Skyfall: Einer der schlechtesten James Bond-Filme überhaupt

29.03.2020 - 17:00 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
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Kein James Bond-Film hat auf Moviepilot eine höhere Community-Wertung als Skyfall. Völlig zu Unrecht. Für mich markiert 007 Nummer 23 sogar einen Tiefpunkt.

James Bond hat gerade Keine Zeit zu sterben und kommt aufgrund der Corona-Krise mit Verspätung erst im November in die Kinos. Dabei gönnte ich mir zur Vorbereitung erst noch mal die vier bisherigen Daniel Craig-Filme. Das Timing ging also in die Hose, trotzdem fiel mir abermals auf, wie verheerend die Probleme bei Skyfall doch sind.

Bis heute finde ich kein Verständnis für die Begeisterungsstürme, die 2012 mit dem 23. Ableger der James Bond-Filme einhergingen.

Kritiker-Legende Roger Ebert sprach von "einem der besten Bonds aller Zeiten", für meinen Moviepilot-Kollegen Matthias war es "wie in einem Kunstwerk [...]". Die Süddeutsche  meinte, die Marke "katapultiert sich in eine ganz neue Liga". Und erfolgreichster 007 war Skyfall an den Kinokassen übrigens auch. Die Filmwelt war euphorisiert von diesem neuen, kühlen wie realistischen James Bond - einfach nur, weil er ein bisschen besser war als der missratene Vorgänger Ein Quantum Trost.

Zum Weiterlesen: Neuer James Bond mit Daniel Craig - Star musste beim Schauen weinen

Beobachtungen zu James Bond: Skyfall

Skyfall: Zuerst ein kleines Lob für den Bond-Film

In einer Disziplin liegt Skyfall dann doch ganz oben. Die Eröffnungssequenz mit dem Titel-Song von Adele gehört tatsächlich zu den besten Intros der Bond-Historie. Zudem war erstmals Kamera-Legende Roger Deakins (1917) dabei, der den Sam Mendes-Film grandios fotografierte.

In den gestochen scharfen wie übertrieben makellos sauberen Bildern liegt aber auch ein großes Problem: Die bis dato immer auf Analog-Film gedrehten Bond-Filme sehen auf einmal nicht mehr körnig und schmutzig aus, stattdessen lässt sich auf den digitalen Arri Alexa-Aufnahmen jeder Bartstoppel auf Craigs Gesicht und jedes Staubkorn auf seinen Tom Ford-Anzügen erkennen.

Es ist die gleiche Künstlichkeit, die auch in Mendes' aktuellem Werk 1917, ebenfalls von Deakins gefilmt, zu finden ist. Skyfall wirkt mit seinen perfekt ausgeleuchteten Sets und den brutal großformatigen Bildern wie das Showreel eines Digitalkünstlers, also wie die bewegte Bewerbungsmappe eines After Effects-Spezialisten oder Kamerastudenten - nur nicht wie eine Geschichte über James Bond.

Die Bilder im Film sind auf Perfektionismus getrimmt - was nicht zum Charakter passt

Regisseur Sam Mendes bestätigte diesen unpassenden Look eigentlich nur, in dem er im Nachfolgewerk Spectre mit dem Nolan-Kollaborateur Hoyte Van Hoytema auf einen anderen Chef-Kameramann setzte und wieder auf 35 Millimeter-Film drehen ließ.

Die Leblosigkeit in der Optik von Skyfall verstärkte aber auch der Regisseur, in dem er Schnitte mied wie Bond alkoholfreie Cocktails. Nachdem Ein Quantum Trost zum anstrengenden Schnittmassaker verkam, ermüdet Skyfall durch seine meist zu ausufernden Einstellungen. Dadurch wird der Film mit seinen 143 Minuten auch viel zu lang.

Wenn 007 und M (Judi Dench) schweigsam in die Berglandschaft starren und nichts passiert, ist das weder unterhaltsam noch hat es Substanz. Überhaupt werden in Skyfall mehr Löcher in die Luft gebohrt als durch Kugeln in böse Buben. Das Tempo rauszunehmen, kann in Filmen wie Blade Runner 2049 bravourös gelingen, jedoch braucht ein solches Wagnis auch Raffinesse, bei Sam Mendes geht dieses Konzept nach hinten los.

Behäbiger James Bond-Film: Eine neue Liga der Langeweile

Ich erinnere mich noch gut an die Kinovorstellung im November 2012. Das Sitzfleisch wurde immer mehr gequält, der Hintern im Sitz schrie förmlich nach den Abspann. Im Kopf herrschte dagegen Langeweile, denn der angeblich beste Geheimdienst ihrer Majestät ist vor allem der behäbigste.

In Skyfall wird gerne ins Nichts gestarrt

Nach Adele heißt es es für Craig und Publikum: Geduld haben. Eine gefühlte Ewigkeit vergeht in den unverputzten Büroräumen der neuen MI6-Einrichtung. Da muss tatsächlich mehr als eine Stunde vergehen, bis endlich die Karten offen liegen, der wirklich merkwürdige, von Javier Bardem verkörperte Bösewicht, sich zu erkennen gibt und klar wird, worum es überhaupt geht. Das Bond-erprobte Drehbuch-Trio um Neal Purvis, Robert Wade und John Logan wusste offenbar nicht, was es bis dahin erzählen soll.

Achtung, Spoiler zu James Bond - Skyfall (!): Der unnötig in die Länge gezogene Plot entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als erschreckend flacher Konflikt. Der frühere MI6-Agent Silva will Rache an seiner Ex-Chefin M und startet deshalb immer wieder Cyber-Angriffe. Diese schon in GoldenEye ähnlich verwendete Konstellation wird dann wie Fleisch auf dem Holzbrett ausgeklopft, solange es eben geht.

Skyfall: Die Story ist lang, aber ohne Tiefe

Zwischendurch darf Protagonist James seine dunkle Vergangenheit verarbeiten, was leider nur schematisch bleibt. Das Elternhaus, dem der Film seinen Titel verdankt, dient am Ende nur als Kriegskulisse für den Kampf gegen Silvas Schergen. Eine Vogelnest-Sequenz mit unendlich viel Rumgeballer - das hat eigentlich nichts mit Bond zu tun. Selbst der ikonische Dienstwagen, der Aston Martin DB5 wird hier entsprechend zu Schrott verarbeitet.

Der neue Q: Gewöhnungsbedürftig

Um der Marke gerecht zu werden, wird mit Ben Whishaw auch ein neuer Q eingeführt - erstmals, seitdem Desmond Llewelyn 1999 seinen Abschied gab und John Cleese nur provisorisch für ihn einsprang. Doch Wishaws Interpretation ist schlichtweg nervig und von Charme befreit. Die Szene, in der Q und Bond ein William-Turner-Gemälde besprechen ("Es macht mich immer ein wenig melancholisch [...]"): einfach furchtbar.

Doch Paddington-Star Whishaw steigerte sich in Spectre enorm, ebenso wie Regisseur Mendes, der nun das Wesentliche verstand und eines der besten Bond-Werke überhaupt ablieferte. Bond hatte sein Skyfall-Trauma verarbeitet und ich meines endlich auch.

James Bond 007: Skyfall läuft am heutigen Sonntagabend, dem 29. März 2020, um 20:15 Uhr auf RTL.

Welchen Platz im Bond-Ranking nimmt Skyfall bei euch ein?

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