Ich, GoodFellas & der Rockstar unter den Mafiafilmen

10.02.2015 - 09:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Good Fellas – Drei Jahrzehnte in der MafiaWarner Home Video
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GoodFellas - Drei Jahrzehnte in der Mafia von Meisterregisseur Martin Scorsese gehört zu den beliebtesten Gangsterfilmen aller Zeiten. Heute wage ich einen Erklärungsversuch, weshalb das so ist und warum auch ich diesem Meisterwerk mein Herz schenke.

Vor knapp 25 Jahren schuf Regielegende Martin Scorsese die sechste Zusammenarbeit mit seinem damaligen Stammschauspieler Robert De Niro. Das mit sechs Oscarnominierungen geehrte Mafia-Drama GoodFellas - Drei Jahrzehnte in der Mafia bestach schon im Jahr 1990 mit einer energiegeladenen Inszenierung, die wir insbesondere zuletzt bei Scorseses The Wolf of Wall Street beobachten und lieben konnten und setzt sich stilistisch noch einmal deutlich von anderen Meisterwerken des Genres wie Der Pate und Es war einmal in Amerika ab. Einen Vergleich zwischen Scorseses, Francis Ford Coppolas und Sergio Leones Werken zu ziehen, ist gar nicht nötig, da sich alle drei Filme voneinander unterscheiden und ganz eigene Identitäten besitzen, doch wenn Der Pate und Es war einmal in Amerika die Opernsänger unter den Gangsterstreifen sind, so ist GoodFellas der dreckige, laute und rüpelhafte Rockstar.

Solange ich denken kann, wollte ich immer Gangster werden.

GoodFellas basiert auf wahren Begebenheiten und dem Buch Wise Guy von Nicholas Pileggi und erzählt die Geschichte von Henry Hill (Ray Liotta), der schon im zarten Kindesalter schnell für sich beschließt, dass er ein Gangster werden möchte. Gedacht, getan: Der Junge italienisch-irischer Abstammung begibt sich unter die Fittiche der Lucchese-Familie unter Paul „Paulie“ Cicero (Paul Sorvino), für die er Botengänge erledigen, Cadillacs einparken und Hehlerware an der Straßenecke verkaufen darf. Jahre später ist Henry ein angesehener Mobster, der, zusammen mit seinem Mentor Jimmy Conway (Robert De Niro) und seinem Freund Tommy DeVito (Joe Pesci), regelmäßige Diebstähle unternimmt und Schutzgelderpressungen ausübt. Die Männer führen ein Leben im Luxus - durchzechen eine Nacht nach der anderen, werden überall mit Respekt behandelt und können sich nahezu alles leisten. Doch als die Bande für einige Jahre ins Gefängnis muss und Henry anfängt, das lukrative Drogengeschäft für sich zu entdecken, beginnt die perfekte Welt der Gesetzlosen so langsam zu bröckeln...

Warum ich GoodFellas mein Herz schenke
GoodFellas wird für immer einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen einnehmen, weil das Gangsterepos zu einer bestimmten Riege an Filmen gehört, die mich vor einigen Jahren zum Filmfan werden ließen. Um einmal eine Drogenanalogie zu bemühen, könnte ich sagen, dass GoodFellas die perfekte Einstiegsdroge für mich als jungen, unerfahrenen, aber wissbegierigen Filmfreund war. Eine Droge, die mich (und einige meiner Freunde) auf den Geschmack der kulinarischen Köstlichkeiten des Meisters Martin Scorsese brachte, der für mich bis heute ungeschlagen in seiner Art energiegeladener, stilvoller Inszenierung ist. Wenn Henry vollkommen zugekokst im Auto durch die Gegend fährt und dabei immer wieder gehetzte Blicke in den Himmel wirft, um Ausschau nach einem Helikopter zu halten, der ihn offenbar verfolgt, macht Scorsese die Paranoia seines Protagonisten mit eindringlicher Musik und intensiver Kameraarbeit spürbar. Und wenn Henry mit seiner Freundin Karen den Seiteneingang zur Copacabana benutzt, statt sich anzustellen wie jeder andere, und die Kamera das Paar in einem ausschweifenden Steadycam-Shot durch die Küche des Etablissements verfolgt, dann ist das pure, auf Film gebannte Magie.

Warum auch andere GoodFellas lieben werden
Was GoodFellas zu so einem perfekten Film macht, ist auch sein enormer Spaßfaktor. Scorsese geht inszenatorisch in die Vollen, entführt uns mit kunstvoller Kameraführung, kraftvoller musikalischer Untermalung und der hypnotischen Erzählstimme Ray Liottas in die Welt der Mafia und glorifiziert diese bis zu einem Punkt, an dem auch der netteste, besonnenste Mensch im Raum sagt: "Wow, so ein Gangsterleben muss toll sein". Ähnlich wie schon Der Pate schafft GoodFellas seinen ganz eigenen Kosmos, in dem wir Zuschauer zu gewissen Teilen die Leiden der Unschuldigen durch die Mafia ausblenden und uns in einer Familie voller charismatischer Pfundskerle wohlfühlen, die scheinbar nicht viel mehr tun, als Nacht für Nacht gemütlich in Restaurants zu sitzen, gemeinsam zu essen und zu trinken und sich amüsante Anekdoten zu erzählen.

Warum GoodFellas die Jahrzehnte überdauern wird
Diese Glorifizierung von schlechten Menschen, Verbrechern, die durch Erpressung, Diebstahl und Gewalt ihren Luxus finanzieren, wurde Scorsese in der Vergangenheit mehr als einmal vorgeworfen und aufs Schärfste kritisiert. Ist es wirklich richtig, ein Milieu moralischer Perversion so zu inszenieren, dass der Zuschauer Gefallen an den porträtierten Leben der Protagonisten mit all ihren Vorzügen findet? Meine Antwort lautet: Ja, das ist es, es ist sogar nötig. Scorsese lässt uns lustvoll an den etlichen Vorzügen des Gangsterlebens teilhaben - Geld, schicke Kleidung, gutes Essen, Gefälligkeiten, Anerkennung - die meisten tragen insgeheim den Wunsch nach diesen Dingen in sich und GoodFellas befriedigt diesen Wunsch - allerdings nur eine gewisse Zeit lang.

Denn schnell zeichnen sich die unschönen Aspekte dieses aufregenden Lebens ab: Sucht, Eifersucht, Paranoia, Misstrauen, Mord... Der Preis, den die Protagonisten von GoodFellas bezahlen, ist hoch - und wir Zuschauer spüren das umso deutlicher, eben weil uns Scorsese zuvor an den vermeintlichen Köstlichkeiten des Gangsterlebens hat teilhaben lassen. Wir erleben beides, den glamourösen Aufstieg mit all seinen schönen und unschönen Seiten als auch den rapiden Verfall dieser Ganovengesellschaft. Aus Spaß, Witz und Genuss wird Angst, Verlust und Verrat und wenn der Film vorbei ist, stellen wir uns die Frage: Luxus schön und gut, aber wäre es das wirklich wert?

Was haltet ihr von GoodFellas?

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