Verlust, Demütigung, Gerechtigkeit - Rache im Film

05.12.2010 - 08:50 Uhr
Jean Reno in 22 Bullets
Wild Bunch/Central
Jean Reno in 22 Bullets
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Zum Filmstart von 22 Bullets, in dem sich Ex-Mafiaboss Charly Matteï alias Jean Reno an seinen Attentätern rächt, blicken wir auf die vielfältigen Formen, die der Rachefilm annehmen kann.

Seine Vergangenheit holt den ehemaligen Mafiaboss Charly Matteï (Jean Reno) ein, als er nach drei Jahren Mafia-Ruhestand in einem Hinterhalt von 22 Bullets durchsiebt wird. Um sich und seine Familie zu schützen, muss Matteï ein letztes Mal zum Killer werden. Richard Berry inszenierte den französischen Thriller, der auf einer wahren Begebenheit beruht. Zu den Produzenten gehört Luc Besson, dessen wohl fruchtbarste Zusammenarbeit als Regisseur mit Jean Reno in Léon – Der Profi resultierte. Auch in 22 Bullets mimt Reno wieder den Sympathieträger des bösen Jungens mit einem guten Herzen und klaren ethischen Grundsätzen. Der Rachethriller ist ein geradliniger, aber vor allem wegen Jean Reno sehenswerter Vertreter seines Genres.

„Vergossenes Blut trocknet nie“, diesen Satz wiederholt Charly Matteï nach dem brutalen Hinterhalt immer und immer wieder. Auf ihm basieren sie alle, die Filme, in denen gedemütigte Männer ihren Schmerz in Gewalt kanalisieren, in denen verletzte Frauen sich über ihre Peiniger erheben, in denen Menschen die Gerechtigkeit wiederherstellen wollen, die Rachefilme. Auge um Auge, Zahn um Zahn, manchmal noch viel mehr. Kein Rachefilm widmet sich dem Thema auf ein und dieselbe Art und Weise. Noch dazu sind die Gründe, Rache zu üben, unendlich vielfältig. Die wichtigsten sind Verlust, Gerechtigkeit und Demütigung.

Die Rache für einen Verlust
Mathilde hat ihre zugegebenermaßen nicht gerade liebevolle Familie verloren. Trotzdem ist die Zwölfjährige nun auf sich allein gestellt und bittet ihren Nachbarn um Hilfe. Léon – Der Profi (Jean Reno) rächt den Verlust des jungen Mädchens, das ihm zusehends mehr und mehr ans Herz wächst. Auch John W. Creasy (Denzel Washington) wird zum Mann unter Feuer, als das kleine Mädchen Pita, das sich in seiner Obhut befindet, entführt wird. Ins Gesicht geschrieben ist der Schmerz über seinen Verlust Eric Draven, der als The Crow von den Toten aufersteht, um Vergeltung zu üben. Ungewöhnlich nüchtern dargestellt wird hingegen der Schmerz von Ex-Killer Costello, der die Auslöschung der Familie seiner Tochter ganz methodisch und professionell rächt. Auftragskiller unter sich eben. Vengeance ist deshalb ein einmaliger Vertreter seiner Art.

Mit Verlust lässt sich ganz vielfältig umgehen. Der eine schleicht von Trauer zerfressen im nächtlichen Schatten auf Häuserdächern herum, der andere macht seinen Gegnern lautstark Feuer unterm Arsch.

Die Rache, die Gerechtigkeit wiederherstellt
Jodie Foster wird als Erica Bain in Die Fremde in Dir aus paranoider Angst und dem schmerzlichen Verlust ihres Verlobten zum Racheengel, der mordend durch New York zieht und das Recht selbst in die Hand nimmt. Vom Juristen Villefort hintergangen landet Edmond Dantès alias Der Graf von Monte Christo unschuldig im Gefängnis und sinnt nach seinem Ausbruch und der Hebung eines Schatzes darauf, die Gerechtigkeit wiederherzustellen. Als unsichtbarer Strippenzieher fädelt er geschickt Familientragödien und Finanzdebakel ein. Mit ebensolchem Geschick organisiert Clyde Shelton in Gesetz der Rache diverse Aktionen terroristischen Ausmaßes, um sich an der amerikanischen Justiz zu rächen, die seiner Vorstellung von gerechter Strafe für die Mörder seiner Familie nicht entsprach. Mit dem falschen Mexikaner angelegt haben sich die Auftraggeber von Machete, der nun mit einem vielfältigen Waffenarsenal, jede Menge cooler Sprüche und heißen Frauen an seiner Seite blutige Rache übt.

Interessanterweise scheint Gerechtigkeit in den meisten Fällen nur in Verbindung mit einer Menge Action zu funktionieren. Explodierende Autos und große Waffen, Gerechtigkeit braucht anscheinend durchschlagende Argumente.

Die Rache der Gedemütigten
Die Demütigung, die seinem geistig behinderten Bruder Anthody durch eine Gruppe von Rowdys widerfahren ist, will Richard rächen. Voller Wut kehrt er in seine Heimatstadt zurück und will Blutrache – Dead Man’s Shoes. Als Beatrix Kiddo sich dazu entscheidet, das Kind, das sie von Bill erwartet, nicht in dessen kriminellen Milieu groß zu ziehen, wird sie vom Vater ihres Kindes und seinem Attentatskommando aufgespürt und lebensgefährlich verletzt. Nachdem sie aus dem Koma erwacht ist, beginnt sie ihre Death List Five nach und nach abzuarbeiten. Am Ende steht ein einziger Gedanke, der Kiddos Rache antreibt: Kill Bill. Ebenso wütend wie sie ist Oh Dae-su, der sich in Oldboy für 15 Jahre Gefangenschaft rächen will, die ihm ein Unbekannter angetan hat. Die Suche enthüllt eine eigene längst vergangene Schuld, aus der sich diese komplexe Episode der Rache-Trilogie von Chan-wook Park entfaltet.

Die gedemütigten Helden strotzen nur so vor Entschlossenheit. Die Schmach verleiht ihnen eine innere Kraft, aus der heraus sie zu allem in der Lage sind. Der eigene Tod ist dabei nur deshalb nicht duldbar, weil er sie von der Erledigung ihrer Aufgabe abhalten würde.

Was haltet ihr von Rachefilmen? Ist es überhaupt legitim, sich mit einem vor Blutrausch strotzenden Racheengel zu identifizieren? Welche Beweggründe, welche (Anti-)Helden konntet ihr am ehesten nachvollziehen?

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