Uncharted mit Tom Holland ist der letzte Beweis, dass Videospiel-Filme selten eine gute Idee sind

20.02.2022 - 10:00 UhrVor 2 Jahren aktualisiert
Tom Holland (links) spielt eine jüngere Version des Uncharted-Protagonisten Nathan Drake (rechts)Sony/Naughty Dog
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Schon vor Kinostart nahmen Kritiker:innen und Fans Tom Hollands Uncharted-Film auseinander. Dabei ist es nahezu unmöglich, ein Videospiel zu adaptieren und irgendjemanden damit glücklich zu machen.

Erst die Ankündigung der The Last of Us-Serie, dann Gerüchte um eine Serienadaption von Mass Effect mit Henry Cavill und jetzt auch noch ein Bioshock-Film bei Netflix: Die Film- und Fernsehbranche scheint auf der Suche nach neuen Stoffen aktuell angestrengt die beliebtesten Gaming-Franchises der letzten Jahre zu durchforsten. Vorbei sind die Jahre, in denen Zocken als seltsame Subkultur galt, und das ist auch richtig so.

Adaptionen millionenfach gefeierter Blockbuster-Spiele liegen nahe und können sogar ziemlich gut sein, wie der Überraschungserfolg der League of Legends-Serie Arcane zeigt. Trotzdem stelle ich mir eine Frage, die mir gerade ein bisschen zu kurz kommt: Wer will das eigentlich? Ich glaube, Adaptionen beliebter Gaming-Franchises machen in 90 Prozent der Fälle niemanden glücklich. Die negativen Kritiken zu Uncharted sind der beste Beweis dafür. Und es gibt genau zwei Gründe, warum das so ist.

1. Selbst Stars wie Tom Holland können das, was Videospiel-Filmen fehlt, nicht ersetzen

Wer schon mal dutzende Stunden vor dem PC oder der Konsole gesessen hat, weiß: Bei guten Spielen fühlt man ab einem bestimmten Punkt eine tiefe Verbundenheit zu dem Charakter, den man durch Schießereien, riesige Schluchten oder romantische Dates mit Aliens steuert. Und dann kommt der erste Trailer zur Realverfilmung. Der Protagonist hat die richtige Frisur, das richtige Outfit, sogar die richtige Art, nonchalant von Gebäuden zu stürzen. Trotzdem: Irgendwie fühlt ihr nichts. Da ist plötzlich eine Distanz zwischen euch und dem, was ihr eigentlich liebt.

Yves aus dem Moviepilot-Team ist kein Fan vom Uncharted-Film

Uncharted ist nix besonderes! | Review
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Ich sage nicht, dass es jedem so geht. Doch wenn es euch bei den ersten Uncharted-Bildern so ging, ist das absolut nachvollziehbar. Fans eines Spiels haben eine ganz konkrete Vorstellung davon, wie ihr Held oder ihre Heldin auszusehen und sich zu verhalten hat. Sie haben eine ganz eigene Spielerfahrung gemacht, die kein 120-Minuten-Film allgemeingültig transportieren kann. Und auch kein Hollywood-Star – egal ob Tom Holland als Nathan Drake oder Henry Cavill als Commander Shepard. Und es gibt noch ein anderes Problem.

2. Egal ob Uncharted oder Mass Effect: Videospiel-Storys lassen sich nicht eins zu eins adaptieren

Videospiele haben in den seltensten Fällen eine wirklich komplexe Story, die sich für eine direkte Adaption anbietet. Selbst die Mass Effect-Trilogie mit ihrer reichen Lore ist im Kern eine eher generische Sci-Fi-Held:innen-Geschichte. Was die Spielerfahrung so besonders macht, sind die Entscheidungen, die die spielende Person trifft und die Charaktere, mit denen sie interagiert. Wobei auch die Dimension der Charaktere begrenzt ist.

Das Gleiche gilt für Uncharted. Die Geschichte von Nathan Drake bewegt sich irgendwo zwischen Indiana Jones und Tomb Raider und erzählt im Kern eigentlich wenig Neues. Ein guter Film braucht in der Regel mehr als "Wir wollen den Goldschatz. Auf dem Weg dahin machen wir ein paar Witze, lösen diverse Rätsel und ballern in zunehmend absurder werdenden Action-Sequenzen minutenlang um uns". Schließlich gibt es da keine Entscheidungen und eigene Erfahrungen, die Zuschauer:innen machen können. Sie konsumieren passiv.

Einige Szenen in Uncharted sind fast eins zu eins aus den Spielen übernommen

Klar, könnte man die bereits bestehende Spielvorlage einfach um Nebenhandlungen erweitern und an den Charakteren herumschrauben. Damit läuft man aber wiederum Gefahr, sich zu weit vom geliebten Original zu entfernen. Der einzige Weg, das zu umschiffen, ist, einen Film zu drehen, der zwar im bekannten Gaming-Universum spielt, aber eine ganz eigene Geschichte erzählt. Was sich wiederum nicht ganz so knackig vermarkten lässt.

Warum ihr Uncharted trotzdem im Kino sehen solltet

Wir stellen also fest: Eigentlich kann beim Thema Gaming-Adaptionen kaum jemand gewinnen. Uncharted, der Film, ist zwar ein okayer Action-Streifen, der es in einigen Momenten schafft, die Magie der Vorlage aufleben zu lassen. Aber okay sein reicht nicht. Denn Uncharted, das Gaming-Franchise, ist eine Reihe grandioser Action-Adventures mit für Videospielverhältnisse herausragenden schauspielerischen Leistungen und grandios geschriebenen Dialogen.

Leider wirkt Mark Wahlberg als Sully im Uncharted-Film weniger wie ein echter Mensch und vielmehr wie seine digital erstellte Videospiel-Vorlage. Das ist vor allem deswegen so schade, weil es sich durchaus lohnt, dem Film eine Chance zu geben.

Uncharted ist kein Indiana Jones und auch kein Spider-Man: No Way Home mit mehr Schweiß. Aber: Uncharted ist unterhaltsames Blockbuster-Kino mit ein paar durchaus charismatischen Schauspieler:innen – und Mark Wahlberg. Macht Spaß, wenn man nicht all zu viel darüber nachdenkt, ist aber auch schnell wieder vergessen. Für ein Action-Game mit dutzenden Stunden Spielzeit wäre das eine Enttäuschung. Für einen knapp zweistündigen Action-Film ist es aber absolut OK.

Diskussion im Podcast: Ist Uncharted eine gelungene Videospielverfilmung?

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Im Podcast Leinwandliebe diskutieren die Kollegen von FILMSTARTS über den neuen Blockbuster mit Tom Holland, der zugleich auch das Leinwanddebüt der PlayStation-Ikone Nathan Drake darstellt. Kann das Action-Abenteuer die hohen Erwartungen erfüllen oder reiht es sich ein in die lange Liste enttäuschender Videospiel-Adaptionen?

Wie findet ihr Uncharted?

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