Der Auftakt der 10. Staffel von The Walking Dead erzählte nicht nur von einem abgestürzten Satelliten, sondern ebenfalls einer unsichtbaren Gefahr. Seit Monaten haben die Überlebenden rund um Michonne (Danai Gurira), Daryl (Norman Reedus) und Co. kein Lebenszeichen von den Whisperers vernommen. Dann tauchte jedoch eine Maske am Strand auf und brachte all die verdrängten Erinnerungen und Ängste zurück, die mit den jüngsten Bösewichten in The Walking Dead einhergehen.
Wir sind das Ende der Welt, die 2. Folge der 10. Staffel, versichert uns nun in ungemütlichen 45 Minuten, dass die Whisperers definitiv noch da draußen in den Wäldern lauern und sorgsam darauf achten, wer ihre Grenzen überquert und wer nicht.
Noch viel spannender wird die von Nicole Mirante-Matthews geschrieben Episode aber dadurch, dass sie Ereignisse der Gegenwart beunruhigenden Flashbacks aus der Vergangenheit gegenüberstellt, ehe beide Handlungsstränge in einem starken Finale verschmelzen.
Die wichtigsten Beobachtungen zur neuen The Walking Dead-Folge:
- Nachdem der Staffelauftakt den Guten gehörte, bewegen wir uns nun mitten ins Lager der Bösen - und in deren Vergangenheit.
- Die Einblicke in Alphas Vergangenheit entmystifizieren die Figur keineswegs. Im Gegenteil: Sie machen sie noch furchterregender.
- Als wäre Beta nicht schon eine der gruseligsten Erscheinungen der Serie hat er seinen Ruf spätestens mit dieser Folge gefestigt.
Zuerst sind da jedoch eine Mutter und eine Tochter, die sich schleichend durch eine Beißer-Gruppe bewegen. Auf den ersten Blick fallen sie gar nicht auf. Erst dann, als die Tochter einen lauten Schrei ausstößt, da sie beim Anblick einer von Untoten ausgenommenen Frau jegliche Disziplin vergisst. Disziplin ist es, die Alpha (Samantha Morton) und Lydia (jung: Havana Blum) seit dem Ausbruch der Zombie-Apokalypse am Leben gehalten hat. Die menschliche Komponente kann mit dieser Härte aber nicht mithalten.
Kein Wunder, dass Alpha in den nachfolgenden Minuten alles daran setzt, sämtliche Menschlichkeit aus ihrem Leben zu verbannen, wenngleich sie sich allein durch die Liebe zu ihrer Tochter in bitteren wie tragischen Widersprüchen verfängt, die sie bis in die Gegenwart verfolgen. Zuvor baut Wir sind das Ende der Welt die Origin-Story der Bösewichtin aus und beleuchtet dabei neben den Wurzeln von Alphas Ideologie die erste Begegnung mit Beta (Ryan Hurst), der später als ihre rechte Hand fungieren soll.
Wie Beta zu einer der unheimlichsten The Walking Dead-Figuren wird
Als der Hüne erstmals in Erscheinung tritt, schafft Greg Nicotero, der nach dem Staffelauftakt zum zweiten Mal infolge auf dem Regiestuhl Platz nimmt, eines der schauerlichsten Bilder der gesamten Serie.
Mutter und Tochter fliehen in die Dunkelheit eines vermeintlich verlassenen Gebäudes - und dann steht da dieser riesige Mann mit seiner Machete und lässt für den Bruchteil einer Sekunde alle Albträume und Schreckensvorstellungen in der beklemmenden Enge Wirklichkeit werden.
Beta erweist sich als wortkarger Wegbegleiter, der einem allein durch seine wuchtige Präsenz jeden Grund zum Fürchten gibt. Gewissermaßen verkörpert er genau das, was Alpha sucht und in ihrer schwachen Tochter nicht findet. Er ist ein Monster - doch das spielt keine Rolle, denn Alpha und Lydia leben jetzt in einer Welt, in der nur noch Monster existieren, egal ob lebende oder tote. Der einzige Nachteil der Lebenden ist, dass sie sich fortan von ihren verletzlichen Eigenschaften trennen müssen.
- Neues Whisperers-Mitglied: Alles über die von Thora Birch verkörperte Gamma
Das Verschwinden der Namen ist der erste Schritt in diese Richtung, die nur mit Mühe und eben jener eingangs erwähnten Disziplin verfolgt werden kann. Die Strukturen, die Alpha später als Anführerin der Whisperers etabliert hat, erfordern absolute Hingabe und lassen keinen Platz für Gefühle.
Doch dann taucht da immer wieder Lydia auf, mal als Kind, das niemand anderen als seine Mutter hat, und mal als Jugendliche (Cassady McClincy), die sich komplett von ihrer Mutter entfremdet, ja, sogar die Fronten gewechselt hat.
Die Geschichte wiederholt sich - und Alpha gerät in eine Sackgasse
Am Beispiel von Gamma (allein das brillante Casting des ehemaligen Kinder- und Jugendstars Thora Birch!) und deren Schwester Frances (Juliet Brett) wird Alpha erneut mit ihrer größten Schwachstelle konfrontiert. Und wieder balanciert sie auf einem schmalen Grat zwischen der eigenen, unterdrückten Menschlichkeit und jenem Monster, das sie geschaffen hat, um zu überleben.
Beta nimmt in diesem Konflikt das bedrohlich im Stillen brodelnde Gewissen ein. Er hat sich auf Alpha eingelassen, erwartet aber, dass diese ihre Versprechen einlöst.
Die beiden führen eine gefährliche Beziehung, die noch unbequemer wird, wenn uns der entscheidende Flashback in sein privates Kämmerlein entführt und den Hintergrund seiner Maske offenbart. Der Verlust einer geliebten Person vollendet Betas Transformation in jenes Monster, das Alpha liebt und es gleichermaßen fürchtet, da sie selbst die größte Prüfung ihrer eigenen Ideologie nicht bestanden hat. Denn Lydia ist noch am Leben. Sie hat es nicht übers Herz gebracht, ihre Tochter zu töten.
- Zum Weiterlesen: The Walking Dead Staffel 10: Alle Folgen im Überblick und Stream
Die Whisperers fußen nicht länger nur auf Angst, Schmerz und Unterdrückung, sondern vor allem auf einer Lüge, die im Bruchteil einer Sekunde entlarvt werden kann. Wie schnell im Lager der Whisperers Stimmung gemacht werden kann, beweist die Gruppendynamik in der neusten Folge überaus effektiv.
Vorerst wird der Bund zwischen den Abgründen der Liebe und Menschlichkeit zwischen Alpha und Beta erneuert, sodass wir uns auf eine Eskalation des Konflikts noch ein bisschen gedulden müssen.
Hier könnt ihr die neuen Folgen von The Walking Dead sehen:- Die 10. Staffel von The Walking Dead wird sonntags in den USA auf AMC ausgestrahlt und ist hierzulande einen Tag später auf FOX und über Sky Ticket zu sehen.
Wenn Alpha am Ende aus dem Wald heraustritt und Carol (Melissa McBride) über den Graben hinweg in die Augen blickt, erhält dieser Moment nach den in Wir sind das Ende der Welt illustrierten Ereignissen noch einmal eine völlig neue, unbehaglichere Bedeutung.
Wie ein zweiteiliger Staffelauftakt fügen sich die beiden Kapitel zusammen, genauso wie die beiden Zeitebenen in der Episode ineinander übergehen. Eindrucksvoll demonstriert The Walking Dead hier, wie alles verbunden ist - und wie schnell alles in sich zusammenstürzen kann.
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