Fear the Walking Dead - Wir schauen Staffel 3, Folge 3

13.06.2017 - 08:50 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Pulsieren vor Spannung: AMCs Pressestills
AMC
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Nach dem in hauptsächlich negativer Hinsicht spektakulären Auftakt fährt Fear The Walking Dead in der dritten Folgen der neuen Staffel erwartungsgemäß einen Gang zurück und erzählt in zwei Handlungssträngen die gleiche Geschichte.

Ich muss gestehen: Kurz kam Hoffnung auf. Die neue Folge der 3, Staffel von Fear the Walking Dead startet überraschenderweise mit einem Cold Open, das durchaus auch qualitativ überzeugt. Fernab von Zombies und Jahre vor der Apokalypse bereitet sich der Familienvater Otto auf die Apokalypse vor. Er ist ein sogenannter Prepper (Aus dem Englischen "to prepare"). Das sind Menschen, die von einer kommenden Katastrophe überzeugt sind und sich bereitsn in der Gegenwart bestmöglich darauf vorbereiten wollen. Das schließt Waffen, Munition, aber auch einen ordentlichen Bunker sowie reichlich Essen ein. Familienvater Otto geht aber noch einen Schritt weiter. Er hat eine VHS-Reihe mit dem bedeutungsschwangeren Titel TEOTWAWKI – The end of the world as we know it – produziert und möchte auch andere Menschen trainieren, hart und kompetent in der Apokalypse durchgreifen zu können, während der Rest der Menschheit untergeht.

Die Psyche dieser Prepper, die sie zu diesen teuren und zeitintensiven Schritten verdammt, ist interessant und Fear The Walking Dead weiß dies auch in dieser Folge clever aufzugreifen. Das Setting der Apokalypse ist höchst fruchtbar für gescheiterte Existenzen und Charaktere mit Fluchtambitionen. In der Postapokalypse werden die Karten neu gemischt. Wer sich zuvor auf das Ende vorbereitet hat, steht auf einmal besser gestellt dar. Sich daher die Endzeit herbei zu wünschen, hat viel mit Frust, Angst und dem Gefühl zu tun, von der modernen Welt überfordert zu sein. Es ist daher kein Wunder, dass Zombieserien bzw. das gesamte Zombiegenre in unseren spätkapitalistischen Zeiten so boomt.

Fear the Walking Dead

Und somit wäre zumindest der Start geglückt. Er ist seltsam, man ist verwundert und schaut nach, ob man sich nicht verklickt hat. Bilder des Untergangs, eine mögliche Rettung und später dann die pragmatische Umsetzung sowie der Grund des Ganzen. TEOTWAWKI ist bei Weitem nicht die schlechteste Episode der Serie. Trotz den offensichtlich konstruierten Figurenkonstellationen und ihrem durchschaubaren Ausgang kann man nicht umhin einzugestehen, dass Figuren wie Troy oder Jake Potential haben. Ihr unverarbeiteter Familienkonflikt um den Alkoholmissbrauch der Mutter ist so klischeehaft wie authentisch und erklärt die zerklüftete Familienbeziehung sehr gut. Auch unsere alten Figuren konnten in dieser Folge in ihrer vorsichtigen Haltung gegenüber ihrer neuen Heimat durchaus charmant wirken. Gerade Madisons (Kim Dickens) Eingeständnis, dass sie schwer zu mögen ist, lockert die sonst grüblerische Figur enorm auf.

Ein Highlight dieser Episode von Fear the Walking Dead waren wie so oft die Teenager der Serie. Nachdem Nick (Frank Dillane) in der letzten Staffel erwachsen und auch Alicia (Alycia Debnam-Carey) deutlich härter wurde, ist es schön zu erkennen, dass man nicht davor zurückschreckt, Teenager auch noch mal Teenager sein zu lassen. Die Bibelgeschichte schrie nach einem aufgezwungenen Psychoding, das eine fanatische, eventuell sogar extrem religiöse, Gedankenwelt der Einwohner vermuten ließ, doch dann kommt ein angenehmer Twist mit passender Umsetzung. Die Kids nehmen Drogen und schauen sich im Rausch einen Zombiekopf namens Jeff an, der in einem Vogelkäfig gefangen ist. Das untermalt gut die grundlegende Stimmung dieser ängstlichen Teenies, die sich aufgrund ihrer bisherigen Sicherheit der harten Realität dort draußen nicht stellen mussten und mit Jeff Schabernack treiben können, um sich cooler zu fühlen.

Leider, leider wird diese Folge jedoch wieder durch eine öde Nebenhandlung heruntergezogen. Victor (Colman Domingo) hat sich in der letzten Folge via Auto vom Acker gemacht und trifft nun auf einen alten Bekannten, von dem er sich ein wenig Hilfe verspricht. Dort angekommen überschätzt er wie so oft sein Glück und wird von den Schergen des Drogenbosses aufgegriffen. Ganz werden die Karten also auch in der Apokalypse nicht neu gemischt. Altlasten können einen immer noch einholen, wie der glatzköpfige Freund beweist. Man kann sich also auf zweierlei Art und Weise auf die Apokalypse vorbereiten, wirklich verändern wird man sich aber nicht. Die Vorstellung, dass man sich plötzlich neu erfinden kann, bleibt ein Wunschdenken.

Fear the Walking Dead

Die Bilder von gefesselten Menschen, die von Schergen tief hinuntergeworfen werden, erinnern an die Exekutionen von Homosexuellen durch die Terroristen des Islamischen Staates. Dass die Figuren, unten angekommen, lebend auf Zombies landen und fortan lebendig gefressen werden, macht die Sache nicht besser. Diese Allegorie, gewollt oder ungewollt, verschlechtert sich dazu noch, wenn man überlegt, dass diese Szene wie so oft nur aus zwei Gründen eingestreut wird: Um auch wirklich dem letzten Deppen beizubringen, dass mit Victors Freund nicht zu scherzen ist und er sich geirrt hat. Und zweitens ist es die Erinnerung, dass aus Sicht des Senders oder der Autoren keine Folge von Fear the Walking Dead ohne einen brutalstmöglichen Zombietod auskommen kann. Wenn diese ausbeuterische Vorgehensweise mal wenigstens für eine Woche eine Pause machen könnte, wäre ich sehr erleichtert.

Der Schrecken nimmt jedoch kein Ende. Daniel Salazar (Rubén Blades) lebt – natürlich – und trifft Victor vor seinem Gefängnis an. Die Wendung des Schicksals ist nicht ganz so ärgerlich wie bei Glenns spektakulären Mülltonnentrick in der Mutterserie, aber Fear The Walking Dead scheint schlicht darauf zu bauen, dass der Zuschauer Daniel bereits vergessen hat – nicht, dass seine Rückkehr irgendwie gut inszeniert oder überraschend ist. Apropos Rückkehr: Von Ofelia fehlt bisher noch jede Spur, doch die Person, die sie in der letzten Staffel fand, könnte Aufklärung schaffen. Die Verbindung führt uns auch zum Ende der Folge: Madison erklärt sich bereit, einen Außenposten aufzusuchen, der scheinbar überrannt wurde. Mich beschleicht das Gefühl, dass man die Figuren wieder zusammenführen will…


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