.

1971 trifft eine Anwältin in Vampyros Lesbos – Die Erbin des Dracula auf eine Vampirin, die sie aus ihren homoerotischen Träumen zu kennen glaubt. Diese stillt ihren Blutdurst dann auch am liebsten an weiblichen Hälsen. Ebenfalls im Jahr 1971 brachte George Moorse mit Vampira eine interessante Mischung aus Kunstfilm und Dokumentation heraus. Der nur 45 Minuten lange Film ist in 6 Kapitel unterteilt, in denen Vampira und diverse fantastische Figuren wie ein Werwolf oder ein Magier sowie normale Menschen den Zuschauer in surreale Traumwelten entführen. Dabei wird nicht ein Wort gesprochen, nur Musik untermalt die Szenen. Um nicht übergangslos von einer Traumwelt in die nächste geworfen zu werden, weiß Manfred Jester zwischendurch Historisches über den Vampiraberglaube zu berichten.

Vampirmotive enthält auch der Film Nachtschatten von 1972, in dem ein Mann in die Lüneburger Heide fährt, um dort das Haus einer Frau zu kaufen. Doch diese verhält sich merkwürdig, verbrennt Dokumente und verwehrt ihm den Zutritt zu einem Zimmer. Nachts sieht er sie an ihrem eigenen Grab stehen und er verliert sich in Traumwelten. Nachtschatten hatte 1972 bei der Berlinale Premiere.

1978 erschien Lady Dracula, der allein aufgrund seines sensationellen Trailers “Auch Lady Dracula im Kummer, erlaubt sich mal ’ne kleine Nummer” genannt werden muss. Die Handlung ist schnell erzählt. Graf Dracula dringt in ein Mädchenpensionat ein und entführt die junge Barbara. Dem wütenden Mob gelingt die Rache an Dracula, Barbara ist jedoch verloren und wird begraben. 100 Jahre später wird sie von einem Baggerführer (Roberto Blanco) ausgegraben. Barbara entsteigt dem Grab und heuert im Bestattungsunternehmen von Theo Lingen als Leichenkosmetikerin an, wo sie auch an Blutkonserven kommt. Doch dann wird sie von den Kommissaren Eddi Arent und Brad Harris gejagt. “Jeder strebt zu Ruhm und Licht, Lady Dracula tut sowas nicht.”

1979 drehte Werner Herzog eine Hommage an Nosferatu, eine Symphonie des Grauens mit dem Titel Nosferatu – Phantom der Nacht, doch im Gegensatz zu F.W. Murnau darf er die Original-Namen verwenden. Graf Dracula wird von Klaus Kinski gespielt, der sich in die umwerfende Isabelle Adjani verliebt. Der Film ist zum Teil, besonders bei der Ausstattung und den Kameraeinstellungen, eine detaillierte Kopie des ersten Filmes, wird aber mit einem neuen, pessimistischen Ende abgeschlossen.

Etwas aus der Rolle fällt der folgende vampirische Beitrag aus den 80er Jahren, nämlich die Serie Der kleine Vampir, deren erste Staffel eine deutsch-canadische, die zweite Der kleine Vampir – Neue Abenteuer dann ausschließlich deutsche Produktion war. Der kleine Vampir Rüdiger freundet sich mit dem 10jährigen Menschenjungen Anton an und nimmt ihn mit auf nächtliche Abenteuer. Dabei lernt Anton nicht nur Rüdigers Familie kennen, sondern macht auch Bekanntschaft mit Friedhofswärter Geiermeier (Gert Fröbe).

2008 erschien der bisher letzte deutsche Vampirfilm mit dem Titel Der Goldene Nazivampir von Absam 2 – Das Geheimnis von Schloß Kottlitz, der von dem Regisseur Lasse Nolte als “Kult-Trash-Comedy-Underground-Film-Meilenstein” bezeichnet wird. Die Inhaltsgabe lässt genau das auch vermuten: Der amerikanische Militärgeheimdienst beobachtet Nazi-Deutschland und fragt sich, was das verschwundene Gerippe von Graf Dracula mit den SS-Vampiren in dem Schloss von Kottlitz zu tun hat.

Unsere kleine Reise in die deutschen Vampirwelten ist nun beendet und ihr seid eingeladen, über das in unserem Land etwas vernachlässigte Genre zu diskutieren. Vielleicht fällt euch auch der ein oder andere Film ein, der hier nicht genannt wurde.

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