Gegen The Walking Dead-Müdigkeit: The Dead Don't Die ist der ideale Anti-Zombieflm

14.06.2019 - 16:00 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
The Dead Don't DieUniversal
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Mit The Dead Don't Die hat Jim Jarmusch seinen ersten Zombiefilm gedreht. Das starbesetzte Werk bedient Konventionen des Genres genauso stur wie sie gebrochen werden. Eine spaßige Frechheit.

Als Ikone des Independent-Films wird Jim Jarmusch von Fans vor allem für seine lakonische Eigenwilligkeit geschätzt. Seit Jahrzehnten dreht der Regisseur Filme, in denen markante Figuren, lose Situationen und nachhallende Momente über dramaturgisch stringenten Handlungen stehen. In einem seiner berüchtigsten Zitate spricht Jarmusch davon, dass er lieber einen Film über einen Mann drehen würde, der seinen Hund ausführt, als über den Kaiser von China.

Im Laufe seiner Karriere hat der Regisseur aber auch gezielt Genres ausgelotet. Neben dem (Anti-)Western Dead Man, der Samurai-Großstadt-Ode Ghost Dog und dem Vampirfilm Only Lovers Left Alive hat Jarmusch jetzt auch Zombies für sich entdeckt. In seinem neuesten Film The Dead Don't Die steigen die Untoten aus ihren Gräbern, um eine verschlafene Kleinstadt zu terrorisieren. Was Jarmusch zusammen mit einem ganzen Haufen an Stars realisiert hat, zerlegt den Zombiefilm jedoch ironisch und mit offen ausgestellter Abneigung in seine Einzelteile.

Die wichtigsten Beobachtungen zu The Dead Don't Die

  • The Dead Don't Die ist voller Stars, verzichtet aber auf gezielte Star-Power.
  • Jim Jarmusch hat alle Zombiefilme gesehen, mag sie aber nicht wirklich.
  • Mit trockenen Witzen, Meta-Referenzen und Running Gags verzichtet The Dead Don't Die auf jegliche Dramatik.
The Dead Don't Die

Alleine der Blick auf den Cast von The Dead Don't Die dürfte bei vielen Filmfans für weit aufgerissene Augen sorgen. Bill Murray, Adam Driver, Chloë Sevigny, Tilda Swinton, Steve Buscemi, Tom Waits, Selena Gomez, Danny Glover und RZA stehen für Jim Jarmusch vor der Kamera und damit ist nicht mal das ganze Ensemble abgedeckt.

Eine solche beeindruckende Liste an Schauspielern zusammenzustellen ist eine Sache. Wie der Regisseur mit ihnen umgeht, jedoch nochmal eine ganz andere. Als Polizisten-Duo sind Bill Murray und Adam Driver das Comedy-Gold, das man sich von beiden Schauspielern in gemeinsamen Szenen erhoffen durfte.

Andere Stars nutzt Jarmusch dagegen teilweise nur für kurze Auftritte. Steve Buscemi als rassistischer Farmer mit roter „Keep America white again“-Mütze oder Wu-Tang-Clan-Mitglied RZA als Fahrer des Lieferdienstes WuPS sind kaum mehr als launige Randnotizen, die in wenigen Szenen auftauchen.

The Dead Don't Die ist ein Zombiefilm, der keiner sein will

The Dead Don't Die

Bereits der vergnüglich-verschwenderische Umgang mit seinem Cast macht deutlich, dass Jim Jarmusch in The Dead Don't Die wie gewohnt nach seinen eigenen Regeln spielt. Der Film, in dem Uhren plötzlich aufhören zu ticken, Handys nicht mehr funktionieren, Tages- und Nachtzeit durcheinandergeraten und schließlich Tote als Zombies wiederauferstehen, ist nach den bekannten Konventionen des Genres gestrickt.

Im Interview mit dem Kurier  spricht der Regisseur darüber, dass er als Filmfan zwar alle Genres schauen würde, Zombiefilme unter den Horrorfilmen aber am allerwenigsten mag. Diese offene Abneigung macht sich in The Dead Don't Die oftmals deutlich bemerkbar.

Während Jarmusch seinen Vampirfilm Only Lovers Left Alive hypnotisch, geheimnisvoll und elegant angelegt hat, steckt sein Zombiefilm ganz bewusst zwischen lässig-desinteressiertem Genre-Imitat und selbstironischer Parodie fest. Beim Schauen von The Dead Don't Die wird klar, dass Jim Jarmusch die Art von Regisseur ist, der eine Folge der Erfolgsserie The Walking Dead schon nach wenigen Minuten gelangweilt ausschalten würde.

In The Dead Don't Die bedient und zerstört Jim Jarmusch die Struktur des Zombiefilms

The Dead Don't Die

Dabei wirkt The Dead Don't Die lange Zeit selbst wie ein Zombiefilm, der typische Konventionen des Genres bedient und ihnen gleichzeitig aus dem Weg geht. Auch wenn der erste Trailer zum Film noch auf eine Art verfrühten Zombieland 2 schließen ließ, ist der fertige Film weitaus entschleunigter und noch viel weniger um Spannung oder Horror bemüht.

In der ersten Hälfte widmet sich Jim Jarmusch vor allem dem gemütlichen Treiben in der fiktiven Kleinstadt Centerville, die an das verschlafene Nest Twin Peaks erinnert, sowie den vielen Figuren, die der Regisseur bevorzugt in trockenen Witze, Meta-Referenzen und Running Gags verstrickt.

The Dead Don't Die

Wenn Adam Drivers Figur zum wiederholten Male den klischeehaften Satz äußert, dass alles ein schlechtes Ende nehmen wird, während Tilda Swinton als schottische Bestatterin Zelda Winston einen Zombie nach dem anderen mit ihrem Samurai-Schwert köpft, kommt The Dead Don't Die immer wieder einem absichtlich schlecht erzählten Witz gleich.

Zusammen mit der offensichtlich-plakativen Ökobotschaft und Gesellschaftskritik hat Jarmuschs Film damit großes Potenzial, viele Zuschauer ordentlich vor den Kopf zu stoßen oder zu verärgern. Genauso gut kann man sich aber auch einfach an diesem Troll-Versuch eines Zombiefilms erfreuen, der sich wie ein entspannter Country-Song durch das Gerippe des ohnehin schon abgenagten Genre-Körpers fräst und zumindest im Finale nochmal kurz zum rohen Grunge-Song wird.

Was ist euer Eindruck von The Dead Don't Die?

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