Wir schauen House of Cards - Staffel 1, Episode 11

19.01.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Erlösung
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Mit der elften Episode porträtieren uns die House of Cards-Autoren ihren Protagonisten endgültig als das personifizierte Böse – nicht aber ohne eine gehörige Portion Melodramatik.

Ein leiser Abgang für Peter Russo (Corey Stoll) schien Beau Willimon und seinem Team der Figur wohl nicht gerecht zu werden. Stattdessen wird die elfte Episode gänzlich diesem Thema gewidmet: Governeur-Kandidat Peter Russo und sein schmerzhafter Weg nach ganz unten. Tod inklusive.

Entgegen meinen Erwartungen hat Peter nach seinem katastrophalen Radio-Interview nicht Selbstmord begangen, sondern sich heimlich aus dem Appartement geschlichen, um sich in sein eigenes zu verkriechen. Dass er sich nun wieder gänzlich dem Alkohol hingibt, verwundert natürlich nicht im Geringsten. Christina (Kristen Connolly) versucht, ihm zuzureden und ihn aufzurappeln, Peter verfällt jedoch vollkommen in alte Muster und bleibt bei seiner Flasche. Im Zuge seiner Verzweiflung versucht er, sein Gewissen in irgendeiner Form zu behandeln und möchte zunächst Kontakt zu seinen Kindern aufnehmen und sich anschließend festnehmen lassen – beides erfolglos. Frank (Kevin Spacey) holt ihn vom Polizeirevier ab und bringt ihn nach Hause. Auf dem Weg deutet Peter an, der Öffentlichkeit ein intimes Geständnis zugänglich zu machen, was Frank natürlich nicht zulassen kann: Er ermordet Peter und lässt es – bislang mit Erfolg – wie einen Selbstmord aussehen. Dadurch offenbart sich auch sein Masterplan: Vizepräsident Matthews (Dan Ziskie) soll Peters Posten übernehmen, damit Frank zunächst Matthews Amt bekommt und sich in ein paar Jahren sogar Hoffnungen auf das des Präsidenten machen darf.

House of Cards schert sich nicht besonders darum, ob der Zuschauer nun eine Identifikationsfigur hat, oder eben nicht. Das dürfte allerspätestens mit dieser elften Folge mehr als deutlich geworden sein. Frank bringt Peter, den womöglich einzig erwähnenswerten Charakter, der so etwas wie Empathie auszulösen vermochte, kaltblütig um. Damit verschwindet eine liebgewonnene Figur gänzlich aus dem Geschehen, während der eigentliche Protagonist noch weiter in die Missgunst des Zuschauers fällt. Das kann man nachvollziehbar kritisieren, allerdings würde das wohl an der Intention der Autoren vorbeischießen und wäre somit relativ witzlos. Es geht hier gar nicht darum, dass wir uns mit Francis Underwood identifizieren können, geschweige denn mit ihm sympathisieren. Es ist die blanke Faszination an seinem egomanen, verblüffend cleveren, machthungrigen Wesen, das unsere Aufmerksamkeit vor dem Fernseher aufrecht erhalten soll und dass zumindest in dieser Hinsicht ausgezeichnete Arbeit geleistet wurde, lässt sich nach Erlösung kaum noch leugnen.

Die Tatsache, dass es Franks Plan zu sein scheint, an den Posten des Vizepräsidenten zu gelangen, könnte im ersten Moment für ungläubiges Staunen sorgen. Schließlich schien Peters forcierter Niedergang eher wie ein Plan B, als Teil des Masterplans. Allerdings war es – wie jedoch lediglich in einem kurzen Dialogfetzen zwischen Doug (Michael Kelly) und Francis angedeutet wurde – schon immer vorgesehen, dass Peter zu Fall gebracht wird, damit Frank Vizepräsident werden kann. Den Umständen entsprechend musste dieser Fall jedoch deutlich vorgezogen werden. Und eben diese Seite von House of Cards ist so stark: Wir Zuschauer werden weitestgehend im Dunklen gehalten und müssen uns die Hintergründe aus kleinen Informationshäppchen selbst zusammenbasteln, während andere Serien uns solch einen wichtigen Fakt sicherlich mehrmals unter die Nase gerieben hätten, damit es auch wirklich jeder versteht.

In dieser Hinsicht muss ich vor den Autoren also einen anerkennenden Knicks machen; gänzlich makellos ist aber auch Kapitel elf nicht. Die Subtilität, mit der uns die Offenlegung von Franks Plan präsentiert wird, wird in anderen Bereichen schmerzlich vermisst. Allein das Telefonat zwischen Peter und seiner Tochter ist bis zum Anschlag cheesy (I don’t like to hear your voice when it’s like this. It makes me sad. Aua.), die Rührseligkeit zieht sich jedoch in einem teilweise wirklich schwer zu ertragenen Ausmaße durch die gesamte Storyline und verleiht Peters Abgang einen faden Beigeschmack, den es bei einem Selbstmord in der Dusche nicht gegeben hätte. Allerdings darf in dieser Serie leider keine signifikante Aktion ohne Franks Entscheidung vonstatten gehen.

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