Kinder, Brillen & die Macht der Gewohnheit

06.09.2011 - 08:50 Uhr
Auch Pirates of the Caribbean 4 hat 2011 so richtig abgeräumt
Walt Disney
Auch Pirates of the Caribbean 4 hat 2011 so richtig abgeräumt
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Ein Großteil des Kinojahres ist vorbei. Zwar warten noch viele Blockbuster auf uns, trotzdem ist es angemessen, eine kleine Bilanz zu ziehen und zu schauen, wer 2011 richtig abgeräumt hat und welche Filme hinter den Erwartungen zurückblieben.

Wie oft haben wir in den letzten Wochen und Monaten darüber gejammert, dass Hollywood nichts Neues mehr einfällt, dass sich Prequel an Sequel und Sequel an Remake reiht und dass alles einfach so gar keinen Spaß mehr macht. Wirklich? Macht es uns ganz ehrlich keinen Spaß, liebgewonnene Charaktere auf der Leinwand wiederzusehen? Ich denke schon!

Vom Wiedererkennungswert
Die ersten sieben Plätze der Top 10 der erfolgreichsten Filme das laufenden Jahres werden von Sequels belegt. Unfassbar, aber wahr. Hollywood ist also nicht einfallslos, sondern einfach nur ziemlich clever. Was einmal funktioniert hat, funktioniert in der Regel auch ein zweites, drittes oder – im Fall von Harry Potter – auch ein 8. Mal. Und offensichtlich funktioniert es beim 8. Mal sogar besser, denn Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 2 hat nicht nur als einziger Film der Reihe die 1 Mrd. Dollar Grenze geknackt, sondern thront auch auf Platz 1 der Erfolgsfilme 2011. Ja, natürlich müssen wir bei dieser Auflistung auch mit einrechnen, dass der letzte Potter in 3D daher kam und wir für diese Kinotickets bekanntlich tiefer in die Tasche greifen müssen. Das allein erklärt aber sicher nicht den gravierenden Abstand zur zweiterfolgreichsten Verfilmung der J.K. Rowling Bestseller, Harry Potter und der Stein der Weisen, die 2001 nur halb so viel einspielte wie der 8. Teil.

Brillen kommen wieder in Mode
Dennoch scheint der dreidimensionale Trend auf die eine oder andere Weise etwas mit dem finanziellen Erfolg der Filme zu tun zu haben, denn acht der zehn erfolgreichsten Filme von 2011 präsentieren sich in dieser neuen Optik. So auch Platz 2 und 3: Transformers 3 und Pirates of the Caribbean – Fremde Gezeiten. Ob die hohen Einspielergebnisse, die in diesen beiden Fällen etwas oberhalb von 1 Mrd. Dollar liegen, nur durch höhere Ticketpreise erzielt wurden, oder die Aussicht auf modische Plastikbrillen einfach mehr Leute ins Kino zieht, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Aber irgendwas ist wirklich dran am 3D-Hype.

Jetzt wird’s bunt
Von den acht Filmen in 3D, die in der Top 10 residieren, sind stolze vier Filme animiert. So auch der viertplatzierte Kung Fu Panda 2, der über 600 Mio. Dollar einspielte. Etwas weiter unten finden sich auf den Plätzen sieben und acht Cars 2 und Rio. Auch Die Schlümpfe haben es mit 353 Mio. Dollar gerade auf Platz 10 geschafft. Dass die Familienfilme damit Blockbuster wie X-Men: Erste Entscheidung, Captain America – The First Avenger und Planet der Affen: Prevolution überholt haben, überrascht nur auf den ersten Blick. Denn zum einen haben sich zwei der genannten Actionfilme für die offensichtlich überholte 2D-Technik entschieden. Viel wichtiger aber ist wahrscheinlich, dass Animationsfilme ein breiteres Publikum ansprechen. Während Actionfilme und gerade Comicverfilmungen selten eine Altersgruppe jenseits der 40 anziehen und eher von einem männlichen als weiblichen Publikum besucht werden, punktet der Animationsfilm schon allein dadurch, dass er meist auf eine Altersfreigabe verzichten kann und mit einem Generationen übergreifenden Humor arbeitet. Die Zugkraft eines familientauglichen Films dürfen wir offenbar nicht unterschätzen.

3D – ein Erfolgsrezept?
Es soll aber auch nicht vergessen werden, dass die Fortsetzungen von „Erwachsenenfilme“ wie Fast & Furious Five und Hangover 2 es ganz ohne 3D auf Platz 5 und 6 geschafft haben. Dass letzterer Film über eine halbe Milliarde Dollar einspielte, ist sicher auf die aktuelle Popularität von r-rated Komödien zurückzuführen. Und dann wäre da noch Thor auf Platz 9: Weder ein Sequel noch eine Animation, aber durch die Comicvorlage ebenfalls ein bekanntes Gesicht und zusätzlich mit der 3D Spritze versehen. Thor ist der einzige Superheld in den Top 10, das will was heißen. Nur an der Bildtiefe kann das aber nicht liegen, denn Captain America – The First Avenger, ebenfalls ein 3D Film, hat es nur auf Platz 12 geschafft. Vermutlich spielt hier aber auch eine Rolle, dass der Marvel-Held von Nichtwissenden als wandelnde USA-Werbung missverstanden wird. 3D ist also doch nur ein Faktor von vielen.

Selbsterkenntnis ist der beste Weg zur Besserung
Was lernen wir aus all dem? Es hilft nichts, sich über Fortsetzungen aufzuregen, wenn wir doch alle nicht umhin können uns auch zum hundertsten Mal anzugucken, wie Captain Sparrow übers Meer schippert oder Vin Diesel mit heißen Schlitten und halbnackten Frauen durch den Berufsverkehr brettert. Vielleicht sollten wir einfach dazu stehen, dass wir technikgeile Gewohnheitstiere sind, die sich zwar an neuen 3D-Spielereien erfreuen wollen, gleichzeitig im Kino aber lieber das vorfinden, was sie schon kennen. Und dann wäre da noch das Kind in uns, das – obwohl von uns oft verleugnet – abends am Ticketschalter mitentscheidet. Denn die 637 Mio. Dollar, die Kung Fu Panda 2 eingespielt hat, wurden sicher nicht nur aus Sparschweinen bezahlt.

Hinterher ist man immer schlauer
Die größte Enttäuschung des Jahres ist wohl Cowboys & Aliens, der es nicht mal unter die ersten 20 geschafft hat. Besonders bitter ist das deshalb, da der weniger prominent besetzte, aber thematisch verwandte Film World Invasion: Battle Los Angeles sich immerhin auf Platz 20 etablieren konnte. Warum Daniel Craig und Harrison Ford ihre Konkurrenten Aaron Eckhart und Michelle Rodriguez nicht einholen konnten, will mir persönlich nicht in den Kopf. Vielleicht hat es etwas mit der Zukunftstauglichkeit des Westerns zu tun oder doch mit dem wilden Genre Mashup? Vielleicht wäre Cowboys & Aliens noch zu retten gewesen, wenn er von Pixar und als 3D-Variante produziert worden wäre…

Für einen besseren Überblick hier eine Liste der 20 bislang erfolgreichsten Filme 2011:

01 – 1,298 Milliarden Dollar – Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 2
02 – 1,106 Milliarden Dollar – Transformers 3
03 – 1,025 Milliarden Dollar – Pirates of the Caribbean – Fremde Gezeiten
04 – 637,6 Millionen Dollar – Kung Fu Panda 2
05 – 605,4 Millionen Dollar – Fast & Furious Five
06 – 564,7 Millionen Dollar – Hangover 2
07 – 521,9 Millionen Dollar – Cars 2
08 – 486,1 Millionen Dollar – Rio
09 – 446,1 Millionen Dollar – Thor
10 – 382,4 Millionen Dollar – Die Schlümpfe
11 – 352,6 Millionen Dollar – X-Men: Erste Entscheidung
12 – 325,8 Millionen Dollar – Captain America – The First Avenger
13 – 308,1 Millionen Dollar – Planet der Affen: Prevolution
14 – 277,3 Millionen Dollar – Brautalarm
15 – 244,1 Millionen Dollar – Super 8
16 – 240,7 Millionen Dollar – Rango
17 – 227,2 Millionen Dollar – The Green Hornet
18 – 214,7 Millionen Dollar – Meine erfundene Frau
19 – 206,1 Millionen Dollar – Green Lantern
20 – 201,7 Millionen Dollar – World Invasion: Battle Los Angeles

Was glaubt ihr: Wie kommen diese Einspielergebnisse zustande? Bemerkt ihr auch an euch selbst, dass ihr eher für Fortsetzungen und 3D-Filme ins Kino geht?

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