1951 - Das Jahr, in dem die Erde stillstand

06.09.2011 - 08:50 Uhr
Das Film Jahr 1951: Der Tag, an dem die Erde stillstand
20th Century Fox/moviepilot
Das Film Jahr 1951: Der Tag, an dem die Erde stillstand
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In unserer neuen Rubrik Markante Momente wollen wir euch fortan Meilensteine der Filmgeschichte präsentieren und in einen historischen Kontext einbetten. Das klingt ambitioniert? Ist es auch!

Wir beginnen mit dem Jahr 1951, den Anfängen des Alien-Invasionskinos und nehmen einen der Pioniere dieses Genres, Der Tag, an dem die Erde stillstand, genauer unter die Lupe.

Science Fiction gab es zugegebener Maßen schon vor 1951, vor allem aber in geschriebener Form. Das entscheidende Werk für die Etablierung dieses Genres in der Literatur ist Der Krieg der Welten von H.G. Wells, das spätestens durch ein missverstandenes Hörspiel von Orson Welles Ende der 30er Jahre in die Geschichte einging. Es sollte aber bis in die 50er Jahre dauern, bis die Aliens auch auf der Kinoleinwand angriffen.

Dort stellten die frühen Versuche des Science Fiction Films oft Reisen zu anderen Planeten dar. Das erste Werk dieser Art war Die Reise zum Mond von Georges Méliès. Oder aber die Filme handelten von utopischen bzw. dystopischen Gesellschaften, wie wir sie in Metropolis von Fritz Lang finden. Vor den 50er Jahren jedoch war der Besuch außerirdischer Lebensformen auf der Erde kein Thema des Films. Wie kam es, dass sich dies mit Der Tag, an dem die Erde stillstand radikal änderte?

Die Entdeckung des UFOs und sein erster Kinoauftritt
Zuerst einmal war die Existenz von Außerirdischen bis Ende der 40er Jahre im Bewusstsein der breiten Masse noch gar nicht angekommen. Erst mit der UFO-Sichtung von Kenneth A. Arnold 1947 wurde eine Zeit eingeleitet, in der immer mehr Menschen über Sichtungen von und Begegnungen mit Aliens berichteten. Auch der Begriff “fliegende Untertasse” entstand erst durch Arnolds Beschreibung seiner Erlebnisse. Der Tag, an dem die Erde stillstand ist der erste Film, der ein solches unbekanntes Flugobjekt zeigt. Somit ist der Film Wegbereiter für alle folgenden UFO-Darstellungen des Kinos. Aber nicht nur die Optik auch die Akustik des Science Fiction Films wurde durch Der Tag, an dem die Erde stillstand geprägt. Der Einsatz des Theremins zur Erzeugung außerirdischer Klänge wurde hier erstmals durch Filmmusiker Bernard Herrmann eingesetzt und war fortan fester Bestandteil der musikalischen Untermalung vergleichbarer Filme.

Der Zusammenhang zwischen Außerirdischen und Kommunisten
Kulturwissenschaftler gehen davon aus, dass die Vorstellungen von Aliens und ihrer drohenden Invasion im Kino der 50er Jahre auf den Kalten Krieg zurückzuführen ist. Zum einen bestand in Amerika die Angst vor einem Atomkrieg, der zwangsläufig auch zur eigenen Auslöschung führen musste. Zum anderen fürchtete die Regierung stets, von kommunistischen Spionen unterwandert zu werden, was unter anderem auch eine starke Zensur des Kinos zur Folge hatte.

Es gibt die Theorie, dass die Außerirdischen in ihren ersten Kinoauftritten eine Anspielung auf die drohende sowjetische Invasion darstellten. Ob das nun stimmt oder nicht, hiermit ließe sich auf jeden Fall die große Zahl von Alien Invasion Filmen erklären, die in den 50er Jahren entstand. Die ersten ihrer Art waren Das Ding aus einer anderen Welt und Der Tag, an dem die Erde stillstand, die beide in unserem Kinojahr 1951 erstmals vor Publikum aufgeführt wurden. Besonders der letztere präsentiert den historischen Kontext sehr deutlich.

Der Tag, an dem die Erde stillstand als Metapher
Das Meisterwerk von Robert Wise, das kürzlich in einem sehr schwachen Remake, ebenfalls unter dem Titel Der Tag, an dem die Erde stillstand, vergewaltigt wurde, ist insofern untypisch, als das die Gefahr nicht etwa von einem blutrünstigen Alien, sondern viel mehr von seinem Roboter ausgeht. Nichtsdestotrotz droht Klaatu, der Außerirdische gespielt von Michael Rennie, der Erde ernsthaft mit der Vernichtung, wenn die Weltmächte nicht in der Lage sind, ihre Konflikte beizulegen.

Dass es sich bei dem Außerirdischen um einen Kommunisten handelt, ist übrigens keine fixe Idee übermotivierter Filmwissenschaftler, sondern vielmehr ein Erklärungsmuster, das der Film selbst nahe legt. Die Bürger von Washington, wo das UFO landet, kommentieren eine diesbezügliche Nachrichtensendung mit der Vermutung, der Fremde käme nicht aus dem All, sondern von der Erde, und spielen damit auf die Sowjetunion an. Zudem spiegelt sich in der fiktiven Jagd auf Klaatu die reale Hexenjagd auf Kommunisten durch Senator McCarthy wider. Eine interessante Randnotiz an dieser Stelle ist, dass der Schauspieler Sam Jaffe, der im Film als Professor Barnhardt den Außerirdischen unterstützt, kurze Zeit später wegen angeblicher kommunistischer Aktivitäten von der Zensurbehörde gesperrt wurde.

Was von 1951 übrig bleibt
Außerirdische sind fremd. Sie kommen von weit her, von einem Ort, an dem alles anders ist, andere Regeln gelten, andere Götter angebetet werden. Sie stellen eine Gefahr da, weil sie das heimische System gefährden – entweder durch Unterwanderung oder durch Aggression. Deshalb sind Außerirdische in vielen Filmen eigentlich ein Bild von dem, was aktuell als „anders“ oder bedrohlich empfunden wird. Im The War of the Worlds Remake von Steven Spielberg zum Beispiel, das oft als Reaktion auf 9/11 gelesen wird, werden die Außerirdischen von einer der Hauptfiguren zunächst für Terroristen gehalten.

1951 aber war das Jahr, in dem die Aliens erstmals die Leinwand eroberten und mit der Zerstörung der Erde drohten. Bis heute hat sich das Alien Invasion Genre im Kino durchgesetzt und war dieses Jahr zum Beispiel mit Transformers 3 und Cowboys & Aliens präsent. Deshalb ist Der Tag, an dem die Erde stillstand ein würdiger Vertreter unseres ersten markanten Moments für die Filmgeschichte.

Was die Menschheit sonst noch im (Film)Jahr 1951 bewegte:

Drei Filmleute, die geboren sind
17.03.1951 – Kurt Russell, Stuntman Mike aus Death Proof – Todsicher
21.07.1951 – Robin Williams, unter anderem unsterblich geworden mit Hook
27.11.1951 – Kathryn Bigelow, kürzlich Oscar-prämiert für Tödliches Kommando – The Hurt Locker

Drei Filmleute, die gestorben sind
23.07.1951 – Robert J. Flaherty, Regisseur des ersten Dokumentarfilms Nanuk, der Eskimo
28.08.1951 – Robert Walker, Psychopath aus Der Fremde im Zug von Alfred Hitchcock
07.09.1951 – María Montez, Scheherezade aus Arabische Nächte

Die großen Festival- und Award-Sieger waren unter anderem
Goldener Löwe – Rashomon – Das Lustwäldchen von Akira Kurosawa
Goldene Palme – Das Wunder von Mailand von Vittorio De Sica und Fräulein Julie von Alf Sjöberg
Oscar – Ein Amerikaner in Paris von Vincente Minnelli

Drei Ereignisse der deutschen Filmwelt
18.01.1951 – Premiere von Die Sünderin und Skandal um Hildegard Knef
06.-17.6.1951 – Die erste Berlinale findet statt
04.12.1951 – Erste Verleihung des Deutschen Filmpreises, unter anderem an Erich Kästner

Drei wichtige Ereignisse der Nicht-Filmwelt
05.04.1951 – Ethel & Julius Rosenberg in den USA wegen Spionage zum Tode verurteilt
29.11.1951 – Das erste Micky Mouse Heft von Walt Disney kommt in den Handel
20.12.1951 – In Idaho wird erster Kernreaktor hochgefahren, der erfolgreich Energie produziert

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