Sylvester Stallone fehlt in Creed 3 – und etwas Besseres konnte dem Film nicht passieren

12.03.2023 - 19:45 UhrVor 1 Jahr aktualisiert
Creed IIIWarner Bros.
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Die Creed-Reihe führt Rockys Vermächtnis im Kino weiter. Dass Sylvester Stallones Boxer in Teil 3 fehlt, stört dabei keineswegs. Vielmehr zeigt es, wie stark sich die Reihe entwickelt hat.

Wer eine Filmreihe erfolgreich zurück ins Kino bringen will, darf die Stars des Originals nicht vergessen. Das haben wir in den vergangenen Jahren bei zahlreichen beliebten Franchises gesehen, angefangen bei Star Wars über Jurassic World bis hin zu Scream, wo die Rückkehr sogenannter Legacy-Figuren sogar auf der Metaebene verhandelt wurde. Eines der erfolgreichsten Beispiele dieses Trends: Rocky.

Der erste Film rund um den von Sylvester Stallone verkörperten Boxer kam 1976 ins Kino und hat fünf Fortsetzungen nach sich gezogen, die alle den Namen Rocky im Titel trugen. Als Stallone 2015 nach einer neunjährigen Pause erneut als Rocky Balboa die große Leinwand eroberte, trat er jedoch einen Schritt zurück und nahm für den jungen Adonis Creed die Mentorenrolle ein – zwei Generationen in einem Film.

Die Creed-Filme brauchen Rocky nicht, um zu überleben

Genau wie Han Solo in Star Wars 7: Das Erwachen der Macht neuen Star Wars-Held:innen die Weite der Galaxis zeigt, trainiert Rocky den Sohn seines einstigen Rivalen und späteren Freundes Apollo Creed. Der siebte Film aus dem Box-Universum erhielt daher den Titel Creed und stellte uns mit Michael B. Jordans Adonis Creed eine neue Hauptfigur vor, die das Franchise inzwischen allein auf ihren Schultern trägt.

Hier könnt ihr den Trailer zu Creed III schauen:

Creed III - Trailer 2 (Deutsch) HD
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Nachdem sich Stallone mit Creed II verabschiedet hat, taucht er in Creed III nicht auf. Was sich wie ein logischer Schritt anhört, ist im gegenwärtigen Hollywood-Kino alles andere als selbstverständlich. Selbst tote Figuren werden regelmäßig zurückgebracht. Luke Skywalker ist das beste Beispiel. Mal taucht er als Machtgeist auf, mal als digital verjüngte Version in The Mandalorian. Creed III hat solche Tricks mit Rocky nicht nötig.

Nicht einmal im Ring ist Adonis auf die Hilfe der Boxlegende angewiesen. Der neue Film steht komplett auf seinen eigenen Beinen. Deutlich wird das u.a. dadurch, dass sein Hauptdarsteller zusätzlich die Regie übernommen hat – ein großer Schritt mit Tradition. Michael B. Jordan profiliert sich wie einst Stallone als kreative Kraft hinter der Reihe, während er Apollos Geschichte unabhängig ausbaut.

Creed 3 ist das genaue Gegenteil von Jurassic World 3

Legacyquels werden gerne benutzt, um angestaubte Marken aufzufrischen. Der Bezug zum Original verspricht nicht nur Nostalgie. Sie garantiert erzählerische Kontinuität, die seit den eng vernetzten Marvel-Filmen ein wichtiges Verkaufsargument ist, um Fans langfristig an eine Reihe zu binden. Wenigen Franchises gelingt es allerdings, sich nach der erfolgreichen Wiedereinführung tatsächlich von ihrem Gründer loszulösen.

Sylvester Stallone und Michael B. Jordan in Creed II

Diese Emanzipierung ist ein wichtiger Schritt. Denn wenn sie nicht stattfindet, landet man schnell in einer Sackgasse, wie das Jurassic-Franchise auf schmerzliche Weise erfahren musste. Nachdem dort die neuen Figuren, Owen Grady (Chris Pratt) und Claire Dearing (Bryce Dallas Howard), beim Publikum nicht gezündet haben, kam nach und nach die Originalbesetzung (Sam Neill, Laura Dern und Jeff Goldblum) zurück.

Wie viel Vermächtnis ist zu viel? Jurassic World 3: Ein neues Zeitalter beantwortete diese Frage auf schmerzhafte Weise. Creed wiederum ist mit Bravour aus der Rocky-Sackgasse entkommen. Nicht zuletzt hat der Boxer einen würdigen Abschluss erhalten: Er konnte sich mit seinem Sohn vertragen und Adonis auf die Herausforderungen im Ring vorbereiten. Rocky kann zufrieden in den Ruhestand gehen.

Creed kann auch ohne Rocky ein echter Rocky-Film sein

Der Streit um die Markenrechte ist zwar ein entscheidender Grund, warum Rocky in Creed III nicht auftaucht. Zu keiner Sekunde fühlt sich die Fortsetzung aber so an, als hätte sie deswegen gravierende künstlerische Kompromisse eingehen müssen. Jordan baut vielmehr seine eigene Creed-Mythologie aus, etwa durch den Familienfokus und eine Figur aus Adonis' Vergangenheit: Damian Anderson (Jonathan Majors).

Michael B. Jordan als Adonis Creed in Creed III

Keine Nostalgie-Verrenkungen, kein krampfhafter Blick zurück: Es ist fast verblüffend, wie leicht es Jordan fällt, Rockys Vermächtnis ohne Rocky fortzusetzen. Creed III kommt als geradliniges Box-Drama daher, befreit von allem Legacy-Ballast. Das gibt der Geschichte und den Figuren angenehm viel Raum, um sich zu entfalten und zu wachsen. Besonders Majors Figur wird innerhalb von zwei Stunden zur starken Präsenz.

Gleichzeitig trägt Creed III die Rocky-DNA weiterhin in sich. Sowohl thematisch als auch auf filmischer Ebene sind vertraute Elemente zu erkennen, für die die Rocky-Filme berühmt sind, angefangen bei den Trainingsmontagen bis hin zum Konflikt zwischen Familie und Karriere. Jordan nutzt die Schablone allerdings nie zum Nachteil seiner eigenen Interessen. Sie dient als Fundament, auf dem er etwas Neues aufbauen kann.

In drei Filmen hat sich die Rocky-Reihe in Creed verwandelt

Von Philadelphia nach Los Angeles: Allein der Wechsel des Haupthandlungsortes macht die Transformation deutlich. Vergessen ist der Vater des Franchise trotzdem nicht. Rocky lebt weiter in Bildern, Nennungen und Erinnerungen. Ohne ihn würde weder Adonis im Ring stehen noch Creed im Kino existieren. Ehrfurchtsvoll gehuldigt muss der Figur nach drei – auch an den Kinokassen erfolgreichen – Ablegern jedoch nicht mehr.

Am Ende der Creed-Trilogie können wir sehr gut die gegenläufige Bewegung von Jurassic World beobachten. Wo sich beim Dinobändigen der Kreis so fest geschlossen hat, dass gar kein Bedarf mehr nach neuen Filmen besteht, ist Creed jetzt völlig frei. Der Staffelstab wurde übergeben. Die Reihe hat sich komplett gehäutet. In drei Filmen ist aus Rocky Creed geworden und jetzt stehen dem Box-Universum alle Türen offen.

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