The Kinky Klaus - Ein echter Avantgardist

22.01.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Klaus Kinski in Nachtblende
S.N. Prodis
Klaus Kinski in Nachtblende
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In einer sechsteiligen Reihe führt euch Charly Dreyfuss durch eine Odyssee des Sexploitation Cinema. Die dritte Folge befasst sich mit dem deutschen Ausnahmetalent Klaus Kinski, einem der wenigen echten Avantgardisten des 20. Jahrhunderts.

Der blonde Teufel mit der Mähne eines Löwen, die Unbändigkeit der tobenden See und die unersättliche Gier nach sexueller Verschwendung charakterisieren Klaus Kinski von Erguss zu Erguss. In der Zeit zwischen Morituri und Kinski Paganini entwickelte sich die Zierde der deutschen Schauspielkunst und einer der wenigen echten Avantgardisten des 20. Jahrhunderts. Klaus Kinski war zwar auf einer Schauspielschule, doch er nutzte diese Räumlichkeiten nach eigener Aussage zufolge nur, um Bücher zu klauen und junge Schauspielerinnen ihrer Jungfräulichkeit zu berauben.

Er beschwörte stets in seiner impulsiver Manier, kein Schauspieler zu sein. Dass ihm nicht gelehrt werden kann, etwas Bestimmtes zu empfinden, sei es Schmerz, Verzweiflung oder Glück, sondern dass er seine Rollen lebt. Er verleiht den Charakteren, die er verkörpert, ein außerordentliches Maß an Authentizität, indem er die Buchstaben des Drehbuchs aufnimmt, sie durch seinen Körper eindringen lässt, um später auf der Leinwand als makelloser Symbiont zu erscheinen.

Klaus Kinski ist dem deutschen Publikum vor allem durch seine Kollaborationen mit Werner Herzog bekannt, wie auch durch seine Rollen in Edgar-Wallace-Verfilmungen, zahlreichen Western und Horrorfilmen, in denen er den schizoiden Schurken mimt. Doch neben diesen Filmen drehte er auch einige, bereits in Vergessenheit geratene, avantgardische Erotikfilme und Sexploitation-Streifen.

Auf 4000 Frauen, mit denen er angeblich den Beischlaf vollzogen haben soll, kommen ca. 150 Filme, die er drehte. Wenig scheint es, da Kritiker Klaus Kinski immer wieder unterstellten, er würde seine eigene Person in etlichen abstrusen Figuren verkörpern. Der Kinderschänder aus Cobra Verde, der exzentrische Schauspieler Karl-Heinz Zimmer aus Nachtblende oder auch die Figur des obsessiven Fitzcarraldo wurden durch diverse Journalisten als Widerspiegelung von Kinskis Persönlichkeit beschrieben. Letztendlich handelt es sich um einen Beruf, den jemand mehr oder minder brillant ausführen kann, allenfalls abhängig davon, wie viele Rollenangebote der Schauspieler erhält oder eben nicht. Klaus Kinski hatte massenweise Rollen verkörpert, doch dass diese sich auf seine Persönlichkeit ausgewirkt haben oder umgekehrt, ist vorerst eine Behauptung. Fakt ist, dass jede Rolle ein gehöriges Maß an Klaus Kinski repräsentiert.

Paroxismus (alternativer Titel Venus in Furs) von Jesús Franco aus dem Jahr 1969 ist zwar kein längst vergessener Untergrundschinken wie beispielsweise Die Mondvögel von Peter Zadek, dennoch gehört Venus in Furs zweifellos zu den interessantesten Franco-Filmen mit Kinskischer Beteiligung. Eine Geschichte über Sex und Tod, zwischen Sadismus und Fetischismus, Psychedelia und Oneirophrenie, in der die Jazzmusik zum wesentlichen Protagonisten wird. Manfred Manns und Mike Huggs Progressive Jazz tauchen den gesamten Film in eine unrealistische, traurige und düstere Atmosphäre. Klaus Kinski tritt in dem durch paradoxe Logik und dunkle Erotik gezeichneten Film nur in einer Nebenrolle als verdorbener und drogenabhängiger türkischer Millionär auf, die er mit gewaltiger Leinwandpräsenz und adriger Stirn zum Besten gibt.

Zwischen 1969 und 1976 taucht Klaus Kinski immer wieder in verschiedenen Jess Franco-Sexfilmen auf, generell dreht er knapp 40 Filme in dieser Zeit und gilt als gefragtester und bestbezahlter Schauspieler in Europa. Neben den italienischen Genrefilm-Meistern wie Antonio Margheriti, Damiano Damiani, Sergio Corbucci und Sergio Leone gilt Klaus Kinski auch bei Filmemachern wie Pier Paolo Pasolini, Luchino Visconti und sogar Federico Fellini als Favorit für ihre Filme.

Allerdings boten die B-Movies einfach mehr Geld. So lehnte Klaus Kinski 1969 das Rollenangebot für Pasolinis Film Der Schweinestall ab und beschenkte stattdessen viele Filme mit kleinen Nebenrollen. Jess Francos Sexploitationenstreifen Paroximus, Marquis de Sade – Justine, die deutsche Erotikproduktion Wie kommt so ein reizendes Mädchen zu diesem Gewerbe? von Regisseur Will Tremper, sowie sechs weitere Filme waren Alternativen zum italienischen Star-Regisseur.

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