Game of Thrones - Staffel 7, Folge 4: Ein fast perfekter Blockbuster

08.08.2017 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Game of Thrones: Augen der AngstHBO
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The Spoils of War ist vielleicht nicht die beste, dafür mindestens die unterhaltsamste Episode, die Game of Thrones uns bisher beschert hat. Nicht nur in der 7. Staffel.

Die feurige Schlacht am Ende ist spektakulär, doch meine Lieblingsszene in der 4. Folge der 7. Staffel von Game of Thrones baucht keine Armeen, keine Drachen, ja, nicht einmal das Gelächter von Ser Bronn. Wenn Arya im Training gegen die gefühlt doppelt so große Brienne antritt, die beiden ungleichen Gegnerinnen mit Nadel und Schwert ihre Kräfte messen und zu guter Letzt voller Anstrengung, Adrenalin und Anerkennung lächeln, geht mein winterfellförmiges Herz auf. Es ist einer der Gründe, warum The Spoils of War (Kriegsbeute) die mit Abstand unterhaltsamste Folge der Game of Thrones-Geschichte ist. Andere haben ausgedehntere Schlachten oder eindringlichere Dialoge und der kreative Höhepunkt der Serie bleibt für mich immer noch die Zerstörung der Septe in der letzten Staffel. Doch in diesen 50 Minuten kreieren David Benioff und D.B. Weiss eine Folge, die idealtypisch zusammenschmiedet, was Game of Thrones in seiner Blockbuster-Phase sein kann. Das beinhaltet furchterregendes Schlachtengetümmel, eine vorsichtige Umarmung vor einem Grab oder ein symbolträchtiges Trainingsgefecht.

Was für ein Schlachtengetümmel es ist! Diese Staffel von Game of Thrones wartete bisher mit unübersichtlichen nächtlichen Kämpfen unter Feuerregen oder nebenbei abgehakten Belagerungen (siehe Highgarden und Casterly Rock) auf. Das Finale von The Spoils of War kredenzt die erste Schlacht zwischen einer traditionellen Streitmacht aus Westeros und den Reiterhorden der Dothraki, angefeuert von Drache Drogon. Daenerys Targaryen (Emilia Clarke) sehnte sich in den vergangenen Folgen regelrecht nach dem Krieg. Jede Einstellung, in der sie am Strand herumstand, während ihre Drachen in der Ferne mit den Flügeln scharrten, wirkte da wie eine selbst auferlegte Anklage wegen vorsätzlicher Verschwendung des Blutdursts. Im gellenden Kampfschrei der Dothraki, dem Schatten, der sich über die Wiesen vor Highgarden legt und schließlich dem ehrfurchtsvollen Schrecken in den Augen von Jaime Lannister (Nikolaj Coster-Waldau) und Bronn (Jerome Flynn) finden Regisseur Matt Shakman und sein Team eindrucksvolle Bilder, um die pure Gewalt von Danys Auftritt auf dem Rücken des Drachen vorzubereiten. Seit Jahrhunderten standen die Soldaten von Westeros nicht mehr solch einem Gegner gegenüber und dieser immensen Bedeutung von Danys erstem Auftritt auf dem Festland wird die Inszenierung der Schlacht in The Spoils of War gerecht.

Game of Thrones

Die beeindruckendsten Schlachtsequenzen aus Game of Thrones konzentrierten sich nach Blackwater meist auf Jon Snow (Kit Harington). Das lässt sich ganz prosaisch mit Jons Handlungsstrang erklären. Die martialische Sogkraft eines Hardhome oder Battle of the Bastards entwickelte sich auch durch die Übermacht, der sich Jon ein ums andere Mal erwehren musste. In The Spoils of War übernimmt Daenerys auf ihrem Drachen gewissermaßen die Rolle des übernatürlichen Night King, der die Ottonormalsoldaten zu überrennen droht. Nur, und das ist der Clou, verteilen sich die Sympathien hier auf beiden Seiten. Cersei selbst mögen Lannister-Skeptiker (die soll es ja geben) den Sieg nicht gönnen, anders verhält es sich mit den ums blanke Überleben kämpfenden Jaime und Bronn. Die Furcht der Lannister-Armee, als die Sturmtochter Daenerys heranbraust, geht ganz menschlich durch Mark und Bein.

Mehr: Game of Thrones - Alles, was ihr zur 7. Staffel wissen solltet

Gleichzeitig fällt es schwer, nicht die Daumen zu drücken, als Dany auf ihrem Drachen herbeifliegt, um es Aegon dem Eroberer gleichzutun. Wie Bronn, vom seinem Pferd gestürzt, durch das flammende Inferno irrt, umgeben von brennenden Leibern und mörderischen Dothraki, fühlt man sich zurück versetzt in die Schlacht der Bastarde und sehnt sich einen Ausweg herbei. Dass dieser auf die Ballista führt, stellt die Gefühlswelt allerdings wieder auf den Kopf. Bronn, der Drachentöter? "Großartig!", möchte man schreien. "Aber muss dabei wirklich ein Drache sterben?"

Falt-Ballista mit Ein-Mann-Steuerung

Im Prinzip machen es sich die Autoren zu einfach. Alle Zuschauerbegierden werden befriedigt, ohne dass echte (Charakter-)Opfer erbracht werden. Zumindest sofern wir davon ausgehen, dass jemand Jaime aus dem Wasser ziehen wird, was wahrscheinlich ist. Dennoch wird in dieser Folge von Game of Thrones eine Schlacht gleichermaßen als unterhaltsames, wenn auch brutales Spektakel wie als persönlicher Charaktermoment gestaltet.

Die unterschiedlichen Kampfstile und Waffen sowie der Einsatz des Drachen heben die Auseinandersetzung in der Reach von anderen aus der Serie ab. Die Dothraki wirkten in sechs Staffeln Game of Thrones nie so einschüchternd wie hier. Gleichzeitig erschweren die vielen Perspektiven es dem Zuschauer, sich in diesem Spektakel auf eine Seite zu schlagen, den Krieg platt als einen zwischen Gut und Böse zu "genießen". Sieht Tyrion (Peter Dinklage) zu, wie die gegnerischen Soldaten verbrennen und sein Bruder Jaime geradewegs in seinen Untergang reitet, dann wird die Ambivalenz dieser Schlacht in ein Bild gefasst: "Flee, you idiot!", murmelt er in sich hinein.

Jon Snow, Höhlenforscher par excellence

Eine weniger gelungene Szene verweist dafür auf die Notwendigkeit der Einheit auf dem Kontinent. Auf Dragonstone hat der anerkannte Höhlenforscher Jon neben Dragonglass auch urzeitliche Wandmalereien gefunden, die die Allianz der Children of the Forest mit den First Men gegen die blauäugige Untoten-Armee aus dem Norden zeigen. Die ungelenke Szene wäre wohl ebenso glaubwürdig, hätte Davos (Liam Cunningham) fünf Minuten vorher die Wände vollgekritzelt, um Dany zu überzeugen. Die Chemie zwischen Harington und Clarke will sich nicht einstellen. Immerhin hellt Davos die Laune auf der kargen Insel auf.

Das Herz dieser Episode von Game of Thrones liegt weiter im Nordosten. Da steht mit Arya (Maisie Williams) die nächste Heimkehrerin vor den Toren Winterfells. Zaghaft und glücklich fällt das Wiedersehen mit Sansa (Sophie Turner) aus. Zwar gibt sich Arya nicht als einsiedlerischer Tree-Hugger mit Hang zum traumalastigen Small Talk. Nach Bran (Isaac Hempstead-Wright), der sich selbst gar nicht mehr als Stark - man könnte auch sagen: Mensch - versteht, muss Sansa jedoch erneut mit ansehen, wie sich jene Menschen, die ihr am nächsten sein sollten, gewandelt haben. Die früheren Bewohner Winterfells sind tot, die Rückkehrer kaum wiederzuerkennen. Was bleibt da noch vom herbei gesehnten "Heim"? Blickt Tyrion später in der Folge auf seinen Bruder im Kampf, erkennt Sansa im Hof von Winterfell, was aus ihrer kleinen Schwester geworden ist. Sophie Turner sei hier gelobt, die mit ihrem kühlen Äußeren die Autorität einer Regentin ausstrahlt, ohne ins Hölzerne abzudriften. Hinter dem schmalen, vorsichtigen Blick und den glasklaren Zügen ist der wache Geist stets erahnbar. Demgegenüber wirken die ständigen wissenden Seitenblicke von Littlefinger (Aidan Gillen) so überflüssig wie seine aktuelle Rolle in der Serie.

Arya mit Brienne und Syrio

Andererseits ist in The Spoils of War alles eine Sache der Perspektive. Sansa dürfte der Anblick ihrer gewieft kämpfenden Schwester schockieren. Berücksichtigen wir allerdings Aryas Werdegang, dann greift das Training mit Brienne (Gwendoline Christie) direkt zurück zur 1. Staffel von Game of Thrones. Die Kämpferin steckte schon lange vor den Faceless Men in ihr. Damals lehrte Syrio Forel aus Braavos der kleinen Stark-Tochter, wie man tänzerisch ins Duell zieht. Auf das schwerfällige Getrampel der Ritter von Westeros blickte Syrio herab. Nun hat Arya ihren fremdländischen Stil perfektioniert. Wendig und blitzschnell wuselt sie um die trampelnde, nicht weniger kompetente Brienne herum, die einst den Hound niederrang. Da haben sich zwei gefunden, die sich schon als Kinder nicht ins Prinzessinnendwand zwängen wollten. Die furchtbaren Umstände aus den letzten Staffeln haben einen beträchtlichen Anteil am Wandel der Stark-Kinder, insbesondere Jon, Sansa und Arya. Indes erinnert die Kampfszene daran, wie sich manch Verhalten nicht durch Traumata wegreden lässt, sondern in den Persönlichkeiten schon angelegt war. Charakterzüge, die damals zum Konflikt führten. Und heute?

Es gibt wohl keinen besseren "visuellen Effekt" in dieser Folge als die Mixtur aus Schnitt, Choreografie und Spiel, die Arya in eine ebenbürtige Gegnerin für Brienne verzaubert. Dabei werden die physischen Unterschiede dezidiert hervorgehoben, ähnlich wie im Kampf zwischen Oberyn Martell und dem Mountain aus der 4. Staffel von Game of Thrones. Von Aryas Bewegungen und letztlich Maisie Williams Miene geht dabei eine gefährliche Unberechenbarkeit aus. Für kurze Zeit bangte ich um Brienne und wollte doch, dass Arya gewinnt. Ein idealer Game of Thrones-Zwiespalt. Beider Lächeln ist am Ende redlich verdient. Für Arya schließt sich ein Kapitel, die Geschichte aber geht weiter.


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Zitat der Folge: "Who taught you how to do that?" - "No one."

Anmerkungen am Rande:

  • "How many men do we have to fight the Night King? Ten thousand? Less?" - "Fewer." Davos macht Grammatikpedant Stannis noch im Grabe stolz.
  • Theon und Jon wieder vereint. Yay?
  • Bran gibt Arya den Dolch aus valyrischem Stahl und blickt dabei so wissend, als wolle er damit ein zukünftiges Ereignis vorbereiten. Oder bilde ich mir das ein?
  • "Chaos is a ladder" ist eines meiner Lieblingszitate (weshalb ich es in jedem zweiten Recap erwähne). Littlefinger freut sich leider nicht darüber, dass Bran davon weiß.
  • Qyburn steht in Kontakt mit Söldnern der Golden Company in Essos. "I too would like them to recover some things that belong to me", meint Cersei. Stoff für Überinterpretationen?
  • Bronn, Beinahe-Drachentöter, ist nicht auf die "fancy lads school" gegangen. Ein Glück.
  • Arme Meera. Abgewickelt, sobald Bran seinen eigenen Rollstuhl bekommt.

Alle Recaps zur. 7. Staffel von Game of Thrones:

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