James McAvoy - Die Einzigartigkeit des Exzesses

27.01.2017 - 09:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
James McAvoy in SplitUniversal Pictures
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Kurz vom Kinostart von M. Night Shyamalans Split werfen wir einen Blick auf dessen Hauptdarsteller James McAvoy und seinem ganz eigenen, impulsiven Stil.

Vorsicht, es folgen Spoiler zu Drecksau, Abbitte und Trance!
Dieser Typ ist nicht nur eine Drecksau, sondern freundete sich als Der letzte König von Schottland - In den Fängen der Macht mit einem brutalen Despoten an und bewies in den Reihen der X-Men als junger Professor X gleich mehrfach seine telepathischen Ausnahmefähigkeiten. James McAvoy erspielte sich in den vergangenen Jahren den Ruf eines vielschichtigen, impulsiven Darstellers, hin- und herpendelnd zwischen pompöser Großproduktion und intimen Arthousefilmen.

In M. Night Shyamalans psychologischem Horror-Thriller Split, der am 26.01.2017 in den deutschen Kinos startet, mimt der Schotte den gleich mit 23 Persönlichkeiten bewohnten Entführer Kevin, der drei junge Mädchen in seine Gewalt bringt. Eine dramaturgische Steilvorlage für James McAvoy, der sich nicht selten an den Polen sich gegenüberstehenden Extremen aufhält. Wir blicken zum Start des Films auf das Schaffen des Schauspielers.

Die Attraktivität des Exzesses
Die "Sexuelle Energie" sei es und "ebenso eine bestimmte Form männlicher Eingebildetheit", die sie anmache, gestand eine Freundin des Journalisten John Preston ihm in Vorbereitung auf ein Interview für The Telegraph  nach eigener Aussage auf die Frage, worin die Qualitäten James McAvoys bestünden. Energiegeladen? Männliche Eingebildetheit? Unweigerlich schießt mir angesichts dieser Beschreibungen der stets betrunkene, korrupte und überhaupt moralisch überaus freizügige Polizist Bruce aus Jon S. Bairds schwarzem, tragikomischem Regiedebüt Drecksau in den Sinn. McAvoy durchlebt in der Titelrolle des Films aus dem Jahre 2013 auf der Jagd nach der ersehnten Beförderung zum Polizeiinspektor eine siffige Tour de Force, die immer wieder mit der entfesselten Darbietung Nicolas Cages in Werner Herzogs Remake von Bad Lieutenant verglichen wurde.

Drecksau

Nicht nur mit sexuellem Eskapismus und intriganter Überheblichkeit füllt James McAvoy seine Darstellung mit der herbeizitierten Energie. Vielmehr bewegt er sich mit exzessiver Verve zwischen den Extremen eines raum- und zeitlosen Rausches und der Realisierung seiner "schmutzigen", gebrochenen Existenz. Der Originaltitel des Films lautet nicht grundlos Filth, also Schmutz, Dreck. Wie sich herausstellt, leidet Bruce nämlich an einer bipolaren wie multiplen Persönlichkeitsstörung, womöglich als Folge der versehentlichen Tötung seines Bruders und der Verlust seiner Frau, die ihn einst verlassen hat und ihr zugleich den Umgang mit der gemeinsamen Tochter verwehrt. Regisseur Baird, der auch das Drehbuch schrieb, lässt seinen Titelcharakter als Frau verkleidet auflaufen, um seiner eigenen nahe zu sein, wie die Geschichte sehr viel später offenbart. Sein Hauptdarsteller verkörpert hier die bis dato überhöhteste, nicht aber überzeichnete Form einer unruhig zitternden Geistesverfassung, die jeden Moment von ein ins andere Extrem umzuschlagen droht.

James McAvoy, das rastlose Pulverfass
In den selbstreflektiven Momenten, fernab knalliger Musik und farbkräftiger Kamerabewegungen, beweist der in Glasgow geborene Akteur die andere, von tiefer Tragik geprägte Seite seiner Figur und es bleiben die von Tränen erfüllten, leuchtend blauen Augen ihres Darstellers zurück. Diese zunächst dramaturgische Ambivalenz stellt natürlich an und für sich noch kein Alleinstellungsmerkmal für den Film oder seinen Schauspieler dar. James McAvoy verleiht ihr jedoch auf seine ganz eigene Weise einen uniquen Ausdruck, indem er selbigen fast schon überdeutlich zur Schau stellt, ohne zur Karikatur des Gefühls zu verkommen. Er ist nicht der stille Leidende, sondern das rastlose Pulverfass, dessen Lunte nervös hinunterbrennt und damit enorme Energie freizusetzen vermag. Stets in Bewegung, bis es schließlich zur Explosion kommt, die meist in einem tragischen Klimax ihr wuchtiges Feuer entfacht.

Trance

Diesen Esprit wussten sich in der Vergangenheit so auch zahlreiche weitere namhafte Filmemacher zunutze zu machen, wie etwa Matthew Vaughn, der ihn gleich in zwei Filmen der Prequel-Trilogie von X-Men als jungen Professor X mit jugendlichem Schwung inszenierte und so den Kontrast zu seiner von Patrick Stewart verkörperten, am Rollstuhl gefesselten älteren und bedachteren Version darstellte. Joe Wright riss seinen von Liebe angetriebenen Helden 2007 im Drama Abbitte aus den Armen Keira Knightleys, denen vor dem Hintergrund eines aus Eifersucht eines kleinen Mädchens resultierten Vergewaltigungsvorwurfs gegenüber Robbie (McAvoy) und den Wirren des Zweiten Weltkriegs nie die Liebe vergönnt war, die sie füreinander empfanden. Und Danny Boyle versetze seinem britischen Landsmann 2013 als Teil einer Diebesbande in Trance - Gefährliche Erinnerung und machte ihn unter Hypnose zum Spielball seiner einstigen Freundin, die sich wegen seiner unberechenbaren, gewalttätigen Instabilität an ihm rächen und ihr Stück vom Diebesgut abbekommen wollte.

Es ist das Boyle'sche Spiel mit dem verschachtelten Unbewussten, an das sich nun also auch M. Night Shyamalan mit Split heranwagt. Ab diesem Donnerstag werden wir Zeuge, ob auch der indisch-amerikanische Filmemacher sich James McAvoys eigene, ruhelose Schauspielkunst für seine Darstellung eines mehrfach Gespaltenen zunutze machen konnte.

Was haltet ihr von James McAvoys Darstellungen?

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